Handy-Garage für das Smartphone Eigenverantwortung ist gefragt

Sorgen an der Altkönigschule für mehr Medienkompetenz, v.l.n.r.: Gregory Grund von den Digitalen Helden, Anja Hartmann, neue Medien-Beauftragte des Ausschusses Soziales Lernen und Prävention sowie Ralph Ott, Lehrer an der Altkönigschule, Kronberg. Foto: Stechl

Kronberg (ks) – Whatsapp ist mit 85 Prozent die am häufigsten genutzte Social Media-App der Schülerinnen und Schüler an der Altkönigschule (AKS). Weit abgeschlagen dahinter liegen Snapchat mit 48 und Instagram mit 44 Prozent. Facebook wird nur von 25 Prozent genutzt. E-Mails werden immerhin von der Hälfte der AKS-SchülerInnen gelesen (51 Prozent). So lautet das Ergebnis der jüngsten Umfrage unter 585 Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufe fünf bis neun. Um dieser intensiven Nutzung des Smartphones entgegenzuwirken und eventuellen Missbrauch zu vermeiden, empfiehlt Medienpädagoge Gregory Grund von den Digitalen Helden, Frankfurt, den Eltern, keine Drohkulissen aufzubauen, sondern als Vorbild voranzugehen und gegebenenfalls einen Mediennutzungsvertrag mit ihren Kindern abzuschließen. Vom Handy-Entzug, der noch vor ein paar Jahren gepredigt wurde, ist heute also keine Rede mehr, viel mehr soll der eigenverantwortliche Umgang mit dem Handy trainiert werden. Zum Beispiel in Form eines festen Platzes im häuslichen Umfeld, wo das Handy nachts oder in Ruhephasen am besten aufgehoben ist: In der Handy-Garage.

Der Vortrag von Gregory Grund, „Das Smartphone, Whatsapp und mein Kind“, war Teil des „Medienscout“-Projektes an der AKS, das vom Ausschuss Soziales Lernen und Prävention organisiert wurde und jetzt im vierten Jahr läuft. Der Ausschuss kümmert sich um die Vermittlung von Inhalten, die wichtig sind, aber nicht zum offiziellen Teil des currikulums der hessischen Schulen gehören. Bereits Mitte der 90er-Jahre war der Ausschuss ins Leben gerufen worden, den Ralph Ott, Lehrer für Geschichte und katholische Religion an der AKS, 2011 übernommen und weitergeführt hat. Während sich der Ausschuss Soziales Lernen und Prävention anfangs mit der Suchtprävention von Alkohol und Drogen befasste, wurde das Thema Mediennutzung erst 2012 in das Ausschuss-Programm aufgenommen. Über den ehemaligen Jugendmedienschutz-Beauftragten Günter Steppich war der Kontakt zu der gemeinnützigen GmbH, Digitale Helden, zustande gekommen. Und so hatte Medienpädagoge Gregory Grund auf Anregung von Anja Hartmann, die den Bereich Neue Medien im Ausschuss Soziales Lernen und Prävention an der AKS betreut, 2014 bereits einen Vortrag zum Thema „Gaming“ gehalten.

„Ich freue mich, dass heute so ausgesprochen viele Eltern und Schüler gekommen sind“, sagte Grund gleich zu Beginn der Veranstaltung. Damit wies er das vollbesetzte Atrium des Campus B schon auf die neuesten Erkenntnisse aus der Medienpädagogik-Forschung hin, nämlich dass die Eltern in dieser Altersgruppe noch eine wichtige Rolle spielen. Nach dem kompakten, aber kurzweiligen Vortrag über Whatsapp, Snapchat, Instagram und Facebook appellierte er an die Eltern: „Sie sind Vorbild! Ihre Einflüsse sind größer als Sie denken!“ So deckten sich die Ergebnisse der AKS-Umfrage weitgehend mit den Statistiken aus dem bundesweiten Durchschnitt: „58 Prozent der Kinder und Jugendlichen holen sich bei Internet-Problemen Hilfe bei ihren Eltern, 38 Prozent gaben an, sich von ihren Freunden helfen zu lassen, 27 Prozent lassen sich von ihren Geschwistern beraten und nur zwei Prozent wenden sich an ihre Lehrer!“ Grund betonte, dass sich die Studienergebnisse nur auf Kinder und Jugendliche von Jahrgangsstufe fünf bis neun beziehen; mit steigendem Alter der Kinder und Jugendlichen änderten sich die Werte gründlich. Und gerade deshalb sei der Einfluss der Familien auf das Medienverhalten der jungen Jugendlichen so groß. Gregory Grund, der im Hauptberuf an der Goethe-Universität in Frankfurt und als Buchautor tätig ist, sagte: „Legen Sie Grundregeln zur Mediennutzung fest! Besprechen Sie die Passwörter!“ Im Hinblick auf Sexting oder Mobbing empfahl er, gemeinsam sowohl über die eigenen als auch die Persönlichkeitsrechte von anderen nachzudenken. „Fördern Sie Empathie! Bleiben Sie neugierig und bilden Sie sich selbst fort“, fuhr er fort. Nicht zuletzt helfe es auch, Netzwerke mit anderen Eltern zu bilden, zum Beispiel mit den Eltern der Klassenkameraden.

Weiter forderte Grund, den Kindern auch Gelassenheit beizubringen. Gut ein Fünftel (21 Prozent) gab an, dass ihnen „immer ,on‘ zu sein“ Stress verursache. Grund: „Die Kinder müssen lernen, die Erwartungshaltung der anderen nicht ständig erfüllen zu müssen!“ Die Krux bei den Social Media liege darin, dass jeder in nur wenigen Sekunden lernen könne, wie Whatsapp, Snapchat & Co. funktioniert, „wie man anderen gegenüber Respekt zollt, ist dagegen eine ganz andere Sache.“

Grundsätzlich ginge es beim vernünftigen Umgang mit den digitalen Medien darum, die Kinder möglichst früh in den Reflexionsprozess miteinzubeziehen, zum Beispiel mit der „Handy-Garage“. Nachts hätte diese auch den Vorteil, dass das Handy nicht direkt neben dem Kind aufbewahrt wird. Denn abgesehen von der Gefahr des ständigen „Lunzens“ nach einer neu hereingekommenen Nachricht halte der Blau-Anteil des leuchtenden Handy-Bildschirms die Kinder auch vom Schlafen ab. Der Blau-Anteil imitiert das Sonnenlicht und sorgt mittels Melatonin-Ausschüttung des Körpers für das Wachbleiben in der Nacht.

Wer einen Mediennutzungsvertrag mit seinem Kind abschließen will, kann unter www.mediennutzungsvertrag.de fündig werden. Darüber hinaus bietet Digitale Helden regelmäßige Webinare (Seminare über das Internet) zur Mediennutzung an (www.digitale-helden.de). Zum Medienscout-Programm der AKS gehören neben dem Elternabend auch entsprechende Vorträge in den Klassen. Unter der Leitung von Anja Hartmann haben sich in diesem Frühjahr rund 20 Schülerinnen und Schüler aus der Oberstufe zu Medienscouts ausbilden lassen. In den kommenden Wochen gehen die Medienscouts durch die Klassen und klären die jüngeren Schülerinnen und Schüler über die Risiken und Gefahren bei der Nutzung von Social Media-Apps auf. Bislang haben bundesweit 64 Schulen am Medienscout-Projekt teilgenommen. Angesichts der intensiven Mediennutzung der Jugendlichen bleibt zu wünschen, dass das Programm flächendeckend Schule macht.



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