Leserbrief

Aktuell

Unser Leser, Manfred L. Bickel, Bahnhofstraße 15, Kronberg, schreibt unter der Überschrift „Hessen-Prinz als König von Finnland“ Folgendes: Der Hörfunk-Journalist i. R. Heinz Grossmann, angesehener Kronberger Bürger, bemängelt die seinem Verständnis nach von lokalen Printmedien betriebene Vernachlässigung der Darstellung der Rolle des von 1902 bis zu seinem Tod 1940 in Kronberg auf Schloss Friedrichshof ansässigen „Kronberger“ Hessenprinzen Friedrich Karl (ab 1925 Chef des Hauses und den Titel Landgraf führend), „der 1918 zum König von Finnland gewählt (!) wurde.“ Er fragt bei Kronberger Boten, Stadtarchiv und auch bei meiner Wenigkeit nach „Artikeln in Archiven über diesen Prinzen als König u. sein Scheitern an England“. Sein Scheitern an England? Wie bitte? Prinz Friedrich Karl hat im Dezember 1918, nach verlorenem Weltkrieg, seinen Thronverzicht endgültig erklärt. Und der renommierte finnische Autor Anders Huldén, der dieses fast vergessene Kapitel deutsch-finnischer Beziehungen in seinem Buch „Finnlands deutsches Königsabenteur 1918“ (Reinbeck 1997) akribisch erschlossen hat, kommt zu dem Schluss: „Wenn der König gekommen wäre, wären die Folgen für Finnland wahrscheinlich katastrophal gewesen. Ein Finnland mit einem deutschen Prinzen auf dem Thron, mit deutschen Truppen im Land und mit einer hundertprozentig deutschgesinnten Regierung wäre von den Siegermächten des Weltkrieges selbstverständlich wie ein Feindesland angesehen und auch behandelt worden. Im schlimmsten Fall hätte Finnland in der Schlussphase des großen Krieges noch in dessen militärische Auseinandersetzungen verwickelt werden können. Danach wären unter Umständen die finnischen Grenzen auf einem mit Karten überhäuften Verhandlungstisch während der Friedenskonferenzen, auf denen Finnland kein Rederecht und kaum einen Freund gehabt hätte, neu gezogen worden. … Trotz seiner guten Vorsätze ist kaum anzunehmen, daß es Friedrich Karl unter diesen Umständen geglückt wäre, sich lange auf dem Thron zu halten. Ein neuer und sicherlich noch aufreibenderer Kampf um die Staatsverfassung wäre entstanden. Dieser Kelch ist an Finnland vorübergegangen. Das war in gewissem Maße auch der Haltung Friedrich Karls zu verdanken.“

Hingewiesen auf diesen Titel mit seinen 281 Seiten erhalte ich von Heinz Grossmann zur Antwort: „Prinz Wolfgang (‚96 bis ‚89) brauchte nur 11 Seiten.“ Nun denn, Prinz Wolfgang, als ältester Sohn eines imaginären finnischen Königs Friedrich Karl designierter Thronfolger desselben, beschreibt seine Erinnerungen an diese Episode recht nüchtern in seinen „Aufzeichnungen“ von 1986 auf den Seiten 108 bis 120, einzusehen im Stadtarchiv Kronberg. Der Autor Anders Huldén schöpft aus ihnen und interviewt sogar Prinz Wolfgang von Hessen. Der Titel „Finnlands deutsches Königsabenteuer 1918“ von Anders Huldén ist einseh- und ausleihbar in der Stadtbücherei Kronberg.



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