Parlament lehnt Vergabeplattform und Kita-Gebührenstaffelung ab

Kronberg (pu) – Mit dem Ziel, mehr Transparenz in die Vergabe öffentlicher Ausschreibungen zu bringen, warb die Fraktionsvorsitzende der Wählergemeinschaft „Kronberg für die Bürger“ (KfB), Dr. Heide-Margaret Esen-Baur, im Verlauf der jüngsten Stadtverordnetenversammlung erneut für den Antrag „Einrichten einer Vergabeplattform auf der Homepage der Stadt Kronberg“. Vom Haupt-, Finanz- und Petitionsausschuss war bereits insbesondere der zweite Antragsteil, die Forderung, nach erfolgter Vergabe solle auch über die Summe, den Zeitrahmen und an wen der Auftrag vergeben wurde, informiert werden, kritisiert worden. Aus diesem Grund entschied sich die KfB diesen Passus zu streichen mit dem Argument: „Wir wollen das Strategiekonzept der Europäischen Union, das Mitte 2016 fertiggestellt sein soll, abwarten, um dann gegebenenfalls diesen zweiten Teil zu beantragen.“

Nach der Recherche Esen-Baurs ist es beispielsweise in Königstein, Oberursel oder Bad Homburg gängige Praxis, öffentliche Ausschreibungen auf der städtischen Homepage zu veröffentlichen. Die letzte Ausschreibung auf der Kronberger Homepage datiere dagegen aus dem Jahr 2011. „Warum mit dieser Praxis gebrochen wurde, entzieht sich meiner Kenntnis“, kritisierte die KfB-Fraktionsvorsitzende. Ihr Werben war jedoch nicht von Erfolg gekrönt. Der Vorsitzende des CDU-Stadtverbands, Reinhard Bardtke, übernahm es, in kurzen Worten einmal mehr die Position der überwiegenden Mehrheit deutlich zu machen: „Wir sehen keine Notwendigkeit dafür, weil die Stadt Kronberg die Vergabeplattform des Landes Hessen nutzt und Transparenz damit ausreichend gegeben ist.“ Der KfB-Antrag sei deshalb völlig überflüssig. „Das ist vergleichbar mit jemanden, der einen Gürtel trägt und zusätzlich noch Hosenträger dazu anziehen soll.“ Folglich wurde der Antrag mit 24 Gegenstimmen bei zwei Befürwortern abgelehnt.

Enormer Aufwand bei wenig Ertrag

Nicht viel besser erging es der FDP und ihrer wiederholten Forderung auf Prüfantrag zur möglichen Einführung einer gestaffelten Gebühren-Ordnung im Bereich der Kindertagesstätten. Die Intention der Liberalen, durch eine diesbezügliche Änderung die Gebühren für Kinderbetreuung leistungsgerechter verteilen zu wollen, stieß auf massives Unverständnis. Der SPD-Frakionsvorsitzende Christoph König etwa sprach von einem „enormen Aufwand bei relativ geringem Ertrag“ und einer fragwürdigen Schaffung einer sogenannten Solidargemeinschaft. „Das Schwimmbad ist hochdefizitär, das bezahlen wir auch nicht nach Einkommen und die Insassen eines Krankenhauses tragen ebenfalls nicht allein die Kosten.“ Die Sozialdemokraten träten nach wie vor dafür ein, die Last auf viele Schultern zu verteilen. Ähnlich sah es Koalitionspartner CDU. Michael Ambrosius bemerkte süffissant, als gute Nachricht für den Lieblingsantrag der Liberalen könne festgehalten werden, die Idee sei rechtlich zulässig. Die schlechte Nachricht folgte auf dem Fuß: „Nicht alles, was zulässig ist, ist auch wertvoll.“ Die FDP habe mitnichten ihr soziales Gewissen entdeckt. Im Gegenteil. Bisher orientierten sich die Gebühren an der Leistung der Kindertagesstätten, ginge es nach den Liberalen, nach der Leistungsfähigkeit der Eltern. Der immense Verwaltungsaufwand, das Anfordern und Sichten der Einkommensnachweise beider Elternteile von rund 300 Kindern, stehe in keinem Verhältnis zum möglichen Ertrag. Ganz zu schweigen von dem zu erwartenden Ärger und der Androhung von Prozessen von Eltern, die knapp über der Bemessungsgrenze liegen. „Diesen Unfrieden brauchen wir nicht!“

Um den Mehraufwand deutlicher vor Augen zu führen, nannte Ambrosius das Beispiel der Stadt Langen. Dort müssten für die Realisierung dieser Idee zum 1. August zwei weitere Personen beschäftigt werden. Sogar das Finanzamt spräche laut entsprechender Pressemitteilungen von hohem Aufwand für nicht mehr Nutzen. Von möglichen Folgen durch drohenden Kindergartentourismus ganz zu schweigen. In diesem Zusammenhang erinnerte der CDU-Politiker an die vor einigen Jahren eingereichte Musterklage Wiesbadens gegen die Stadt Idstein wegen finanziellen Ausgleichs des Mehraufwands, weil in der Taunusstadt wohnender Nachwuchs Kindergärten oder Horts in der Landeshauptstadt besuchte. Die „Gefahr des selbstverschuldeten Verdrängungswettbewerbs“ sei daher alles andere als zu unterschätzen.

Auch die Fraktionsvorsitzende von Bündnis90/Die Grünen und Vorsitzende des Kultur- und Sozialausschusses, Petra Fischer-Thöns, konnte dem Vorschlag der Liberalen nichts Positives abgewinnen. Sie verwies auf den Datenschutz und die nicht von der Hand zu weisende Erkenntnis „Wer viel zahlt, will entsprechend mehr Leistung sehen“, was letztendlich in eine „Zwei-Klassen-Gesellschaft“ münde. Die Forderung der Grünen vor dem Hintergrund der Bildungsgleichheit könne daher nur lauten: „Wir wollen, dass Kronberg weiter attraktiv für Familien mit Kindern bleibt, eine Gebühren-Staffelung wäre das falsche Signal.“ Dem schloss sich auch der Fraktionsvorsitzende der Unabhängigen Bürgergemeinschaft Kronberg (UBG), Oliver Schneider, an. Gegen den FDP-Antrag votierten schließlich 23 Stadtverordnete, drei stimmten dafür.



X