Gelebte Integration – Drei Monate Flüchtlingshilfe in Kronberg

Die syrischen Flüchtlinge hatten die Arbeitsgruppe Integration zu einem typisch syrischen Buffet mit Mezze, das sind verschiedenste Vorspeisen, eingeladen. Den ganzen Tag wurde gekocht und pünktlich um 18 Uhr bogen sich die Tische unter der köstlichen Last. Für Ohrenschmaus sorgte Ferhad mit seiner Tambura – unserer Gitarre ähnlich. Der Höhepunkt war ohne Zweifel das Gedicht, das Ferhad in Arabisch vortrug und welches anschließend von Dr. Talaat Said übersetzt wurde. Anschließend wurden die Gäste zum Tanz gebeten. Foto: Schmalenbach

Kronberg (cs) – Zählt man die Gründungsveranstaltung der „Flüchtlingshilfe Kronberg“ am 16. Juli 2014 mit, dann blickt der Arbeitskreis bereits auf ein knappes halbes Jahr unermüdlicher Tätigkeit zurück. Um die 80 Kronberger engagieren sich seitdem ehrenamtlich in den vier verschiedenen Arbeitsgruppen Integration, Sprache& Bildung, Wohnen sowie Fundraising.

Die ersten Flüchtlinge wurden im Oktober letzten Jahres in der Burgstadt willkommen geheißen. Im Jugendraum des Bettenhauses in Schönberg hatten Helfer eine warme Suppe gekocht, Tee, Café und Kekse für die Ankömmlinge vorbereitet. Anschließend stand die Zimmerbesichtigung auf dem Programm. Die Situation war für alle Beteiligten neu und so galt es am Anfang flexibel und unbürokratisch für alle anliegenden Probleme pragmatische Lösungen zu finden.

Das klappt mittlerweile mehr oder weniger reibungslos. Und wenn gar nichts mehr geht, „Chef“ Hans-Willi Schmidt wird’s schon richten!

Ein großer Glücksfall war die Bereitstellung der Villa Winter als sogenannte Notunterkunft. Sie liegt nicht nur im Herzen der Stadt – Einkaufsmöglichkeiten, Rathaus und Bürgerbüro um die Ecke – sondern bietet in ihren Räumlichkeiten ideale Voraussetzungen für den nun seit Monaten täglich stattfindenden „Treffpunkt International“, der nicht nur von allen Flüchtlingen, sondern auch von vielen Kronbergern regelmäßig besucht wird. Zwischen 15 und 17 Uhr trifft man sich dort zum Kaffeetrinken, Deutsch lernen, spielen und malen.

In der Regel sind immer zwei Helfer vor Ort, den Kaffee- und Teeausschank hat mittlerweile einer der Flüchtlinge übernommen.

Ebenfalls in der Villa Winter befindet sich die Kleiderkammer, die jeweils mittwochs zwischen 17 und 19 Uhr ihre Pforten öffnet. Dort können sich die Flüchtlinge für ein paar Euro – mit denen wiederum der Treff International finanziert wird – mit warmer Kleidung eindecken.

Neben diesen lebensnotwendigen Dingen steht das Erlernen der deutschen Sprache für das Gros der inzwischen 70 Flüchtlinge ganz oben auf der Prioritätenliste. So hat die AG Sprache & Bildung bereits verschiedene Sprachkurse auf die Beine gestellt, die im Bettenhaus wie auch in der Villa Winter durchgeführt werden. Auch die Kleinsten sind gut versorgt: Sechs Kinder besuchen bereits die Viktoriaschule, eines die Kita und ein weiteres wird jetzt in die AKS eingeschult. Auch diese Kinder werden von ehrenamtlichen Helfern begleitet, denn aller Anfang, vor allem in einer fremden Sprache ist schwer.

Die Freizeitgestaltung ist auch ein ganz wichtiges Thema, vor allem für die zahlreichen jungen Männer. Hier hat sich der MTV auf Anfrage bereit erklärt, das Fitness-Studio unentgeltlich zur Verfügung zu stellen und sonntags kann gekickt werden.

Im Bettenhaus, wo inzwischen 46 Menschen ein neues Zuhause gefunden haben, nahmen vor wenigen Tagen ein Sozialarbeiter sowie ein Hausmeister ihre Tätigkeit auf, was zu einer spürbaren Entlastung der Ehrenamtlichen führen dürfte. Auch in der Villa Winter wird stundenweise ein Sozialarbeiter als Ansprechpartner zur Verfügung stehen, somit ist die tägliche Präsenz von Ehrenamtlichen nicht mehr so zwingend.

Einige der Flüchtlinge haben mittlerweile den rechtlichen Status der Duldung erreicht, was einer dreijährigen Aufenthaltserlaubnis gleichkommt. Damit einhergeht die Aufforderung, eine Arbeit sowie eine Wohnung zu finden, weitere Hürden, die zu nehmen nicht einfach werden dürfte. Immerhin sind bereits 16 Flüchtlinge in Wohnungen untergebracht, was langfristig natürlich die bessere Lösung ist, zumal ein Flüchtling mit Duldung innerhalb einer bestimmten Frist aus seiner Sammelunterkunft ausziehen muss. Wer eine Wohnung zu vermieten hat, bitte melden unter www.fluechtlingshilfe-kronberg.de

Viele der alleinreisenden jungen Männer haben Frau und Kinder, letztere im Kleinkind- und Säuglingsalter zurückgelassen, da eine gemeinsame Reise zu teuer und zu gefährlich gewesen wäre. Sobald die Duldung vorliegt, möchten sie natürlich endlich ihre Familie nachholen – wie diese aus umkämpften Städten wie dem syrischen Aleppo nach Kronberg kommen sollen ist allerdings ein Rätsel.

Da bis Ende dieses Jahres ungefähr 180 Flüchtlinge in der Burgstadt leben werden, prüfen derzeit die Stadt und der Kreis weitere Unterbringungsmöglichkeiten. Dabei geht es unter anderem um ein privates sowie städtische Grundstücke auf denen Unterkünfte in Elementarbauweise entstehen sollen.

Nach nur drei Monaten kann die Flüchtlingshilfe Kronberg eine durchweg positive Bilanz ziehen.

Was anfangs nicht nur auf Gegenliebe gestoßen ist, hat sich jetzt zu einem Projekt entwickelt, mit dem sich viele Bürger identifizieren. Man hat sich kennengelernt, Vorurteile abgebaut und Vertrauen aufgebaut – nur so kann auf Dauer Integration gelingen.

Kronberg, Du Braut der Berge, Du hast mich aufgenommen und umarmt, als meine Heimat blutete.

Kronberg, Du bist wie ein warmer Kuss im Winter.

Von Dir sende ich meine sehnsüchtigen Gedanken an meine verwundete Heimat.

Kronberg, wo abends die Nachtigall singt und meine Tränen dahin trägt, wo sich die Berge vor Schmerz und Wut krümmen.

In meine Heimat, wo Mütter weinen, wo Angst und Kälte in den Knochen der Kinder nisten.

Schwarze Fahnen wehen über unserem Land, schwarze Bärte bevölkern die Straßen, bereit zu jeglicher Gewalt.

Kronberg, aus Deiner Schönheit schöpfe ich Zufriedenheit und Zuversicht.

Kronberg, Du hast mir Ruhe und Wärme geschenkt wie der Schoß meiner Mutter.

Ferhad Chiloki



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