Podiumsdiskussion der SPD zur Frage nach sozialer Gerechtigkeit

Wie verhindern wir die soziale und gesellschaftliche Spaltung, wie fördern wir wieder Solidarität und Zusammenhalt in unserer Gesellschaft? Diese Frage stellte die SPD auf ihrer Podiumsdiskussion. Foto: Fuchs

Königstein (efx) – Sozial und gerecht – wie schaffen wir das? Antworten auf diese Fragen möchte die SPD finden. Aus diesem Grund luden die Genossen zu einer Podiumsdiskussion in die Räume der Villa Borgnis ein. Die Veranstaltung wurde bewusst auf das historisch bedeutsame Datum des 9. Novembers gelegt, dem Tag, an dem 1918 der damalige SPD-Vorsitzende Philipp Scheidemann vom Fenster des Reichstages die erste deutsche Republik ausrief. Neben diesem historischen Ereignis fand am 9. November 1989 auch die Grenzöffnung der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) statt und die einstige Mauer zwischen Ost und West sollte von dort an der Geschichte angehören. Dies sind exemplarisch nur zwei Ereignisse, die laut Dr. Ilja-Kristin Seewald, SPD- Bundestagskandidatin des Wahlkreises 181, die Gesellschaft sozial und politisch verändert haben. Neben Seewald stellten sich unter der Moderation von Hildegard Klär, Vorsitzende der AWO (Arbeiterwohlfahrt) und der Europa-Union Hochtaunus, auch Katrin Hechler, SPD-Beigeordnete des Hochtaunuskreises, Katharina Stoodt-Neuschäfer, Pfarrerin der evangelischen Immanuel Gemeinde und die emeritierte Professorin der Universität Kassel, Wilma Aden-Grossmann, Expertin für Schulsozialarbeit, den Fragen nach der sozialen Gerechtigkeit. Sie fragten gemeinsam, wie man die soziale und gesellschaftliche Spaltung verhindern und die Solidarität und den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft fördern kann. Lehrermangel, fehlender bezahlbarer Wohnraum, Alters-, aber auch Kinderarmut, Reintegration älterer Arbeitnehmer oder die Integration von Flüchtlingen sind wichtige Themen, die laut Seewald nicht nur auf Bundesebene, sondern auch in den Städten und Kommunen bedeutend sind und einer Diskussion zur Lösungsfindung bedürfen. Dr. Ilja-Kristin Seewald weiß: „Die Zivilgesellschaft fängt viel auf, aber das ehrenamtliche Engagement kommt an Grenzen.“ Deshalb forderte sie bereits zu Beginn der Podiumsdiskussion den Staat zur Unterstützung auf. Städte, Kommunen und Kreise müssten sich alle gemeinsam für Solidarität und Zusammenhalt einsetzen. Doch der Mangel der finanziellen und personellen Mittel in Kommunen und Städten stellten die Bewältigung dieser Fragen vor eine große Herausforderung. Für die SPD bieten der Zusammenhalt in Europa, die Kinderarmut, Flüchtlinge, die nicht willkommen sind, und nicht zuletzt der Ausgang der Wahlen in den USA, Anlass zu umfangreicher sozialpolitischer Diskussion. AWO- Vorsitzende Hildegard Klär weiß um die Herausforderungen einer globalisierten Welt. Um diese Herausforderungen gemeinsam zu meistern, unterstreicht sie die Notwendigkeit nach mehr Demokratie und Zusammenhalt. Dabei ist es für Katrin Hechler unabdingbar, sich die Werte einer Gesellschaft, aber auch die Werte eines jeden Einzelnen vor Augen zu halten. Nicht zuletzt haben „Werte gesetzliche Grundlagen bis zu den Konventionen der Menschenrechte. Mit gemeinsamen Werten ist Frieden möglich, Dialoge können geführt werden, können wir freiheitlich in Demokratie leben.“

Diese Werte müssen jedoch nach Katharina Stoodt-Neuschäfer für den Menschen konkretisiert und „fassbar“ gemacht werden: „Wir müssen hier sagen, was wir meinen.“ Sie fordert deshalb Gerechtigkeit im Sinne der Chancengleichheit, das Eintreten für die Erhaltung der Umwelt, Solidarität und Nächstenliebe nicht nur im Sinne der ökumenischen Kirche. Dazu muss man sich ihrer Meinung nach öffentlich und gemeinschaftlich bekennen. Dass dies etwas kostet, muss ihrer Auffassung nach jedem klar sein. Großformatige, klare Formeln sind für sie notwendig, denn Stoodt- Neuschäfer empfindet die Demokratie hierbei als zu defensiv. Gemeinsame Leitgedanken sind aber ihrer Meinung nach unabdingbar, um durch Dialoge Frieden und Freiheit zu gewähren. Soziale Unruhen in einer Gesellschaft hindern nach Auffassung der Diskussionsteilnehmer die Möglichkeiten zum Dialog. Eine Ellenbogengesellschaft ist dabei für die Diskutierenden kontraproduktiv und als Gegner der gesellschaftlichen, sozialen Harmonie zu erachten. Signale der Entsozialisierung sieht Hildegrad Klär beispielsweise in den bundesweiten Montagsdemonstrationen. Wecksignale zur Änderung des sozialen Miteinanders gibt es ihrer Auffassung nach genügend. Denn sie mahnt, die Schere zwischen Arm und Reich würde immer größer und gesellschaftliche Unterschiede förderten die gesellschaftliche Spaltung. Unterschiede gibt es für Klär dabei nicht nur zwischen den Regionen Ost und West oder Nord und Süd. Auch zwischen Alt und Jung oder die Zuwanderung der Geflüchteten bergen Unterschiede. Hier muss man nach Auffassung der Diskussionsteilnehmer ansetzen.

Denn obwohl Deutschland ein funktionierendes Sozialsystem besitzt, ist dies für die Diskutierenden noch lange nicht perfekt. Änderungen sind ihrer Meinung nach notwendig. Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens aufwachsen, müssen daher nach Katrin Hechler Unterstützung erhalten, damit sie im Sinne der Chancengleichheit gleichwertig am Leben partizipieren können. Laut Hechler ist Deutschland ein Land, das sich durch Zusammenhalt auszeichnet und diesen Zusammenhalt gilt es auch weiterhin zu fördern. Dabei ist es ihr wichtig, dass hilfsbedürftige Menschen gesellschaftlich nicht als Bittsteller gesehen werden. Hilfe ist für Katrin Hechler eine Selbstverständlichkeit. Dabei fordert sie, sich auch sozialkritischen Themen zu stellen, diese beim Namen zu nennen und hinzuschauen. Sie erklärt, dass Flüchtlinge nur geringste finanzielle Mittel erhalten und bezahlbarer Wohnraum nicht nur für Flüchtlinge, sondern auch für Geringverdiener knapp sei. Katharina Stoodt-Neuschäfer kennt die Lage der Flüchtlinge in Königstein und weiß, dass in der Flüchtlingsarbeit in Königstein schon viel geschafft wurde. Aber nachdem nun viele Flüchtlinge bereits ein Bleiberecht hätten, weiß sie auch um die Notwendigkeit der weiteren begleitenden Unterstützung zur Integration. „Viele Flüchtlinge haben mittlerweile eine Anerkennung. Sie brauchen jetzt Wohnraum! Sie haben keine Wohnungen und keine Jobs.“ Darüber hinaus erklärt sie, fehle es weiterhin an Sprachlehrern, das Angebot an Sprachkursen sei mehr als knapp. Viele Flüchtlinge würden hier in Deutschland zum ersten Mal in ihrem Leben alphabetisiert. Sie fragt sich, woher den Wohnraum nehmen, woher sollen die Sprachkurse kommen? Diese wichtigen Aufgaben stehen auch bei den Sozialdemokraten auf der Agenda. Nicht nur der bezahlbare Wohnraum ist eine zentrale Herausforderung.

Eine Kernanforderung für eine sozial gerechte Gesellschaft ist für die SPD auch die Chance auf Bildungsgleichheit. Dieses Ziel müsste bereits von Kindesbeinen an in der Gesellschaft zur Selbstverständlichkeit werden, erklärt Professorin Wilma Aden-Grossmann. Dabei ist für sie die sozialpädagogische Arbeit an Schulen und Kindergärten wichtiger Bestandteil zur Förderung. Aden-Grossmann beschäftigt sich in ihren wissenschaftlichen Arbeiten mit diesen Themen. Sie erklärt, dass Sozialpädagogik so früh wie möglich stattfinden muss und dabei liegen ihr die Chancen im Bildungswesen sehr am Herzen. Frühkindliche Bildung beginne bereits im vorschulischen Alter. Aus diesem Grund begrüßt Aden-Grossmann auch das Recht aller Eltern auf einen Kindergartenplatz ihrer Sprösslinge. Alle Beteiligten sind sich einig, dass eine frühe chancengleiche Förderung zu mehr Gerechtigkeit und Zusammenhalt einer Gesellschaft führt. In Anpassungen dieser Art sehen die Beteiligten die Solidarität und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft weiterhin gefestigt und ein soziales und gerechtes Miteinander für die zukünftigen Generationen gestärkt.



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