Forellenweg-Unterkunft: Anwohner fordern Transparenz und Ü51

Blick von den Nachbarhäusern auf das ehemalige Römergelände. Dort sollen demnächst Flüchtlinge untergebracht werden. Über die genaue Zahl wird derzeit noch spekuliert, wobei aktuell die Rede von 166 ist. Fotos: Schemuth

Königstein
(el) – Mittagszeit im Forellenweg. Die Reihenhäuser, die über einen kleinen Weg zur Hauptstraße führen, sind vor mehr als 20 Jahren errichtet worden. Viele Hausbewohner haben den besten Burgenblick von ihren höher gelegenen Etagen aus, aber auch einen weniger erfreulichen Anblick, der in diesen Tagen sogar etwas von einem Dorn im Auge hat. Gemeint ist das seit einigen Jahren brachliegende Römergelände, das einst industriellen Zwecken diente. Auf diesem zirka 3.600 Quadratmeter großen Gelände möchte nun ein privater Investor zirka 166 Flüchtlinge unterbringen. Das sind zu viele, meinten auch die Königsteiner Parlamentarier und unterzeichneten noch im Februar diesen Jahres eine fraktionsübergreifende Resolution an den zuständigen Hochtaunuskreis, in der für eine Lösung von unter 100 Flüchtlingen plädiert wird. Eines der Hauptargumente: Zum einen sei diese Lösung für die unterzubringenden Menschen selbst die beste Lösung und zum anderen gehe es auch um das Umfeld, die Nachbarschaft, wobei wir beim Anliegen der aus diesem Grund ins Leben gerufenen Aktionsgemeinschaft Forellenweg angekommen wären. Aus mehreren Gründen fordert die Initiative eine Begrenzung auf 50 Flüchtlinge und hat für ihr Anliegen bereits 232 Unterschriften gesammelt, unter anderem auch, wie Sprecherin Dr. Charlotte Eckhardt-Letzelter, eine der Sprecher der Initiative, erläutert, „um im Gespräch zu bleiben.“ Denn dieses Suchen und dann auch zu finden, sind zwei verschiedene Paar Schuhe, wie die Mitglieder der Bürgerinitiative in der jüngsten Zeit mehrfach feststellen mussten. Gerade die Wege hin zum Entscheidungsträger Kreis seien lang und so baut man in diesen Tagen auch auf die Unterstützung der Stadt Königstein, weswegen man das Gespräch mit Bürgermeister Leonhard Helm gesucht hatte.

„Wir sind nicht generell dagegen, dass die Flüchtlinge hier untergebracht werden“, sagt Eckhardt-Letzelter, die jedoch wie die anderen Bewohner auch fordert, dass die Interessen der Anwohner im laufenden Verfahren noch berücksichtigt werden, ehe die Baugenehmigung erteilt wird und womöglich nur noch der Rechtsweg übrig bleibe, den man nicht wirklich beschreiten wolle. „Wir wollen das auf direktem Wege lösen“, sagen Eckhardt-Letzelter und Mitstreiter Graham Burtoft, die auch schon eine entsprechende E-Mail mit den einzelnen Punkten an die zuständige Sozialdezernentin des Hochtaunuskreises, Katrin Hechler, verfasst hat.

„Wir suchen den Dialog“, betont Eckhardt-Letzelter nochmals. Die Einwände der Bewohner hätten auch in der Mehrzahl nichts mit dem Thema Flüchtlinge zu tun, sondern vielmehr sperre man sich gegen das Einrichten von Massenunterkünften, sagte Graham Burtoft. Gestaltungsmöglichkeiten, die erhoffen sich die Anwohner noch vor der Erteilung der Baugenehmigung und haben auch bereits über die Forderung der Begrenzung auf 50 Anwohner hinaus einige konstruktive Vorschläge erarbeitet. Eine Idee: Man könnte die U-Form des geplanten Gebäudes, das die zwei bisherigen Hallen ersetzen soll, zum Forellenweg hin umdrehen, um so das Thema Geräuschkulisse besser lösen zu können. Bislang sei es so geplant, dass sich das U hin zu den angrenzenden Reihenhäusern auf der Rückseite des Geländes öffne. Zusätzliches Problem: Der Abstand zum Zaun des ehemaligen Industriegeländes beträgt nur wenige Meter. Eine weitere Befürchtung, die jedoch nicht Teil der offiziellen Forderung ist: Wenn die Außenfläche bis zum Zaun ausgeschöpft werde bzw. hier direkt an der Grundstücksgrenze geraucht werde, dann könnte das das Miteinander der neuen Nachbarn schon ein wenig trüben. Hinzu kommt die Tatsache, dass man jetzt schon vom Sozialtrakt, der übrigens laut Plan stehen bleiben soll, direkt in die Zimmer der gegenüberliegenden Häuser schauen kann und umgekehrt. Selbst wenn es so mancher nicht hören mag, müsse auch dieses Thema angesprochen werden: Da es sich bei der Unterbringung bisher in der Mehrzahl um junge Männer handelt, sind bereits einige Sicherheitsbedenken seitens einiger Eltern aus den umliegenden Häusern geäußert worden. Stimmen, die man auch auf der Bürgerversammlung hören konnte, die nach Transparenz und einem Sicherheitskonzept gerufen haben und die zumindest gehört werden wollten, ohne dass man gleich den Verdacht nahelegen muss, dass es sich um Bürger handelt, die keine Flüchtlingsunterkunft in ihrer Nachbarschaft tolerieren. Man habe keine radikalen Ansichten und davon wolle man sich auch distanzieren. Darum gehe es nicht, man wolle schlichtweg keine Massenunterkünfte, bekräftigt Burtoft, der auf eine weitere Forderung aus dem Katalog der Anwohner verweist: Ein 2011 vom damaligen Eigentümer des Geländes in Auftrag gegebenes Umweltgutachten, davon ausgehend, dass die bestehende Bebauung abgerissen wird. Eines der Probleme damals, was sich – so lässt sich stark vermuten – verschlechtert haben dürfte: Starker Schimmelbefall des Sozialtraktes, der ja mit seinem bekanntlich maroden Asbestdach stehen bleiben soll, um in das Gesamtensemble integriert zu werden. Wie man inzwischen hört, ist genau dieser Sozialtrakt jetzt aber entgegen der ursprünglichen Meldung nun doch Gegenstand der noch zu erteilenden Baugenehmigung. Auf jeden Fall müsse etwas unternommen werden, sagt Eckhardt-Letzelter, die davon zu berichten weiß, dass in dem Gebäude ohne funktionierende Heizungsanlage noch vor Kurzem ein Ofen gestanden habe, in dem alles Mögliche verbrannt worden sei, so dass aufgrund der Rauchemission die Anwohner bereits im Herbst 2015 das Ordnungsamt der Stadt darüber in Kenntnis gesetzt hatten. Dies hatte zur Konsequenz, dass der Schornstein im März durch den Bezirksschornsteinfeger stillgelegt wurde.

Ein weiterer Punkt dreht sich um die Verpflichtung des Kreises auf zehn Jahre, verbunden mit der Nachfrage, was mit der Anlage passiere, wenn nicht genügend Flüchtlinge vor Ort sind. Fragen über Fragen. Noch keine Antworten vom Kreis. Auch die Kontaktaufnahme zu den örtlichen Parteien sei bereits erfolgt und einige von ihnen hätten sich laut Eckhardt-Letzelter auch schon vor Ort ein Bild gemacht. Ein weiterer Punkt auf der Liste und Argument seitens der Aktionsgemeinschaft Forellenweg lediglich 50 Bewohner auf die Unterkunft zu verteilen: Nur bei dieser Zahl gelinge es, den persönlichen Kontakt herzustellen.

Im Augenblick würden Gespräche mit allen Beteiligten geführt, bezog Bügermeister Leonhard Helm hierzu Anfang der vergangenen Woche Stellung. Die Unterbringung von 166 Menschen stünde derzeit im Raum. Aber auch hier habe der Kreis verstanden, dass er die Stadt Königstein brauche. Die Forderung von „U100“ sei eine schöne Wunschvorstellung, die Realität sehe jedoch so aus, dass die Flüchtlinge untergebracht werden müssten, so der Bürgermeister, der diesbezüglich bedauert, dass es keine verlässlichen Zahlen über die Anzahl von zu erwartenden Asylbewerbern gebe. Deswegen könne man jedoch nicht alles stoppen. Es könne gut sein, dass in den Monaten Mai und Juni wieder Tausende zu uns kommen.

Der Sozialtrakt, der künftig auch Bestandteil des Unterkunfts-Ensembles sein soll und rechts die Reihenhäuser direkt daran angrenzend.

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