Nicht weitere, unnötige Baustelle auftun

Anlässlich der geplanten Renaturierung des Reichenbachs hat unsere Leserin Ellengard Jung, Theresenstraße, Königstein, einen offenen Brief an den Magistrat geschrieben, den wir im Folgenden veröffentlichen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

bereits 2012 wurde in der Sitzung des Ausschusses für Planungs-, Umwelt- und Bauangelegenheiten beschlossen, nach WRRL- Richtlinien den Reichenbach von der Altkönigstraße bis Herzog-Adolph-Straße zu renaturieren.

Dazu gab es Einsprüche Königsteiner Bürger in Form von Leserbriefen, die sich gegen einen geänderten Bachverlauf des Reichenbachs in der Hubert-Fassbender-Anlage aussprachen.

Wie Bürgermeister Helm die Pläne nun erläuterte, soll das derzeitige, gerade gemauerte Bachbett weggenommen und in natürlichem Flussbett (V-Form) mäandernd durch die Anlage fließen.

Die Kosten für die Umsetzung des Reichenbachs werden im Moment mit 170.000 Euro angesetzt, wofür das Land Hessen einen Zuschuss von 135.000 Euro beiträgt, das heißt, die Stadt kommt für alle weiteren anfallenden Kosten (Holzbrücke, Verdichtungskosten etc.) auf!

Euphorisch spricht man von einer Rückführung des Bachbetts in seinen ursprünglichen Zustand, eine ökologische Verbesserung, dass Forellen, Krebse und Kleintier besser den Bach hinaufwandern könnten.

Doch wie sah denn dieser Ur-Zustand aus, den man anstreben will? Auf der Urkarte von 1875, aber auch schon früher, wird der Durchlauf durch die Anlage stets gerade geführt. Denn dieser Bach war seit alters her mit seinem starken Wasseraufkommen der wichtigste Garant für einen durchgehenden jährlichen Mühlenbetrieb, der Dammmühle, er war ein Industriebach, und ist dem Höhenbach gleichzusetzen.

Und wie auch dieser in einem steinernen Bachbett gerade geführt wurde, so ist hier genau die Parallele gegeben.

Doch wie wird ein natürliches Flussbett in V-Form ohne Steineinfassung mit einem reißenden Bach bei starken Regenfällen reagieren? Ob man dann noch von einer attraktiveren Grünanlage sprechen kann, wenn sie überschwemmt wird? Wer kommt für die Wasserschäden, zum Beispiel im Frühjahr durch Schmelzwasser verursacht auf ?

Ich frage mich auch, woher sollen denn die gewünschten Krebse, Forellen und anderen Fische kommen, wenn sie nicht in diesem Stück der Anlage ausgesetzt werden?

Aus dem aufsteigenden Woogbach und anschließend Reichenbach haben sie keine Gelegenheit, da es keine Verbindung vom Liederbach, Woogbach zum Teich- und Rohrsystem Reichenbach gibt.

Wo sind im städtischen Haushalt plötzlich die Mittel, wenn noch nicht einmal für Blumenschmuck in der Stadt Gelder zur Verfügung stehen und die Bürger dafür spenden?

Wir haben viele vorrangige Baustellen in der Stadt, die mangels Geldnot nicht behoben werden:

das Loch auf dem Parkplatz ist noch provisorisch mit einer Metallplatte abgedeckt,

der Glockenturm auf dem Alten Rathaus hat sich geneigt, die alten Glocken sind gefährdet, er müsste dringend ausgerichtet und repariert werden,

die ebenfalls mit Fördergeld angefangenen Ausgrabungen auf der Burg ruhen seit vier Jahren und sind nur notdürftig abgedeckt. Der Erhalt an dieser Stelle ist gefährdet. Ganz zu schweigen von den jährlichen Renovierungsbaumaßnahmen allgemein auf der Burg !

Wie steht es mit einer angefangenen und abgebrochenen Teichsanierung im Woogtal, der Schrecken eines jeden Spaziergängers?

Warum wird nun eine weitere unnötige Baustelle in der Anlage aufgetan, die oben genannten Projekte sollten doch zuerst ausgeführt werden.

Seit Jahren beklagt ein Anlieger des Reichenbachs, dass ein ausgespültes Bachbett hinter dem Kriegerdenkmal 1870/71 zu sanieren sei, bevor es einzustürzen droht, bis jetzt ohne jeglichen Erfolg. Müssen weitere Sonderverkäufe für die Hubert-Fassbender-Anlage der Stadt getätigt werden, um diese Idee unter allen Umständen umzusetzen, wobei der Reichenbach nicht durch Abwässer oder Schadstoffeinträge belastet ist und wird! Das Hessische Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucher (HMULV) bietet eine Verlängerung der Frist bis 2027 unter bestimmten Bedingungen an. Diese gilt es dringend zu überprüfen, bevor man ein intaktes Bachbett bei der zurzeit katastrophalen Finanzlage der Stadt zerstört.



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