Mit der SPD gibt es kein „Weiter so“ wie bisher

Der SPD-Vorstand um Dr. Ilja-Kristin Seewald (Dritte v. li.): Kerstin Jäckel (v. li.), Christian Schönwiesner, Tilmann Stoodt, Ilona Grössner, Clemens Kraft, William Kvibäk und Felix Lupp. Foto: Schemuth

Königstein
(el) – Bei der Königsteiner SPD hat man zwar das aus der eigenen Sicht magere Ergebnis der Kommunalwahl im März verdaut, doch ist dies noch lange kein Grund für die Genossen, die Köpfe hängen zu lassen. Nur einen Spruch wie „weiter so“ wird es mit ihnen nicht geben. Während der Jahreshauptversammlung im Adelheidsaal wurde keine Gelegenheit versäumt, das Wählerverhalten zu analysieren und über die eigenen Positionen, ob auf kommunaler oder bundespolitischer Ebene, zu sinnieren.

Es sei eine unglaubliche Arbeit von jenen das ganze Jahr über geleistet worden, die den Karren ziehen und auch die Jugend halte die Fahne hoch, zog es Ilja-Kristin Seewald – um es vorwegzunehmen – die alte und neue SPD-Ortsvereinsvorsitzende, eingangs vor, Lob anstelle von Kritik anzubringen. Vor gut einem Jahr habe man sich zudem richtig reingehängt und Unterschriften für ein mögliches Bürgerbegehren zum Kurbad gesammelt. Mittlerweile habe man über 4.000 Unterschriften vorzuweisen und das Ganze im Dezember vergangenen Jahres der Stadt Königstein übergeben. Die Prüfung sei nun abgeschlossen und das Bürgerbegehren für zulässig befunden worden. Nun gelte es, einen entsprechenden Antrag zu formulieren und diesen in die städtischen Gremien einzubringen, so Seewald zum Prozedere. Das Unterschriftensammeln habe einen ganzen Sommer in Anspruch genommen und all jenen, die anders denken sei gesagt, dass man das Bürgerbegehren nicht dazu genutzt habe, um Wahlkampf zu machen. Man habe lediglich herausfinden wollen, was die Bürger denken und hierfür sei, nebenbei bemerkt, eine Bürgerbeteiligung, wie sie die ALK gefordert habe, nicht dienlich. Einige Erkenntnisse habe die SPD in den vergangenen Monaten bereits gewinnen können. Die Bürger wollen das Bad und: Die Kosten dürften nicht aus dem Ruder laufen. Moderne Mittel, wie etwa Facebook, könnten für die Zukunft ein wichtiges Marketing-Instrument für das Bad darstellen – eines, für das nicht Unsummen aufgerufen werden müssten.

Natürlich hätten ebenso andere Themen die Genossen im vergangenen Jahr beschäftigt, wie die vielen Projekte der Stadt Königstein, die andiskutiert, aber nie begonnen worden seien. Davon gäbe es eine ganze Reihe, so die Ortsvereinsvorsitzende, die im Rahmen der durchgeführten Wahlen wiedergewählt wurde und das einstimmig.

Eine Problematik, der es sich zu stellen gilt, auch Monate nach dem Urnengang, ist das Abschneiden der SPD, das der Fraktion im Stadtparlament lediglich drei und nicht wie bisher vier Sitze beschert hat. Ursprünglich waren die Genossen mit der Hoffnung angetreten, fünf Mandate holen zu können. Die Gespräche an den Wahlkampfständen hätten zumindest die Hoffnung darauf genährt, meinte Seewald, die eine mögliche Erklärung für die Wahlpleite in der Flüchtlingsproblematik sieht, die auf Bundesebene kurz vor der Wahl noch mal richtig hochgekocht sei und in das Wählerverhalten hineingespielt hätte. Die Flüchtlinge seien auch eine Art Katalysator für das Ergebnis der AfD im Kreis sowie für die Protestwähler zugunsten der ALK, glaubt man bei der SPD.

Obwohl, und das sei auch an dieser Stelle gesagt, es ebenfalls unter den Genossen Stimmen bei der Hauptversammlung gab, die nicht einverstanden damit waren, dass das Viererbündnis aus CDU, FDP, Grünen und SPD nicht zugelassen habe, dass die ALK als stärkste Fraktion wieder den Stadtverordnetenvorsteher namens Rohr stellt. Viele Bürger seien erst gar nicht zur Wahl gegangen, hieß es außerdem.

Trotz des enttäuschenden Ergebnisses werde man wieder antreten, ließ Seewald Optimismus in der Niederlage erkennen. Man werde weiterhin die Standpunkte und Werte der SPD vertreten und das auf charismatische Weise. Wie das geht, habe der ehemalige Hessische Ministerpräsident Hans Eichel beim Neujahrsempfang der SPD gezeigt. „Wenn wir etwas wollen, dann müssen wir dafür einstehen“, appellierte die SPD-Frontfrau an die Genossen, die leider nicht so zahlreich zur Hauptversammlung erschienen waren, wie man das bestimmt gerne gesehen hätte. Dafür gab es aber leckere Butterbrezel von Bäcker Hees und die Tische waren im Signalrot der SPD eingedeckt. Einen Lichtschimmer gab es auch noch an diesem Abend: Es konnte ein neues Mitglied begrüßt werden, dem auch gleich das SPD-Parteibuch überreicht wurde, bevor man in die weitere Diskussion des Abends einstieg, die angesicht eines Flipcharts, auf dem Ideen notiert wurden, so etwas wie Brainstorming-Charakter hatte.

Vielleicht könnte auch dies das Viererbündnis auf eine erste Probe stellen: Mit der SPD ist eine zweite Stufe im Rahmen der Erhöhung der Grundsteuer nicht machbar, die im jetzigen Haushalt für 2017 verankert ist und Anfang 2017 greifen soll. Man brauche in der Diaspora einen langen Atem, gepaart mit dem Mut, sich dem schnellen Protest zu stellen, erinnerte Seewald.

SPD-Spitzenkandidat und Fraktionsvorsitzender Thomas Villmer stieg nicht in die Analyse ein, ohne kund zu tun, wie enttäuschend und niederschmetternd das Wahlergebnis aus seiner Sicht gewesen war. Es habe jedoch nicht nur am Thema Flüchtlinge gelegen. Man habe in den Gesprächen feststellen müssen, dass die Erwartungen des klassischen SPD-Wählers von der Partei auf Bundesebene nicht mehr erfüllt würden, so dass sich so mancher Stammwähler ein neues „Zuhause“ gesucht habe. Das Erscheinungsbild auf Bundesebene schwinge definitiv mit, so Villmer, der als technisch orientierter Mensch dafür plädiert, Faktenanalyse zu betreiben, sonst mache das alles keinen Sinn. Seiner Meinung nach müsse ebenso das Thema Solidarität mit den Flüchtlingen sowie die finanzielle Schieflage der Stadt angesprochen werden. Ein vermeintlich ausgeglichener Haushalt täusche nicht darüber hinweg, dass die Stadt nun schon im zehnten Jahr in Folge einen defizitären Haushalt habe. Es könne nicht sein, dass Dinge wie Kinderbetreuung, die eine Stadt vorhalten müsse, plötzlich zum Luxusthema werden. Die SPD-Klientele poche hier auf Lösungen. Man müsse sich fragen können, was der Kreis mit dem ganzen Geld mache, das er in Form der Umlage von der Stadt Königstein erhalte und das sich die Stadt wiederum aus den Rippen schneiden müsse.

Ein interessanter Ansatz war zu vernehmen, was den Wahlerfolg der ALK angeht. Man könne die „wehleidige Selbstbeweihräucherung“ der Aktionsgemeinschaft nicht ertragen, hieß es trotz allen Verständnisses für deren Lage. Hier war man sich im Verlauf der darauf folgenden Diskussion schnell einig, dass man den Mythos ALK nur entzaubern könne, wenn man sie „machen lasse“. Noch eine Formel, die man bei der SPD in der kommenden Zeit walten lassen wird: Keine „babylonische Gefangenschaft für das Viererbündnis“ – wobei es sich hierbei um die Meinung eines einzelnen Mitgliedes gehandelt hat. Den weiteren Vorstand um Ilja-Kristin Seewald bilden Clemens Kraft als ihr Stellvertreter, Tilmann Stoodt (Kassierer), Ilona Grössner (Schriftführerin), Felix Lupp (Pressesprecher). Kerstin Jäckel, Robert Daniel, Christian Schönwiesner und William Kvibäk fungieren als Beisitzer und die Wahlleitung lag an diesem Abend in den Händen von Volker Bender.



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