Frisch aus der Ballettschule: Petits Fours – Tänzerische Köstlichkeiten

Die Traumreise von Pan Tau ging über 16 Szenen, angelehnt an Geschichten verschiedener Kinderbuchautorinnen. Foto: van der Saar

Kronberg. – Wie kann man mit viel Kreativität und Liebe zum Detail wunderbare Leckereien zaubern? Das ist am vergangenen Samstag der Leiterin der Kronberger Ballettschule, Andrea Wappenschmidt, und ihren über 110 Elevinnen nach fast eineinhalb Jahren der Vorbereitung bestens gelungen.

Trotz strahlendem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen strömten zahlreiche Besucher in die ausverkaufte Aula der Altkönigschule. Und dieser Weg hatte sich gelohnt.

Die Inspiration hatte Andrea Wappenschmidt von dem Märchen Pan Tau, dem gutmütigen alten Herrn, der ohne Worte – tänzerisch, pantomimisch – Kinder und Erwachsene zum Träumen bringt. Da war der Bogen zum Ballett gespannt. Ballett braucht keine Worte, um viel auszudrücken. Und das, was folgte, war ohne Worte: Die Traumreise von Pan Tau ging über 16 Szenen, angelehnt an Geschichten verschiedener Kinderbuchautorinnen. Das Bühnenbild wurde fotografisch eindrucksvoll für jede Szene passend projiziert.

Los ging es mit Beatrix Potter, die die Mäuse tanzen ließ. Dem folgte ein märchenhafter Teil mit Mäusen, einem Schuhmacher und Elfen. Pas de Chat, Passé Développé - wunderbare Ballettschritte, dazu die Kostüme: Zartes Organza der Feenkleider traf auf täuschend echt genähte Mäuseschwänze.

Schließlich wurde es für die Schulanfänger interessant. Wer weiß schon, dass die Schultüten von Bäumen geerntet und zur Schule gebracht werden? Und wer weiß schon, dass Knecht Ruprecht und seine Zwerge dahinter stecken, die den Baum an Weihnachten bereits pflanzten. Zur Zuckertüte passt Zucker, und die Zuckertüten durften zum zuckersüßen Clog-Dance „ La Fille Mal Gardée“ von Hérold tanzen.

Dann wurde es lecker schokoladig: Pan Tau ist nämlich ein echter Schokoladenfan und durfte naschen. Aus effektvollen metallischen Kuchenförmchen in Tänzerinnengröße kamen entzückende kleine Mädchen in braunen Tütüs, die leckeren Schokotörtchen eben. Sogar die Ballettschläppchen waren braun gefärbt.

Anschließend wandelte das Publikum mit Linea durch den Garten von Claude Monet und bewunderte die Pracht der getanzten Seerosen. Peter Pan suchte sodann seinen Schatten, zeigte dabei wunderbar hohe Ballettbeine. Insgesamt bestach diese Szene durch die choreografisch anspruchsvolleren Formationen. Wer weiß schon automatisch, wo er in einer Gruppe auf der Bühne einen Kreis bilden, darin tanzen und an einem bestimmten Endpunkt wieder landen soll? Da hat man die viele Probenarbeit bemerkt, die dahinter steckt, während das Zuschauerauge genießen kann.

Nach einem effektvollen Ausflug zum Pferderennen von Ascot landete das Publikum mit Peterchen auf dem Mond. Jedenfalls entstand dieses Feeling, als Nachtfee, Blitzhexe, Windliesel, Peter, der Maikäfer und der Sandmann zum Tanz ansetzten. Schließlich wechselte die Szene und man befand sich bei Mary Poppins, wo Bert, Michael, Jane und Mary beschwingt zur Originalmusik tanzten. An dieser Stelle sei auch einmal besonders erwähnt, dass die Frauenpower der Tänzerinnen auch für männliche Rollen hervorragend geeignet war. Pan Tau, Peter Pan, ein König, Peter, John, ein Prinz, ein Mäuserich, ein Hutmacher, Bert und Michael haben tänzerisch und schauspielerisch ihren Mann/Frau gestanden und statt eines Tutu, zum Beispiel einen Bart getragen. Toll gemacht!

Weitere Szenen waren Alice im Wunderland, wo Tische unsichtbar über die Bühne glitten und Teetassen mit einem weißen Kaninchen tanzten. Ein entzückendes Solo mit langen Beinen leistete sich auch eine lila Teekanne.

Schließlich landete der Zuschauer in Deauville, da wurd‘s echt jazzig. Matrosen, die älteren Schülerinnen, zeigten wirkungsvoll, dass es beim Thema Tanz auch anders geht. Lässig leicht verkörperten sie einen modern maritimen Stil, der Lust auf „Meer“ machte. Dann kam das Traumfresserchen, das der König für seine schlaflose Tochter gefunden hat. Eine Nacht mit gutem Schlaf war für das Publikum damit auch schon gleich vorprogrammiert. Saubere Pas de Bourrées, sorgfältige Arabesques, ein kleines Pas des deux, in dem der König und die Königin tanzten – die Ballettschritte haben einfach gesessen.

Den tänzerischen Abschluss bildete eine Reise an die Mailänder Scala, in der fünf Operndamen tänzerisch überzeugten und in das große Finale überleiteten. Was dann folgte, war klar: tosender, nicht enden wollender Applaus, Bravorufe, Zugaberufe: eben das Dankeschön, das für einen Tänzer das größte Geschenk ist. Und davon gab es für alle Tänzerinnen und ihre Lehrerin, Andrea Wappenschmidt, wirklich reichlich. Und das verdient: Neben dem Tänzerischen sind besonders die Choreografien und das Feintuning durch vielfältige und passende Musikauswahl, so u.a. von J. Offenbach, Tschaikowsky, Beethoven, Adam und Philip Glass zu nennen. Jedes Kind wurde in seiner natürlichen Schönheit hervorgehoben, ohne dass es der Star des Abends sein musste. Kleine Solos, jedes Mädchen wurde in Szene gesetzt und die individuellen, aufwändig von der Tochter von Frau Wappenschmidt, Ann Katrin Junge, gestalteten und geschmackvoll genähten Kostüme zeigen, dass es nicht immer ein Tutu sein muss.

Der Leiterin der Kronberger Ballettschule merkte man schlussendlich den Stolz an, als sie ihre Elevinnen mit den Worten „Ihr seid großartig!“ lobte und sich ebenfalls bei den zirka 30 Helfern bedankte, die man auf der Bühne zwar gespürt, aber nicht gesehen hat. Mit Blumen, wie es so schön auszudrücken ist. Und das für jede Tänzerin auf der Bühne. Petits Fours, diese Köstlichkeiten hat das Publikum genießen dürfen. Für jeden Geschmack war etwas dabei – und das nebenbei – ganz kalorienfrei! Katja Diel (die)

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