„Ökonomisches und ärztliches Handeln schließen sich nicht aus“

Königstein (el) – Festredner Prof. Dr. med. Christoph Fuchs, ehemaliger Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer, diagnostizierte einen Misstand im Gesundheitswesen, der seiner Meinung nach auch mit der Einführung des Fallkostenpauschalen-Systems als Abrechnungs-Modus für die Krankenhäuser und Kliniken zu tun habe. Die Privatklinik Amelung sei da jedoch zum Glück nicht etwa abhängig von einem dualen System, wie es die Plankrankenhäuser seien. „Wir können uns blicken lassen im internationalen Vergleich“, meint Fuchs im Hinblick auf unser Gesundheitssystem, das dennoch in den 70er-Jahren von der Politik angesichts einer drohenden Kostenexplosion stark unter die Lupe genommen wurde. Die Befürchtung sei zwar nicht eingetreten, das Ganze habe dennoch Folgen für die Patientenversorgung gehabt. Heutzutage stehe der Staat vor gewaltigen Herausforderungen, was die Gesundheitsversorgung angehe. Man könne in Zukunft dankbar sein, wenn dies noch für alle möglich sei, so der Gastredner, der die „schleichende Ökonomie“ in unserem Gesundheitsystem als Übeltäter identifiziert haben will.

In den 90er-Jahren sei unter Horst Seehofer ein Paradigmenwechsel eingeleitet worden. Die Vorsorge habe sich an den Finanzen und nicht etwa am Bedarf orientiert. Der zweite Eingriff: die Einführung des Fallkostenpauschalen-Systems als Antwort auf Missbrauch im Gesundheitssystem.

Gerade bei der Versorgung von stationären Patienten sei es früher lukrativ gewesen, wenn diese länger liegen geblieben wären. Was nun jedoch laut Fuchs eingetreten sei: Dieses Prinzip habe dazu geführt, dass viele Häuser Investitionen nicht mehr tätigen könnten. Das habe einen Investitionsstau verursacht, der auf Dauer nicht mehr hinnehmbar sei. Darüber hinaus hätten einige Einrichtungen darauf- hin auf Mittel zurückgegriffen, die eigentlich für die Patienten bestimmt seien. Dies habe wiederum zur Folge gehabt, dass mehr und mehr auf die Kosten geschaut worden sei, so dass die Entstehung von „lukrativen“ Abteilungen in Krankenhäusern gefördert wurde. Weitere Folgeerscheinungen: Zielvereinbarungen mit Chefärzten, Stellenstreichungen, unterbrochene stationäre Aufenthalte, so dass zweimal abgerechnet werden konnte. Dies alles sei mit der Ethik, die mit diesem Beruf einhergehe, nicht zu vereinbaren. Schließlich sei der Arzt ein Dienstleister mit einer Vertrauensbeziehung zum Patienten und nicht etwa ein Unternehmer.

Es sei höchste Zeit, sich gegen diese Dominanz der Ökonomie zu wehren, so Fuchs, für den das DRG-System (die diagnosebezogenen Fallpauschalen) auf den Prüfstand gehört. Mögliche Lösungen für die Zukunft sieht der Referent in der Steigerung der Effizienz des Systems. Man müsse Defizite erkennen und Rangfolgen festlegen. Klar sei auch, dass Ärzte keine Kaufleute seien, was gegen die Praxis von Selbstzahler-Leistungen spreche. Man müsse Heilkunde und Geschäft klar trennen.

Es müsse eine Rückbesinnung auf den freien Beruf, unabhängig von Gewinnmaximierung, stattfinden, forderte Fuchs einen „ehrlichen Dialog“ der Verantwortlichen ein. Sepiner Meinung nach würden sich „ökonomisches und ärztliches Handeln“ dabei nicht ausschließen.



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