Die Kerb – eine Institution, die soziales Engagement hervorbringt: Erlös aus Erbsensuppe geht an Kindergarten

Beim Frühschoppen im Festzelt trafen sich Nachbarn und Freunde – auch dieses Angebot gehört seit Jahren zu den tragenden Säulen der Schneidhainer Kirchweih. Fotos: privat

Schneidhain (el) – Eben gerade sind die Aufräumarbeiten zur Schneidhainer Kerb zu Ende gegangen und Oliver Ernst und seine Mitstreiter vom Vereinsring sowie die vielen Ehrenamtlichen, die mit eingebunden sind, können aufatmen: Die viertägige Kerb ist wieder mal auf große Resonanz gestoßen und das über alle Altersgrenzen hinweg.

Seit Jahren sei man dabei die Kerb weiterzuentwickeln und habe nun das passende Rezept gefunden, freut sich Oliver Ernst, der ebenso wie Christine Grafe und Gerhard Heere maßgeblich an der Organisation des Ganzen beteiligt ist und am „Masterplan“ gefeilt hat, um beispielsweise am Freitag einem jungen Publikum einen Discoabend anbieten zu können, am Samstagabend eine Cover-Band, die alle Altersklassen gleichermaßen bedient und am Sonntag einen Frühschoppen im traditionellen Blasmusik-Sound.

„Uns helfen auch viele Freiwillige, losgelöst von den Vereinen“, weiß Oli Ernst, dass er sich auf die Schneidhainer Hilfsbereitschaft verlassen kann und sei es auch, dass diese ganz spontan und unmittelbar anlaufen soll und muss. Auch für diese Fälle sind die Schneidhainer Kerbeliebhaber bestens gerüstet. „Kerbe Logistic“ – unter diesem Namen ist eine WhatsApp Gruppe gegründet worden, der mittlerweile zirka 30 Mitglieder angehören und die zum Ziel hat, schnell vor Ort zu sein, falls jemand Hilfe braucht. Ähnlich wie dem „Flash Mob Prinzip“ wird Hilfe über die Gruppe angefordert – dass diese an einem bestimmten Ort benötigt wird und schon sind die Gruppenmitglieder – erst eines, dann zwei, dann eine Handvoll vor Ort. Da macht es Laune, so etwas wie die Kerb zu organisieren und durchzuführen.

Dieses an einem Strang ziehen erlebe man auch unter der Federführung des Vereinsrings bei der Fassenacht und beim Martinszug, sagt Ernst, der selbst mit der Schneidhainer Kerb groß geworden ist und froh ist, die Begeisterung für diese Tradition nun auch an seine beiden Töchter weitergegeben zu haben, die sich bei den Kerbeborsch bzw. -mädels, die zu den Stützen dieser Kirchweih zählen, engagieren.

„Für jeden Tag der Kerb haben wir versucht ein neues Thema umzusetzen und das hat auch gut geklappt“, freut sich Ernst, dass die Rechnung so gut aufgegangen ist und das werde einem auch stets durch den guten Besuch, nicht nur der Schneidhainer selbst, sondern auch von den umliegenden Kerbevereinen bestätigt.

Natürlich liege das zum Teil auch darin begründet, dass die Schneidhainer selbst auf vielen Nachbarschaftskerben vertreten sind und somit umgekehrt mit regem Gegenbesuch rechnen können.

Im Grunde habe man mit der Schneidhainer Kerb einen Generationenwechsel herbeigeführt und das genau zur richtigen Zeit, so Ernst. Hauptanliegen sei es gewesen, die Kerb zu modernisieren, ohne dass diese an Attraktivität für diese oder jene Altersgruppe verliere. Die Entscheidung, ein wenig von der Volksmusik wegzukommen, ausgenommen beim Frühschoppen, wo sie sogar heiß begehrt ist, sei genau die richtige gewesen, meint der Schneidhainer, denn die Jungen würden im Moment die Kerb tragen und das liege auch daran, dass zahlreiche junge Familien hier in Schneidhain ein Zuhause gefunden hätten.

Lobende Erwähnung soll an dieser Stelle auch die Leibesstärkung zur Kerb finden und insbesondere eine sei stellvertretend für alle anderen hervorzuheben: die absolut schmackhafte, hausgemachte Erbsensuppe von Howie Hohmann, den man als Caterer für die Kerb engagiert hat.

Seinen Abschluss findet das Schneidhainer Volksfest standesgemäß mit der Beerdigung des Maskottchens, dem „Schlagges“, und dem Montag, den Oli Ernst von der Gewichtung her für die Schneidhainer in etwa mit dem Königsteiner „Burgfest-Sonntag“ als krönenden Abschluss der Feierlichkeiten gleichsetzen würde.

Hier hätten sich auch wieder alte Klassenkameraden getroffen, die sich sonst das ganze Jahr über oder sogar länger weder gesehen noch gesprochen haben. Doch nicht nur die Logistik und das Konzept haben diesmal hervorragend gepasst. Auch die Finanzen stimmen, so dass man vom Vereinsring mit Hilfe eines Kredits von privater Seite eine eigene Bühne für Veranstaltungen anschaffen kann, um unabhängig zu sein.

Dazu verfügt man auch über ein eigenes Zelt, das dank klugen Finanzmanagements schon abbezahlt ist. Noch eine lobenswerte Meldung zum Schluss: Besagter „Howie“ kann nicht nur kochen, er hat auch eine großzügige soziale Ader, von der nun der Kindergarten Purzelbaum in Schneidhain profitieren soll. Seine 300 Euro aus dem Verkauf der Erbsensuppe will er der Einrichtung spenden und damit der guten Nachrichten nicht genug: Die Kerbeborsch haben ihrerseits angekündigt, dass sie die Summe noch um zirka 200 Euro aufstocken wollen, so dass runde 500 Euro daraus werden! Das ist gelebte Solidarität in Schneidhain!

Symbolisch wird die Kerb in jedem Jahr nach erfolgreicher Durchführung von den Kerbeborsch zu Grabe getragen.

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