Wird die Sommerrodelbahn auf Eis gelegt?

Optisch sind die Stelzen im Gelände Geschmackssache, ökologisch aber ganz vernünftig: Die moderne Version einer Sommerrodelbahn, hier der „Alpine-Coaster“ bei Wald-Michelbach im Odenwald, ist sozusagen eine tiefergelegte Achterbahn. Links ein Teil der Rodelbahn, rechts der Lift für den Rückweg. Foto: Weigand

Stürmische Diskussionen am „Windeck“: Auf Einladung der ALK (Robert Rohr, links vom Baum und Günter Ostermann, rechts daneben mit Erläuterungstafel) machten sich einige Königsteiner ein Bild von dem Gelände zwischen Fuchstanz und Feldberg, das mit der Gemeinde Schmitten getauscht werden soll, um dort eine Sommerrodelbahn zu errichten.
Foto: Pfeifer

Königstein/Schmitten (pit/hhf) – Die Sommerrodelbahn für den Feldberg ist ein Thema, das zumindest mehrere Kommunen und Institutionen im Taunus schon seit vielen Jahren beschäftigt. War es zunächst die Stadt Oberursel, mit der Schmitten einen Gemarkungstausch durchführen wollte, um die Touristenattraktion auf deren Territorium – mit einem Investor – als sogenannte „Nordbahn“ anzusiedeln, ist der Kelch nunmehr an die Stadt Königstein weitergereicht worden.

Seit Sommer des vergangenen Jahres beschäftigt sich das Stadtparlament mit diesem Thema – und es sind viele Fragen, die hiermit einhergehen. Das beginnt schon bei der Definition des Diskussionsgegenstandes: Vermeintlich sind Sommerrodelbahnen als mit Wannen aus Edelstahl ausgelegte Erdrinnen, in denen man mit entsprechenden Fahrgeräten einen Berg hinabsaust, hinlänglich bekannt. Auf der Route, die vom Feldberg bis zum Windeck führt, ist vom Investor Josef Wiegand GmbH jedoch eine aufwändige Schienenkonstruktion auf Stelzen, ein „Alpine-Coaster“, mit dazugehörigem Rückhollift („Wie-Gand-Lifter“) für den Personentransport vorgesehen. Hinzu kommt die Tatsache, dass aus den ursprünglich 1,5 Hektar, die Wiegand pachten wollte, ein Planungsgebiet von zwischenzeitlich 6,5 Hektar und zuletzt sogar 12 Hektar wurde, das ist eine Verachtfachung des ursprünglichen Wertes.

Sind die vorgenannten Fakten auch unter ökologischen Aspekten noch durchaus diskussionswürdig, so stoppte ein anderer Umstand die Verhandlungen der Königsteiner Lokalpolitiker abrupt und führte zur Vertagung des Themas, bis die notwendige Klärung zwischen den Verwaltungsspezialisten in den Rathäusern von Schmitten und Königstein erfolgt ist. In der Vorlage, die der Stadtverordnetenversammlung zur Abstimmung vorgelegt wurde, war nämlich ein erheblicher Fehler hinsichtlich der zum Tausch angedachten Gemarkungsgrößen festgestellt worden: „Statt der genannten 5.000 Quadratmeter ist die Fläche nach öffentlich zugänglichen Flurkarten nicht einmal halb so groß, sondern beläuft sich lediglich auf weniger als 2.200 Quadratmeter“, so ALK-Stadtverordneter Günther Ostermann. Ein weiterer Punkt war die unterschiedliche Einschätzung vom Wert der betroffenen Areale

Das allein seien genügend Gründe, naturgemäß eine große Skepsis hinsichtlich der tatsächlichen Absichten zu hegen, die der Investor hat, fährt er fort. Auf seine Initiative hin hatte die „Aktionsgemeinschaft Lebenswertes Königstein“ am Wochenende zu einem Ortstermin eingeladen, an dem knapp 30 Bürger – vier davon aus Schmitten selbst – teilnahmen.

Weitere Anlässe zur Skepsis wurden hierbei aufgezählt, zum Beispiel die aktuellen Sommerrodelbahn-Betriebe, die Wiegand derzeit unter anderem in Wald-Michelbach oder auf der Wasserkuppe betreibt. Mit ihnen gingen zum Beispiel Kletterparks und weitere Attraktionen einher, die viel räumliche Kapazität rauben. Außerdem müsse man auch ein Augenmerk auf die Infrastruktur haben. Diese umfasse nicht allein sanitäre Anlagen – der künftige Betreiber spekuliert offensichtlich damit, dass die derzeitig vorhandenen Toiletten auf dem Feldberg ausreichend sind – sondern unter anderem auch Parkplätze. Denn bei dem zu erwartenden „Remmidemmi“ seien die am Windeck derzeit befindlichen 184 vorhandenen gewiss nicht genug.

Dass bei diesem seit nunmehr vielen Jahren angedachten Projekt überhaupt immer wieder von einem Gemarkungstausch die Rede ist, wird vor allem zweierlei Punkten geschuldet: „Zum einen geht es um die Bauplanung, denn sonst müsste ein größerer Planungsverband gebildet werden“, weiß Stefan Renner vom Schmittener Verein (in Gründung) kulturBerg, der stark in die Planungen einbezogen ist. Außerdem müsse die Gewerbesteuer eindeutig zuzuordnen sein.

An dieser Stelle erinnert die Redaktion der KöWo daran, dass es rund um Autorennen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts schon einmal Streitigkeiten – damals um die „Lustbarkeitssteuer“ – zwischen Stadtteilen der heutigen Gemeinden gab, denn die Rennstrecke führte ebenfalls über das derzeit zum Tausch angedachte Stück Falkensteiner Gemarkung, das sich über den Fuchstanz hinaus bis auf den Feldberg erstreckt.

Zu Gast beim Ortstermin war auch Dr. Olaf Gierke von der Feldberginitiative: „Wir beobachten die Planung, um Informationen zu bekommen.“ Er und seine Mitstreiter sehen das Projekt zumindest derzeit als recht kritisch an: „Um Stellung zu beziehen, müssen wir erst einmal klare Fakten auf den Tisch bekommen und das Risiko bei anderen Standorten betrachten.“

Als „sehr reserviert“ bezeichneten auch viele andere Teilnehmer des Besichtigungstermins ihre Ansicht zum Thema Sommerrodelbahn: „Verträgt die Region das alles?“ oder „Ist das nicht eine Mode-Erscheinung, die nach ein paar Jahren nicht mehr aktuell ist?“, lauteten einzelne Fragestellungen. Eine ganz große Sorge aber brannte allen Beteiligten regelrecht unter den Fingernägeln: „Hiermit könnte ein Naherholungsgebiet zerstört werden.“

Daher sei unbedingt schon in der aktuellen Planungsphase Transparenz gefordert, um den Bürgern die Konsequenz eines solchen Unternehmens vor Augen zu führen. Es müsse ganz klar sein, für wen dieses Unterfangen Gewinn bringend sei und alle Betroffenen sollten die Chance wahrnehmen, sich entscheidend einzubringen.

„Wir wollen keine Investoren, die mittels Salami-Taktik immer mehr vom Feldberg-Gebiet abschneiden“, lautete die einhellige Meinung der skeptischen Wanderer. Und genau das könnten die Königsteiner eben dadurch verhindern, dass sie ihr erstes Scheibchen, das Endstück, nicht vom Rest der Feldberg-Wurst abtrennen lassen. Dann wäre der Anschnitt der Salami verhindert und die Haltbarkeit der Dauerwurst verlängert, aber man kann dann auch kein Scheibchen verkaufen...

Vielleicht fällt aber auch noch ein ganz anderer Vegetarier dem Metzger ins Messer, denn wie auch immer die Politiker in den Kommunen entscheiden: Das letzte Wort dürfte das Amt für Denkmalpflege des Landes Hessen haben, das Gebiet, in dem womöglich diese Sommerrodelbahn gebaut werden soll, gehört mit 540 Metern Entfernung zum römischen Grenzwall nämlich zur sogenannten Limes-Pufferzone.

Hier darf nichts entstehen, dem die Denkmalschützer nicht zugestimmt haben, denn es geht immerhin um die Erhaltung eines Weltkulturerbes. Und das stellt seinerseits schließlich auch ein Ziel für Ausflügler dar, das man nicht so leichtfertig wie in Dresden aufs Spiel setzen sollte.

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