Bürgermeinung zum Kurbad – sinnvolle Fragestellungen?

Königstein – In der vergangenen Woche wurde in der Stadtverordnetenversammlung ein Antrag der ALK diskutiert, der Magistrat solle eine Befragung der Bürgerinnen und Bürger zur Sanierung des Kurbades vorbereiten. Ebenfalls in der vergangenen Woche hat die SPD ein Bürgerbegehren gestartet, um einen Bürgerentscheid zur Sanierung des Bades herbeizuführen.

Die Meinung der Bürger einzuholen, kann man nur begrüßen. Auch die FDP hat ja vor einem Monat bereits in der Königsteiner Woche den Bürgern die Frage vorgelegt, wie sie denn die Wichtigkeit der verschiedenen Einrichtungen und Leistungen der Stadt Königstein für deren Attraktivität einschätzten und hatte dabei auch das Für und Wider für das Kurbad abgeklopft.

In den Kommentaren auf den Fragebögen hat die FDP viel Dank und Anerkennung für diese Initiative erfahren. Dennoch haben die anderen Fraktionen den Antrag der ALK abgelehnt. Mit Recht, meint die FDP, denn die ALK wollte die Befragung zeitgleich mit der Kommunalwahl im März nächsten Jahres durchführen. Dies wäre zwar aus Effizienzgründen und wegen der Wahrscheinlichkeit einer größeren Beteiligung eine gute Idee gewesen. Kalkuliert man aber noch die Zeit ein, bis die neue Stadtverordnetenversammlung sich konstituiert hat und arbeitsfähig ist, so wären alle Entscheidungen und Maßnahmen zum Kurbad mindestens ein Jahr lang blockiert, denn wer würde sich dem Vorwurf stellen, schon vor dem Votum der Bürger Fakten schaffen zu wollen.

Viel schwerer als diese Zeitfrage wiegen jedoch folgende Überlegungen der FDP: Nicht zuletzt aus der FDP-Umfrage war die Erkenntnis zu gewinnen, dass die Alternative der Schließung des Kurbades gegenüber einer vollständigen Sanierung in einer einzigen großen Baumaßnahme mit einem Investitionsaufwand von zirka neun Millionen Euro oder mehr die Bürgermeinung nur polarisiert. Aber die reale Welt ist nicht schwarz oder weiß. Der voraussichtliche Investitionsaufwand einer Totalsanierung von neun Millionen Euro (ohne Preissteigerungs- und Baurisiken) überfordert wohl die Stadt, auch in Anbetracht der Auflagen der Kommunalaufsicht. Allerdings würde auch eine Schließung einen Aufwand in Millionenhöhe nach sich ziehen. Und was machen wir dann mit dem denkmalgeschützten Gebäude? Mit ebenfalls Millionenaufwand für eine andere Nutzung umrüsten oder zur Bauruine verkommen lassen, bis wir sie abreißen dürfen?

„Jeder Privatmann, jeder Unternehmer würde in einer solchen Situation seines Hauses oder seiner Firma anfangen, kleinere Brötchen zu backen und realistisch die Möglichkeiten der Finanzierung abzusichern“, so der Fraktionsvorsitzende der FDP, Michael-Klaus Otto. Die FDP hat daher den Antrag eingebracht, die Priorität bei Investitionen auf Maßnahmen zu legen, die das Kurbad attraktiver und ertragsstärker machen, z.B. durch den Ausbau einer qualitativ hochwertigen Sauna, mit der sich gutes Geld verdienen lässt. Und im Übrigen die Sanierung auf das unbedingt Betriebsnotwendige zu beschränken. Denn dann reden wir nur noch über einen Bruchteil der im Raum stehenden neun oder mehr Millionen Euro. Leitlinie muss aber sein, dass das Kurbad hochattraktiv wird, so dass es mit seiner einzigartigen Lage das schönste Bad weit und breit bleibt, dass es seinen Besuchern Erholung und Lebensqualität bringt und ihnen daher den Eintrittspreis wert ist. Es muss allerdings entsprechend intensiv beworben werden. Im FDP-Antrag, wurde der Magistrat gebeten, zusammen mit der Kur-GmbH und geeigneten Fachleuten mit dieser Zielrichtung bis zum Jahresende alternative Perspektiven zu entwickeln und zugehörige Finanzierungsmodelle aufzuzeigen. Zu Letzteren gehören Vorschläge für die Finanzierung durch Eigenmittel, Zuschüsse, privates Kapital incl. unternehmerischer Beteiligung, Spenden und Bürgerfinanzierung sowie Kredite. Das Suchfeld nach Zuschüssen ist bis zur EU auszuweiten, mit den Ansätzen Denkmalschutz, Energieeinsparung, Schulschwimmen u.a.

Erst wenn diese Perspektiven den Bürgern vorgestellt werden, kann ihnen eine sinnvolle Fragestellung vorgelegt werden. Vielleicht ist das aber dann gar nicht mehr notwendig, weil der weitere Weg klar geworden ist. Auch der SPD mit ihrem Bürgerbegehren, über dessen Inhalt sie allein befindet, kann man nur raten, die Fragestellung wohl zu überlegen. Was davon bekannt ist, zeigt ebenfalls ziemlich realitätsferne Züge. Das Kurbad soll erhalten bleiben, aber nicht um jeden Preis. Der Investitionsaufwand soll unter zehn Millionen Euro bleiben. Davon sollen vier Millionen durch die Veräußerung des „Wiesengrundes“ (nordwestlich des Kurbades) und drei Millionen Euro durch weitere Grundstücksverkäufe erbracht werden, wobei der Verkauf von Jugendhaus und städtischem Wohnungsbestand ausgeschlossen sind. 1,2 Millionen Euro werden angesetzt als Zuschuss des Landes Hessen und die fehlenden 1,8 Mio Euro durch Beiträge Privater, vor allem durch die Bürger finanziert werden. Was fangen wir denn mit einer solchen Pro-Kurbad-Entscheidung an, so sie denn so käme? Wenn in der Realität die zehn Millionen Euro doch nicht reichen, wenn für den Wiesengrund nur drei statt vier Millionen Euro erlöst werden, wenn die drei Millionen Euro mit anderen Grundstücksverkäufen nicht erreicht werden – wobei die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass diese Veräußerung von „Tafelsilber“ immer an den Widerständen der jeweiligen Interessengruppen scheitern wird. Auch die Kalkulation, dass die Bürger 1,8 Millionen Euro aufbringen, ist nur eine vage Hoffnung; ein solcher Finanzierungsversuch beim Haus der Begegnung (HdB) war ein Rohrkrepierer. Heißt ein Verfehlen eines oder zweier dieser Eckwerte, dass die Zustimmung zur Sanierung des Kurbades nichts wert ist, dass sie nicht in Angriff genommen wird oder gar unterwegs gestoppt wird?

Hier muss man ebenfalls den Rat geben, zuerst die Optionen zu durchdenken und dann die Bürger zu fragen, was sie denn begehren sollen oder gar bitteschön entscheiden wollen. Realismus und Flexibilität bei der Entscheidungsvorbereitung und harte Arbeit der Verantwortlichen in der Stadtverwaltung und der Kur-GmbH sind wohl nötig, sonst ist die Existenz einer für Königsteins Ruf als Kur- und Gesundheits-Stadt eminent wichtigen Einrichtung wirklich gefährdet. Wer war dann schuld? Etwa die Bürgerinnen und Bürger, die eine richtige Antwort auf die falsche Frage gegeben haben?

Der Antrag der FDP hierzu war ein Appell an Realismus und Vernunft, aber er wurde in der Stadtverordnetenversammlung erst einmal von den Fraktionen der CDU, der ALK als zweitstärkster Fraktion, der SPD und der Grünen abgelehnt.



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