Alexandra Ehlerts Herz schlägt für die Montessori-Pädagogik

Die neue Schulleiterin der Montessori-Schule Kronberg, Alexandra Ehlert, vor dem Wochenplan. Foto: Westenberger

Kronberg (mw) – Die Sommerferien hat Alexandra Ehlert dazu genutzt, sich einzuarbeiten und die Einschulung vorzubereiten. Offiziell ist sie seit 1. September die neue Schulleiterin der Kronberger Montessori-Schule. Der Vorstand der Schule hatte sie direkt angesprochen, ob sie den vakant gewordenen Posten nach dem Weggang von Eva Gottschalk übernehmen wolle. Ehlert selbst ist leidenschaftliche Montessori-Grundschullehrerin und die Montessori-Schule mit derzeit 72 Kindern war für sie bereits vor sieben Jahren als „eine große Familie“, wie sie die kleine Schule mit drei Klassen bezeichnet, ans Herz gewachsen. Deshalb konnte die Mutter zweier Kinder, die nach vierjähriger Lehrertätigkeit an der Montessori-Schule in Kronberg zwecks Familienzusammenführung ihrem Mann vor drei Jahren nach Düsseldorf folgte, nicht umhin, das Angebot anzunehmen. Nun pendelt sie zwischen ihrer „Kleinfamilie“ und „ihrer großen Familie“, den Montessori-Schülerinnen und Schülern. Für eine Regelschule hätte sie diese Entscheidung nie gefällt, gesteht sie. Das Herz der studierten Grundschullehrerin, die nebenbei auch Diplom-Pädagogik studiert hat, ein Fernstudium in Lerntherapie absolviert und ein Montessori-Diplom abgelegt hat, schlage nun einmal für die Pädagogik Maria Montessoris, die ihr Hauptaugenmerk auf die Haltung zum Kind legt. „Hilf mir, es selbst zu tun!“, ist einer von Montessoris Leitsätzen. In Düsseldorf war sie die vergangenen Jahre an der Wichern-Schule als Lehrerin beschäftigt, einer staatlichen Gemeinschaftsschule mit Montessori-Schwerpunkt. Dort konnte sie wichtige Erfahrungen sammeln und neues Lehrmaterial kennen lernen, das sie jetzt auch mit nach Kronberg gebracht hat. Eigentlich soll sie sich als Schulleiterin nun vorrangig um die Struktur der Schule kümmern, Kollegen und Kinder bei der Freiarbeit unterstützen, den Lehrern Feedback für ihre Arbeit geben, bei aller Kreativität im Umgang mit den Kindern für ein vergleichbares Arbeiten in den Klassen und an einem guten Verhältnis mit und unter den Kollegen sorgen. Das alles jedenfalls hat sich die ebenso dynamische wie sympathische neue Schulleiterin vorgenommen: Außerplanmäßig dazu hat sie jetzt allerdings noch eine ganze Klasse erhalten, da die dafür neu eingestellte Lehrerin noch in der Vorbereitungswoche nach den Sommerferien das Handtuch geschmissen hatte. „Man muss schon sehr genau wissen, ob einem dieser Job liegt, er ist wirklich eine Herausforderung“, gesteht sie bei dem Blick zurück auf ihren Beginn als Montessori-Lehrerin. Es braucht viel Energie, Flexibilität und Umgewöhnung. „Man muss wohl selbst sehr durchgetaktet sein, sonst verliert man bei der Fülle der Aufgaben den Überblick und die Zügel aus der Hand.“ Die will sie nun in jedem Fall behalten, denn die Dritt- und Viertklässler sollen nicht noch einen Lehrerwechsel so kurz vor ihrem Schulwechsel verkraften müssen: „Wir suchen aber für das nächste Schuljahr eine neue Grundschullehrerin.“ Täglich schaut sie die Arbeit ihrer Schüler in drei Fächern durch. Durch den jahrgangs-gemischten Unterricht bis 11 Uhr ist es normal, dass die Schüler gleichzeitig nicht nur verschiedene Fächer, sondern auch inhaltlich unterschiedliche Themen bearbeiten. Ein Beispiel der Dritt- und Viertklässler: Ein Teil arbeitet mit Wortarten, andere mit Verben und Adverben, wieder ein anderes Kind übt das Präsens, während die nächste Schülerin sich mit Hessen beschäftigt und ein Schüler übt gerade Geschichten zu schreiben.

Die neuen Lehrwerke, die Ehlert aus Düsseldorf mitgebracht hat, tragen den modernen Regel-Lehrwerken Rechnung. Sie fördern in Mathematik beispielsweise nicht allein mit den vorhandenen Materialien zur Visualisierung die kognitiven Fähigkeiten der Schüler, sondern führen sie zugleich an verschiedene Lösungsstrategien für ein und dieselbe Rechenaufgabe heran. Der Montessori-Grundsatz ist jedoch der ständige Begleiter: Im Kern geht es darum, dem Kind die Materialien zur Verfügung zu stellen und es nach seinen Fähigkeiten anzuleiten, eigenverantwortliches Lernen zu erlernen, sagt sie. „Die Schülerinnen und Schüler suchen sich ihre Schwerpunkte und planen ihren Arbeitsalltag selbst.“ Aufgabe der Montessori-Lehrer ist, sie dabei zu begleiten und zu unterstützen. Diese Verantwortung zu übernehmen, sei in kaum einem Kind schon angelegt, es sei ein ganz behutsamer Weg der Verantwortungsübertragung nötig und das Montessori-Kinderhaus (im selben Gebäude) übrigens eine fantastische Vorbereitung darauf. „Dort lernen sie, von klein auf Erfahrungen zu sammeln, zu konstruieren. Wo sonst dürfen mit sie drei Jahren eine Kerze anzünden und den Hammer in die Hand nehmen.“ Das Montessori-Kinderhaus genießt in der Region einen sehr guten Ruf, weiß die neue Schulleiterin. Kindern, denen das selbstständige Planen schwer fällt, werden besonders unterstützt, indem die Lehrer ihre Themen mit planen und ihnen ihre Materialien hinlegen.

Was genau macht aber das Kind im Freiunterricht? Diese „Black Box“ soll keine bleiben, sondern für die Eltern transparenter und nachvollziehbarer werden, es wird noch mehr dokumentiert oder ohnehin schon – täglich in einem Lerntagebuch – was genau die Kinder sich erarbeitet haben. Werden Lücken im Lernstoff festgestellt, erhalten sie individuelle Vorschläge, bestimmte Lerninhalte zu vertiefen. Auch die Hausaufgaben wählen sie selbst aus der Freiarbeit heraus, nicht aus dem Ergänzungsunterricht. „Das ist auch eine Änderung von mir, denn in den Kernklassen wissen die Lehrer einfach besser über ihre Schülerinnen und Schüler Bescheid“; so Ehlert. Die Transparenz bis zu den Eltern, die gerade in der Taunusregion ihre Kinder außerordentlich stark unterstützten, wie Ehlert im Vergleich mit der Düsseldorfer Schule bemerkt hat, sei umso wichtiger. Damit, und mit einer Angleichung der Strukturen in den Klassen werde verhindert, dass Eltern meinen, ihre Kinder nur in eine bestimmte Klasse geben zu wollen. „Denn das geht nun einmal nicht“, sagt sie resolut. Die 46-Jährige ist voller Schaffensdrang. „Die vier Jahre hier habe ich damals schon in vollen Züge genossen, es war ein intensives Arbeiten.“ Dies und die „hohe Sozialkompetenz“ des gesamten Teams der Montessori-Schule hält sie nun sie ganz in ihren Händen und wirkt äußerst zufrieden damit, auch wenn sie dadurch mit ihrer eigenen Familie den Spagat wagt.



X