Ein Träger für alle Fälle

Unser Universalgenie: Der Tätigkeitsbereich von Matthias Debertshäuser ist zwar eigentlich sein Stammbezirk in Königstein, in der Ferienzeit betreut er aber auch Teile von Kronberg und Kelkheim. Die Briefkästen in Königstein kennt er so gut, dass er sie im Ernstfall auch nachts bestückt. Wo immer und wann immer Sie, liebe Leser, diesen freundlichen Herrn treffen, können Sie ihn also getrost nach dem Weg fragen. Foto: Friedel

Königstein/Glashütten/Kronberg/Kelkheim (hhf) – Viele Leser der wöchentlichen Erzeugnisse aus dem Verlagshaus Taunus haben es schon gemerkt: Es ist wieder einmal Ferienzeit und damit auch Saison für Aushilfsträger, die sich in den jeweiligen Bezirken nicht so gut auskennen oder erst später als gewohnt ihre Runden drehen können. Das Problem bei der Rekrutierung von Zeitungslieferanten ist neben einer zugegeben mäßigen Bezahlung aber auch, dass dieser typische „Schülerjob“ einige Fähigkeiten voraussetzt.

Eigentlich ist sogar die Taxiprüfung ein Klacks dagegen, hier genügt es, die Straße zu finden, das mit der Hausnummer klärt sich dann schon. Genau da fängt aber die wahre Aufgabe eines Zeitungsträgers erst an: Wo ist der Briefkasten, wenn nicht am Gartentor, gibt es noch ein Zeitungsrohr neben der Haustür oder ein „Keine Werbung“-Schild an der Garagenzufahrt, wie viele Exemplare will der Hausarzt für sein Wartezimmer zusätzlich haben... das Spezialwissen ist zwar nicht weltbewegend, aber tangiert eben den Privatbereich unserer Leser, wie wir auch immer wieder am Reklamationstelefon feststellen.

Einer dieser „Personal-Träger“ ist Matthias Debertshäuser, der seinen Stammbezirk fest im Griff hat und seinen Horizont ständig durch Urlaubs- und Krankheitsvertretungen erweitert. Berufliche Fortbildung gibt es dabei allerdings außer Straßenplänen und Randnotizen nicht, also erarbeitet sich der fleißige Gärtner jeden neuen Bezirk eigenständig: „Zwei- bis dreimal braucht man schon, bis man sich gut auskennt.“ Sein gelernter Beruf ist dabei nicht nur von Vorteil, weil er dadurch wetterfest geworden ist, sondern auch immer im Krafttraining bleibt – neben einer kellnermäßigen Kilometerleistung kommen pro Tour nämlich auch einige Kilogramm zusammen. Legen Sie, liebe Leser, doch spaßeshalber einmal die aktuelle KöWo auf die Briefwaage (und tun Sie das mit der dicken Weihnachtsausgabe dann noch einmal) – schon bei 20 Seiten ohne Beilage sind das über 100 Gramm, ein Zeitungspaket kommt leicht auf 10 Kilo.

Matthias Debertshäuser hat sogar schon im Ganztageseinsatz sechs Bezirke nacheinander ausgetragen, rund 2.000 Zeitungen, das sind vier Zentner, die Kilometer blieben ungezählt, der Muskelkater hat sich aber doch nachhaltig eingeprägt. Trotzdem: „Er springt immer wieder ein, auch bei kurzfristigen Krankheitsvertretungen“, loben unsere Disponentinnen und bitten darum, ihn dann nicht persönlich verantwortlich zu machen, wenn es im Ausnahmefall auch einmal Freitag statt Donnerstag geworden ist oder ein Zeitungsrohr in der Hecke übersehen wird.

All das haben übrigens auch die „Schreibtischtäter“ in unserer Firma schon erlebt, denn in Notfällen sind Kaufleute, Redakteure und selbst die Bewohner der Chefetage ausgerückt, um in kleinen Grüppchen Zeitungen „zu stecken“, und mussten dabei Live-Kritik einstecken – ein Preis, den man in einem Unternehmen mit familiären Strukturen trotzdem gerne bezahlt.



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