Eine Ära geht zu Ende – Kronberger Hof schließt im Herbst seine Pforten

Dieses gewohnte Bild wird schon bald der Vergangenheit angehören. Foto: S. Puck

Kronberg (pu) – Kaum hatte die Besitzerfamilie des Hotel und Restaurants Kronberger Hof ihr bis dato strikt gehütetes Geheimnis gegenüber Stammgästen und Vereinsvertretern öffentlich gemacht, verbreitete sich die Nachricht wie ein Lauffeuer im Ort: Der Kronberger Hof ist verkauft und schließt noch in diesem Jahr.

Auf Nachfrage des Kronberger Bote bestätigten Helga Schauer und ihr Sohn Matthias, der Entschluss zum Verkauf des seit 1934 im Familienbesitz befindlichen Hauses sei nach reiflicher Überlegung und Abwägung aus „verschiedenen Gründen rein privater Natur“ gefasst worden. Im Gespräch lassen die beiden durchblicken, der Wunsch nach neu zu setzenden Lebensschwerpunkten spielte eine tragende Rolle. Damit widerspricht die Familie mit Nachdruck sämtlichen Spekulationen, Bau und mögliche Konkurrenz durch das am Bahnhof geplante Hotel seien ausschlaggebender Faktor gewesen. „Es war eine schöne und arbeitsreiche Zeit mit vielen Höhen und Tiefen und einer Fülle unvergesslicher Erlebnisse. Es hat Spaß gemacht“, zieht die mittlerweile 70-jährige Helga Schauer, die seit ihrem 16. Lebensjahr im Hotel- und Gastronomiebetrieb als gute Seele des Hauses ihre Frau steht und für ihr stets offenes Ohr für die Anliegen ihrer Gäste bekannt, ein erstes kurzes Resümee. Familiäre Wohlfühlatmosphäre ist im Kronberger Hof gelebte Philosophie, die gleichermaßen von Geschäftsleuten, auswärtigen Gästen und Kronbergern geschätzt wird. Das Traditionslokal mit seiner gutbürgerlichen Küche und dem allseits beliebten Kellner Hedi wird nicht nur von Familien seit Jahrzehnten für bestens betreute Feierlichkeiten jeder Art von der Taufe über Hochzeit, Geburtstag bis zum Trauerfall gewählt, sondern dient einigen Vereinen als Stammlokal für Jahreshauptversammlungen, Stammtische und Weihnachtsfeiern. Auch einige der französischen Gäste aus Le Lavandou übernachten regelmäßig während ihrer Aufenthalte in der Partnerstadt bei Schauers und verbinden damit ebenfalls eine Reihe unvergesslicher Erinnerungen.

Noch bis Freitag, 27. Oktober ist der Familienbetrieb geöffnet, dann gilt es die Räumlichkeiten innerhalb eines Monats komplett zu räumen, bevor sie am 1. Dezember endgültig in den Besitz des neuen Käufers übergehen. Dessen Namen wollen Schauers aus verständlichen Gründen zum aktuellen Zeitpunkt nicht preis geben, das Ende eines der letzten Kronberger Traditionsgaststätten sei jedoch besiegelt, da das Haus abgerissen werde, um voraussichtlich einer geplanten Wohnbebauung Platz zu machen.

Aus der Historie

Der direkt am Bahnhof liegende Restaurantbetrieb mit großer Terrasse und Kegelbahn wurde im Sommer 1881 von Hotelier Arnold Hahn übernommen und als Restauration Hahn bekannt. Er richtete unter anderem das Kaiseressen aus Anlass des Geburtstags seiner Majestät des Kaiser Wilhelm II. ebenso aus wie am 16. September 1889 ein Festessen anlässlich des 25-jährigen Amtsjubiläums des damaligen Kronberger Bürgermeisters Georg Jamin. Im August 1920 verkaufte Hahn sein Lokal an einen Herrn Possig, der es unter dem Namen „Cronberger Hof“ weiterführte. Doch nur drei Jahre später meldete der Cronberger Anzeiger, der Cronberger Hof solle geschlossen werden. Die Frankfurter Conservenfabrik Max Haasen AG baute das Haus zu einem „Obstverwertungsetablissement“ um. Wann die Kronberger Konservenfabrik aufgegeben wurde, ließ sich nicht mehr genau feststellen. Auch nicht, ab welchem Zeitpunkt ein Herr Wendel das Haus sein eigen nennen durfte, das er als Cronberger Hof wieder einführte. Fakt ist allerdings der 1934 erfolgte Erwerb durch den bisherigen Adlerwirt Johannes Menges, der die Gaststätte als „Kronberger Hof“ im April 1935 wieder eröffnete. Unter seiner Regie wandelte sich das Gesicht des Gasthauses durch erhebliche Umbauten deutlich. 1936 bot der Gasthof Zimmer mit und ohne Pension an. 1945 wurde kurz vor Kriegsende sein Schwiegersohn Eichenauer neuer Eigentümer und Wirt. Kaum hatte die Familie das Haus übernommen, wurde es zwischenzeitlich von der amerikanischen Armee beschlagnahmt, bald jedoch wieder freigegeben.

Übernahme 1976

Ihm folgte 1976 seine Enkelin Helga Schauer, die mit ihrem im Oktober 2008 verstorbenen Ehemann Günter, einem „Wirt mit Leib und Seele“, das Haus zum heutigen Hotel mit sechs Doppel- und vier Einzelzimmern und Restaurant umbaute und modernisierte. „Diese Zeit direkt nach unserer Übernahme war trotz aller Arbeit eine tolle Sache, denn danach präsentierten sich die Räumlichkeiten in einem ganz anderen Erscheinungsbild“, erinnert sich die Inhaberin. Ein schwerer Einschnitt war der Tod ihres Mannes, doch die beiden Kinder Sabine und Matthias und die Enkelkinder gaben ihr die Kraft, das Haus, mit Unterstützung ihres Sohnes Matthias mit Familie, weiterzuführen. Nunmehr sahen Schauers jedoch den Zeitpunkt gekommen, neue Prioritäten zu setzen.

Verlust

„Mit dem Kronberger Hof verlieren wir eine Kronberger Institution, die über die Grenzen unserer Stadt hinaus bekannt und beliebt war. Die Familie hat uns über ihren Entschluss informiert und auch mitgeteilt, dass sie mit der künftigen Nutzung des Areals eigene Vorstellungen hat. Wir haben die Entscheidung der Familie, die aus rein persönlichen Gründen getroffen worden ist, zu respektieren“, kommentiert der städtische Wirtschaftsförderer Andreas Bloching die Neuigkeit. In diesem Moment zeige sich aber auch, so Bloching weiter, „wie wichtig die Entwicklung des Bahnhofsgeländes ist, insbesondere auch der Bau eines Hotels, schließlich werden wir durch das Fehlen des Kronberger Hofs bislang wichtige und gern genutzte Übernachtungsmöglichkeiten in Bahnhofs- und Innenstadtnähe verlieren.“

Der baldige Verlust ihres Treffpunkts stellt vor allem für die betroffenen Vereine eine Herausforderung dar. Das weiß auch Vereinsringvorsitzender Hans Willi Schmidt: „Wir wissen, dass erste Vereine auf der Suche nach Ersatz schon fündig geworden sind und werden bei Bedarf natürlich im Rahmen unserer Möglichkeiten unterstützend tätig. Zweifellos ist der Verlust des Kronberger Hofs sowohl für die Bürger als auch für die Vereinswelt ein herber Verlust!“



X