Guaita-Park Initiative belegt Fällung gesunder Bäume mit Gutachten

Kronberg (mw) – Die Guaita-Park Interessengemeinschaft mit Prof. Harald Jossé als Sprecher hat die Fällarbeiten auf dem Gelände der ehemaligen Abs-Villa, deren Eigentümer die Real Estate GmbH ist, mit 121 Fotos, die am 15. Februar dieses Jahres auf dem Gelände entstanden sind dokumentiert. Die Fotos zeigen vorrangig die Querschnittsflächen der gefällten Bäume, sogenannte „Stubbenquerschnittsflächen“. Diese wurden dem Baumexperten Prof. Dr. Ulrich Weihs, Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen und von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen in visueller Form zur Auswertung zugestellt, da die Guaita-Park Initiative vermutet, dass hinter den Pflegearbeiten auf dem 4,5 Hektar großen waldähnlichen Areal, Raum für möglicherweise geplante Baufenster geschaffen werden soll (wir berichteten).

In dem 15-seitigen Gutachten kommt Baumexperte Ulrich Weihs zu folgendem Fazit: „Die visuelle fotografische Auswertung von Stubbenquerschnittsflächen gefällter Bäume im Guaita-Park in Kronerg ergab, dass neben einer Reihe von Bäumen, die im Bereich der Fällebene stärkere Schäden aufwiesen, der überwiegende Anteil der Stubbenquerschnittsflächen gesund war.“ Deshalb „sollte aus sachverständiger Sicht vor Durchführung weiterer Fällungen die Vitalität und Verkehrssicherheit der betreffenden Bäume im Rahmen einer fachlich qualifizierten Inaugenscheinnahme (Regelkontrolle nach FLL 2010) überprüft werden.“ In vielen Fällen könnten Bäume durch baumpflegerische Maßnahmen nämlich erhalten werden, ihre Fällung also verhindert werden.

Jossé merkt dazu an: „Zudem attestiert Prof. Weihs der Real Estate GmbH „unpflegliche Schnittmaßnahmen, die nicht dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen, da sie zu einer bleibenden Verstümmelung der betroffenen Bäume führen. „Insbesondere die älteren Rotbuchen, reagieren auf Kappungen mit einem starken Vitalitätsrückgang, der mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit innerhalb der nächsten Jahre zum Absterben der betroffenen Bäume führt“, heißt es in dem Gutachten.

„Das Gutachten legt nahe, dass die vom Magistrat der Stadt genehmigte Fällung von 40 Bäumen sowie Rückschnitt von 13 weiteren Bäumen teilweise rechtswidrig war“, betont Jossé. „Der Magistrat hat es unter Verletzung des verwaltungsverfahrensrechtlichen Untersuchungsgrundsatzes (Paragraf 24 VwVfG) unterlassen, die Vitalität der Bäume von Amts wegen zu ermitteln und insbesondere ein Gutachten auf Kosten des Grundstückseigentümers dazu einzuholen“, kritisiert er. Eine solche Sorgfalt hätte ausweislich des jetzt von der Interessengemeinschaft vorgelegten Gutachtens von Professor Weihs nicht nur „zahlreiche Bäume gerettet, sondern auch den Fortpflanzungsraum geschützter Tierarten gesichert“.

„Wir fordern deshalb nochmals eindringlich die Untere und Obere Naturschutzbehörde sowie das Amt für Denkmalschutz auf, die weiteren ,Pflegearbeiten‘ sofort zu unterbinden und deren Notwendigkeit zunächst sorgfältig untersuchen zu lassen.“ Er behauptet: „Bereits jetzt sind die Nist-, Brut- und Rückzugsplätze zahlreicher Tiere mit hoher Wahrscheinlichkeit zerstört.“

Weiter informiert er darüber, dass die Interessengemeinschaft Guaita-Park ab sofort eine eigene Website gestartet hat. Unter www.Guaita-Park.de können sich alle interessierten Bürger darüber informieren, „welche Konsequenzen eine bauliche Verdichtung mit einer Zerstörung des historischen Abs-Geländes sowie weiterer Abweichungen vom Bebauungsplan für das umliegende Wohngebiet und letztlich ganz Kronberg hätten“, sagt Andreas Sieler, der für die Website der IG verantwortlich zeichnet.

Die Interessengemeinschaft setzt sich dafür ein, den aktuell gültigen Bebauungsplan Guaitapark der Stadt Kronberg vom 24. Dezember 1991 beizubehalten und nicht im Rahmen des geplanten Stadtentwicklungskonzeptes möglichwerweise zu verändern oder gar aufzuheben. „Wir sehen das Gelände als ein in seiner Struktur erhaltenswertes Wohngebiet mit einer aufgelockerten Bebauung und viel Grünflächen. Insbesondere das historische Gelände des Guaita-Parks ist ein einzigartiges Biotop mit wertvollem alten Baumbestand und zahlreichen Rückzugsmöglichkeiten für Tiere und Pflanzen“, argumentieren sie.

Der zuständige Dezernent der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises, erster Kreisbeigeordnete, Uwe Kraft, bezieht zu dem Gutachten folgendermaßen Stellung: „Die im Gutachten gemachten Aussagen fokussieren sich im Wesentlichen auf Art und Umfang der Fällmaßnahmen beziehungsweise auf die Vitalität der Bäume.“ Fällungen im Innenbereich der Stadt Kronberg seien durch die bestehende Baumschutzsatzung der Stadt Kronberg geregelt und „bedürfen einer entsprechenden Genehmigung durch die Kommune“. Kraft weiter: „Inwieweit die beschriebenen Fällungen vollumfänglich durch die Stadt Kronberg genehmigt wurden, entzieht sich unserem derzeitigen Kenntnisstand. Und er betont: „Konkrete Hinweise auf die Zerstörung von Nisthöhlen, wofür sich eine Zuständigkeit des Hochtaunuskreises als Untere Naturschutzbehörde ergäbe, werden in dem vorgelegten Gutachten von Professor Weihs nicht beschrieben.“ Zwar stelle er in seinem Gutachten unter dem Punkt „Natur- und Artenschutzaspekte“ generell und richtig fest, dass Bäume in der Alterungsphase, wie sie zahlreich im Guaita-Park vorkommen, „geeignete Habitate für Höhlenbrüter, Fledermäuse usw. darstellen“. Doch er stelle nicht „konkret fest, dass durch die von der Stadt in eigener Zuständigkeit genehmigten Fällungen auch derartige Habitate zerstört wurden“.

Auch die Aussage von Professor Jossé, wonach „bereits jetzt sind die Nist-, Brut- und Rückzugsplätze zahlreicher Tiere mit hoher Wahrscheinlichkeit zerstört“ seien, sei lediglich eine „Mutmaßung“. „Sie bedarf einer Überprüfung.“ Und er informiert: „Unabhängig davon sind umfangreiche Ersatzmaßnahmen seitens des Flächeneigentümers in Form von diversen zusätzlichen Nisthilfen zugesagt. Selbige Maßnahmen werden seitens der Unteren Naturschutzbehörde überprüft.“ Unter Berücksichtigung der „immer noch auf dem Areal vorzufindenden Nistmöglichkeiten und der angedachten Ersatzmaßnahmen, stellten die Fällungen nach derzeitigem Kenntnisstand keinen artenschutzrechtlichen Verbotsbestand dar“. „Die neuerlichen Vermutungen sollen aber kurzfristig noch einmal bei einem Ortstermin überprüft werden“, kündigt er an.

Eine Stellungnahme zu den Vorwürfen, die Stadt habe hier unter Umständen ihre Aufsichtspflicht vernachlässigt, stand bei Redaktionsschluss noch aus.



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