Vor 60 Jahren: Grundsteinlegung für das Haus der Begegnung

Knapp 56 Jahre liegen zwischen diesen beiden Bildern: Bei Fackelschein weiht Generalabt Hubertus Noots (links) den Grundstein, während Prälat Dr. Adolf Kindermann daneben eine Urkunde bereithält, um sie in den Grundstein einmauern zu lassen. Diese kam im Rahmen der Sanierungsarbeiten am 19. Juni 2010 wieder ans Tageslicht. Fotos: Colloseus

Königstein (mc) – Niemand konnte am 26. August 1954 ahnen, welche weitreichende Bedeutung die Verlegung des Grundsteins des Hauses der Begegnung wenige Jahre nach dem Krieg für die katholische Vertriebenenseelsorge und das von Pater Werenfried gegründete Hilfswerk der „Ostpriesterhilfe“ und einst auch für die Stadt Königstein haben würde. Keinem der geistigen Väter konnte zu diesem Zeitpunkt bewusst sein, dass die Begegnungsstätte einst einen dauerhaften Platz in den Geschichtsbüchern finden und zudem zum Architekturdenkmal des Baustils jener Tage werde sollte.

Es war später Donnerstagabend, als der Grundstein im Rahmen einer schlichten, würdigen Feier auf dem Gelände des Albertus-Magnus-Kollegs am Dingweg, der heutigen Bischof-Kaller-Straße, geweiht wurde. Zur Grundsteinlegung hatten sich 300 Teilnehmer aus 21 west- und osteuropäischen Nationen am 4. Kongress „Kirche in Not“ eingefunden. Anwesend waren zudem das Personal des Albertus-Magnus-Kollegs, einige freiwillig Bauhilfe leistende belgische Baugesellen, Bauhandwerker und Bauleitung sowie der Frankfurter Architekt und Baumeister Hans Busch, der das Objekt konzipiert hatte.

Nach einem Bericht der Taunus Zeitung gab Prälat Dr. Adolf Kindermann, Leiter des Albertus-Magnus-Kollegs, in seiner Ansprache seiner Freude darüber Ausdruck, dass der Grundstein für das Haus der Begegnung seine Weihe im Beisein von Vertretern so vieler Völker erhalte. Er schilderte die Zeit seit jenen Tagen, als vom Heimatboden vertriebene Menschen des Ostens in Königstein eine neue Bleibe fanden und den deutschen Schwestern und Brüdern im Westen des Vaterlandes begegneten. 1948 habe die Verbindung mit dem Ausland über Pater Werenfried van Straaten hergestellt werden können. Inzwischen sei die große Organisation der Ostpriesterhilfe zu einem europäischen Begriff geworden, von der so manche Hilfe empfangen wurde. Ausdruck echter Begegnung sei auch die Anwesenheit ausländischer Baugesellen, die ihre Ferien opferten, um freiwillig und unentgeltlich bei der Erstellung des Bauwerks mitzuwirken. Das Haus der Begegnung, das aus Opferpfennigen der armen Witwe, durch eigene Arbeit und aus Spenden von Wohltätern aus dem In- und Ausland erwachse, bezeichnete Dr. Kindermann nach den Worten des Chronisten als „Ausdruck christlicher Einheit und Liebe“. Es werde einmal den Raum bieten für noch größere Begegnungen.

Nachdem der Generalabt der Prämonstratenser, Hubertus Noots aus Rom, die kirchliche Weihe des Grundsteins vollzogen hatte, fügte Prälat Dr. Kindermann eine Kupferröhre mit Urkunde und Geldmünzen in den Grundstein ein. Beide führten nun die ersten Hammerschläge aus, ehe ein Maurer „in zünftiger Wichs“ das Werk fortsetzte. Die von Generalabt Noots und Prälat Dr. Kindermann unterschriebene, in Latein abgefasste Urkunde enthielt folgenden hier ins Deutsche übertragenen Text: „Im Marianischen Jahr 1954, angesichts der immer mehr wachsenden Verfolgung der Kirche durch ein atheistisches Regime, haben Völker, die in brüderlicher Liebe sich fanden, auf dem Grunde, der Christus ist, dieses Haus zum Zeichen der Einheit in Liebe errichtet. Königstein am 26. August 1954.“

Der erwähnte Presseartikel schilderte beeindruckend die Atmosphäre jenes denkwürdigen Abends: „Die nächtliche Feier war umrahmt von gemeinsamen Liedern der Festgemeinde und der Baugesellen, die mit ihren Fackeln die Stätte des Geschehens mit Licht erfüllten, dem Symbol der Freude allen Lebens und Beginns, in diesem Fall für ein Haus, in dem sich die Völker Europas begegnen und die Grundlagen für eine friedlichere und lichtere Zukunft schaffen wollen.“ Der Fall der Berliner Mauer am 9. November 1989 als Folge der friedlichen Revolution mutiger Bürger der DDR und die damit verbundene politische Wende und der Zusammenbruch des Ostblocks brachten Europa der Vision der Erbauer des Hauses der Begegnung ein großes Stück näher.

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