„Europa im Bewusstsein verankern“ Königstein als Begegnungsstätte

Die Königsteiner Burg als Gedenkstätte für die ersten Demokraten der Republik – an der Umsetzung dieser Idee arbeitet Christoph Schlott vom Verein Terra Incognita.

Archivfoto

Königstein (el) – Über die Idee der Königsteiner Europakonzerte des Vereins Terra Incognita hatten wir berichtet. In diesem Zusammenhang wäre eine weitere Idee nachzureichen, von der man sicherlich noch einiges hören wird, vorausgesetzt, es bleibt nicht nur bei den Impulsen, die Terra-Incognita-Vorsitzender Christoph Schlott hier setzen will. Im Grunde knüpft seine neueste Idee an den Ansatz an, den Begriff „Europa“ weiter in den Köpfen zu festigen. Dies solle jedoch nicht nur über eine neue Konzertreihe geschehen, sondern auch über die Vorstellung eines neuen Buches unter dem Titel „Festung Königstein. Felix Anton Blau. Über die moralische Bildung des Menschen. Das Buch eines politischen Gefangenen“. Bei der Präsentation, die im Rahmen des zweiten Königsteiner Europakonzerts am Sonntag, 2. Oktober, 16.15 Uhr, im Haus der Begegnung stattfinden soll, handelt es sich um einen kommentierten historischen Reprint eines erstaunlichen Buches aus dem Jahr 1795, der direkt auf das neueste Projekt des Vereins Terra Incognita zur europäischen Demokratiegeschichte in Königstein verweist: „Festung Königstein – Ort europäischer Demokratiegeschichte“.

Dabei will Christoph Schlott erreichen, dass die Kurstadt eines Tages in einem Atemzug mit den großen deutschen „Wiegen“ der Demokratie genannt wird, wie etwa Berlin, das Hambacher Schloss oder aber die Erinnerungsstätte für Freiheitsbewegungen in Rastatt. Beste Voraussetzungen für Königstein bestehen bereits, denn die Stadt hat schon mehrfach einen wichtigen Beitrag zum Gelingen des Themas „Europa“ geleistet. Zum einen ist das Architekturdenkmal „Haus der Begegnung“ aus den fünfziger Jahren ein bedeutsames, zum anderen nimmt Königstein eine Rolle in der Gründungsphase der Bundesrepublik Deutschland ein. Darüber hinaus unterstreichen der hier vergebene Europa-Jugendpreis sowie der Eugen-Kogon-Preis für gelebte Demokratie die Bedeutung Königsteins als „Europastadt“ weiter. Dieses Fundament soll nun weiter ausgebaut werden und zwar dahingehend, dass Schlott die Vision hat, die Königsteiner Festung als „Ort europäischer Demokratiegeschichte“ deutschland- und europaweit bekannt und erlebbar zu machen.

Grundlage hierzu ist, wie gesagt, das bereits erwähnte Buch, bei dem es sich um eine Replik auf die Schriften des Philosophen Immanuel Kant handelt, die Blau, der als einer der Mainzer Demokraten auf der Königsteiner Festung inhaftiert war und auch an den Folgen dieser Haft gestorben ist, kommentiert hat. Das Einzigartige an dieser Schrift, das ihr Seltenheitswert verleiht, die Schlott in einem Archiv entdeckt hat: Es ist eine von zwei Schriften, die jemals in Deutschland in Festungshaft geschrieben worden sind. Die eine, entstanden 1924, wurde von einem gewissen Hitler verfasst. Jeder kenne diese Schrift und keiner wolle sie haben, so Schlott, der bezogen auf Blau sagt: „Diese Schrift hat was, aber keiner kennt sie.“ Das soll sich nun ändern, wobei sein Vorschlag nicht etwa beinhaltet, die Burg, die auch Festung zugleich ist, umzubauen.

Es gelte, dieses emotional besetzte Denkmal zu bewahren und bekanntzumachen. Denn an die ersten Demokraten auf der Festung in Königstein und ihre Haft erinnert lediglich eine bronzene Plakette am Eingang zur Schlossküche auf der Burg.

Das erste Gefängnis der ersten Demokraten – unbekannt ist auch, wie viele hier im Gefängnis saßen. „Historiker kümmern sich gerne immer um die ‚großen‘ Sachen und daher erkläre sich auch, weswegen dieser historisch bedeutsame Fakt der Öffentlichkeit bislang ein wenig vorenthalten worden sei. „Bis Jahresende soll die Idee weiter reifen und dann soll auch das geistige Gebäude mit einer Visualisierung versehen werden“, hofft Schlott, dass es bald diesbezüglich vorangeht.

Das weitere Vorhaben möchte er auch im Zuge einer Veranstaltung kommunizieren, in deren Verlauf es darum geht, weitere Ideen zu sammeln.

Schlott: „Ich taste mich da ran und das Thema ist es wert und hat es auch nötig.“ Es gehe darum, Bewusstsein für die Demokratie herzustellen und diesbezüglich hätten die Königsteiner das Recht, anspruchsvoll zu sein, denn schließlich habe die Kurstadt einiges in dieser Hinsicht zu bieten. Hinzu komme die zentrale Lage von Königstein und seine Nähe zu Wiesbaden und Frankfurt, was die Stadt geradezu dazu prädestiniere, sich als Ausflugsziel anzubieten, das dazu noch Lehrreiches zur deutschen Geschichte zu bieten habe. Im Moment handele es sich laut Schlott in Königstein lediglich um die unscheinbarste Gedenkstätte unserer Republik.



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