Kolpingfamilie besichtigte jüdischen Friedhof in Frankfurt

Königstein/Frankfurt – Nach der sehr aufschlussreichen Führung über den Frankfurter Hauptfriedhof im vergangenen Jahr hatte sich die Königsteiner Kolpingfamilie mit dem jüdischen Friedhof in der Rat-Beil-Straße ein weiteres interessantes Ziel für eine Besichtigung ausgesucht. 30.000 bis 40.000 Gräber befinden sich auf dem 1828 angelegten Friedhof an der Südseite des Hauptfriedhofs, der sich über ein Areal von zirka 74.000 Quadratmetern erstreckt.

Am klassizistischen Torbau wurden die Teilnehmer von Stadt- und Gästeführer Sascha Stefan Ruehlow begrüßt und anschließend über einen der sehenswertesten Friedhöfe des Rhein-Main-Gebietes geführt.

Die hebräische Inschrift über dem heute nicht mehr benutzten Haupteingang lautet: „Wer geraden Weges wandelt, ziehe in Frieden, dorthin, wo sie auf ihren Lagern ruhen.“ Durch einleitende Worte Ruehlows wurde der Gruppe vermittelt, dass die jüdischen Begräbnisstätten nicht nur ein Ort des Todes und der Trauer, sondern vielmehr ein Ort des Erinnerns und Weitergebens von einzigartiger und zugleich lehrreicher Geschichten über Menschen ist.

Der anschließende Rundgang führte u.a. zu den Gräbern der heute ein wenig in Vergessenheit geratenen Grace Aguilar (1816−1847), zur damaligen Zeit auch als jüdische Jane Austen bezeichnet, zu Grabstätten zahlreicher

Mitglieder der Familie Rothschild, des bekanntesten jüdischen Maler Frankfurts, Moritz Daniel Oppenheim, des Begründers der „Casella Farbenwerke Mainkur“, Leopold Casella, der Frauenrechtlerin Bertha Pappenheim, des Nobelpreisträgers Paul Ehrlich und Rabbis Israel von Stolin, einer Pilgerstätte für fromme Juden aus aller Welt, die hier beten und Zettel mit Wünschen hinterlassen. Ergriffen verweilten die Teilnehmer beim eingespielten Lied „Es wird dir im Leben mehr genommen als gegeben“ des bekannten jüdischen Sängers Joseph Schmidt, der auf der Flucht vor den Nazis 1942 in der Schweiz

verstorben ist. Nachdem im vergangenen März durch den aktuellen Kogon-Preisträger Gunter Demnig weitere Stolpersteine in Königstein verlegt wurden, vertiefte die Kolpingfamilie durch den Besuch des alten jüdischen Friedhofs in Frankfurt das Erinnern an jüdisches Leben und Wirken.

Foto: Martin Keutner



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