Auf den Weihnachtsinseln gibt‘s kein Weihnachtsfest – eine weihnachtliche Weltreise

Kronberg (war) – Längst ist das Weihnachtsfest zu einem weltweiten „Event“ mutiert. Die Globalisierung macht auch vor dem Fest der Feste nicht halt. Machen wir daher eine Reise rund um den Globus in außereuropäische Länder, um zu schauen, wie andernorts Weihnachten gefeiert wird. Die christlichen Wurzeln, das heißt das Gedenken der Geburt Christi ist dabei vielerorts mehr oder weniger in den Hintergrund getreten. Das gilt insbesondere für Länder wie China, Indien oder Japan, die religiös gesehen keinen christlichen Hintergrund besitzen. Hier ist insbesondere der Konsumgüterindustrie daran gelegen, sich in diesen bevölkerungsstarken Nationen neue Absatzmärkte zu erschließen. Hauptsache, es gibt einen Grund möglichst viele Geschenke an die Frau und den Mann zu bringen. Im hohen Norden bei den Eskimos taucht bislang nicht die Frage auf, ob es weiße Weihnachten geben wird, denn an Heiligabend liegt grundsätzlich Schnee. Doch wer weiß, was die Klimaerwärmung noch alles anrichten wird… Da in der Arktis keine Bäume wachsen, müssen diese importiert werden oder es werden künstliche aufgestellt. Früher sollen sich die Eskimos ihre Weihnachtsbäume aus Treibholz und Moos selbst gebastelt haben. Zum Festschmaus wird Fleisch von Rentieren, Robben und Walen verzehrt. Die Menschen wünschen sich „Jutdlime pivdluarit“, was so viel wie „Frohe Weihnachten“ heißt.

Vollkommen anders sieht es in Australien aus. Hier herrscht zum Weihnachtsfest Hochsommer – also von natürlichem Schnee keine Spur, dafür gibt es umso mehr künstlichen aus der Spraydose und Watte. Der bleibt dann garantiert selbst bei 40 Grad im Schatten liegen. Da es den natürlichen Nadelbäumen bei diesen Temperaturen doch etwas zu heiß werden würde, sind Plastikbäume das Gebot der Weihnachtsstunde. Statt Glühwein und Norwegerpulli ist die Badehose bei der Strandparty an Heiligabend angesagt. Vielerorts gibt es ein fröhliches Truthahn-Barbecue und Plumpudding am Meer unter dem aufblasbaren Plastikbaum. Großbritannien als die einstige Heimat vieler Einwanderer lässt grüßen. An der Beach in Sidney zeigt Santa Claus seine neuesten Kunststücke auf dem Surfbrett – lediglich mit knallroter Badehose und wasserfestem Nylon-Rauschebart bekleidet. Da kann der deutsche Nikolaus in seiner schweren Kutte nur neidisch werden. Es soll sogar vorkommen, dass ein zahmes Känguru als Rentierersatz herhalten muss. Praktischerweise besitzen diese Beuteltiere ja gleich eine Vorratstasche für die Geschenke. In dem im Zentrum Australiens gelegenen Alice Springs kommt Santa Claus hingegen auf dem Kamel wie einst die heiligen Drei Könige daher geritten. Seit einiger Zeit verkauft zudem ein sehr bekannter deutscher Discounter mit vier Buchstaben als weltweiter Botschafter teutonischer Ess- und Lebens(un)kultur in „Down Under“ Lebkuchen. Es ist sicherlich ratsam solchen mit Schokoladenüberzug nur bei eingeschalteter Klimaanlage zu verzehren. Im benachbarten Neuseeland setzt sich als Weihnachtsbaum immer mehr der Pohutukawa-Baum durch, weil der praktischerweise im Dezember herrlich rote Blüten trägt. Die Maoris, wie die Ureinwohner Neuseelands heißen, bereiten gelegentlich an Heiligabend noch nach alter Vorvätersitte ihren Weihnachtsbraten in einem mit heißen Steinen erhitzten Erdloch zu. Als Nachtisch werden dann die mittlerweile auch in Europa gern gegessenen Boysenbeeren zusammen mit Eiscreme konsumiert. Beliebt ist auch Sahnetorte, die – wie könnte es anders sein – mit Kiwischeiben verziert ist. Natürlich ist es auf der Südhalbkugel auch kein Problem, am 24. Dezember einen leckeren Kuchen mit gartenfrischen Erdbeeren auf den Gabentisch zu bringen. Unweit von Australien befinden sich im Indischen Ozean sogar die Weihnachtsinseln. Auf Grund des Namens könnte angenommen werden, dass auf diesen gerade mal 135 Quadratmeter großen Eilanden das ganze Jahr über Weihnachtsstimmung herrscht. Das Gegenteil ist vielmehr zutreffend, da der überwiegende Teil der Bevölkerung sich zum buddhistischen und islamischen Glauben bekennt. Die Inselchen kamen zu ihrem Namen, weil sie angeblich von dem englischen Captain William Myno am 25. Dezember 1643 entdeckt wurden.

Selbst in Asien hat sich das Weihnachtsfest in zahlreichen Ländern, die nicht christlich geprägt sind, mittlerweile recht gut etablieren können. Der tiefere Sinn von Weihnachten bleibt den Menschen jedoch meist unerschlossen. So ist in Japan der 24. Dezember für den Großteil der Bevölkerung, von der sich gerade einmal 1,5 Prozent zum Christentum bekennt, ein ganz normaler Arbeitstag. Andererseits feiert der zur Zeit amtierende Kaiser („Tenno“) Akihito am 23. Dezember sein Wiegenfest, sodass an diesem Tag vor Heiligabend ein Nationalfeiertag angesetzt ist. Was liegt da näher, die Geburtstagsfeierlichkeiten gleich mit einer Weihnachtsparty an Heiligabend abzurunden. So stellen sich immer mehr Japaner einen Fullplast-Christbaum in die Wohnstube und in Tokio laufen jede Menge Weihnachtsmänner durch die Kaufhäuser, in denen amerikanische Weihnachtslieder aus den Lautsprechern dröhnen. Junge Japaner ziehen es vor an Kurisumasu, wie das Weihnachtsfest auf japanisch heißt, auszugehen und gemeinsam zu feiern. Frisch verliebte Pärchen nehmen Weihnachten als Fest der Liebe gerne sehr wörtlich und verbringen demzufolge die Nacht in sogenannten Liebeshotels. Bedeutsamer als Weihnachten ist den Japanern jedoch der Jahreswechsel. Silvester und Neujahr werden im Gegensatz zu Weihnachten traditionell im Kreis der Familie gefeiert. Für den 31. Dezember werden die Häuser auf Hochglanz gebracht sowie die Hauseingänge mit Kiefernzweigen und Strohgebinden geschmückt Als Speise sind spezielle Nudeln aus Buchweizen, die es nur zum Jahreswechsel gibt, beliebt. Abends beschenken sich die Familienmitglieder gegenseitig und gehen anschließend in den Tempel. Dort läuten die Silvesterglocken das alte Jahr aus. 108-mal müssen sie schlagen, denn so viele Leidenschaften muss der Mensch überwinden bis er die gewünschte Erleuchtung erlangt. Die Chinesen sind mittlerweile ebenfalls gut im Geschäft, wenn es um das Feiern von Weihnachten geht. Schließlich sind sie nicht ohne Grund Weltmeister im Kopieren fremder Waren und in diesem Fall auch Bräuche. Öffentliche Plätze und große Straßen sind mit Lichterketten hell erleuchtet und in den Restaurants tragen die Servicekräfte Weihnachtsmützen. Heute unvorstellbar ist, dass noch Anfang der 80-er-Jahre des letzten Jahrhunderts das Feiern von Weihnachten als christlicher und damit als religiöser Brauch aus dem Westen angesehen wurde, der nicht zu r kommunistischen Staatsideologie passte und demzufolge strikt abgelehnt wurde. In Taiwan gedenkt man praktischerweise am 25. Dezember der Verfassung von 1947. Der Termin lässt sich wunderbar mit einer Weihnachtsfeier verbinden. Den Vogel schießen jedoch die Filipinos ab, von denen sich über 80 Prozent zum Katholizismus bekennen. Auf den Philippinen ist schon vielerorts ab September Weihnachtsmusik zu hören und spätestens Anfang Dezember sollte der Plastikweihnachtsbaum im trauten Heim daran erinnern, dass es bald soweit ist. Wer sich nicht an dieses ungeschriebene Gesetz hält, fällt negativ auf. Die eigentlichen Weihnachtsfeierlichkeiten beginnen bereits am 16. Dezember. Höhepunkt ist der 25. Dezember, wenn es vielerorts eine leckere Reissuppe mit Hühnerfleisch gibt. In Indien schmücken die dortigen Christen, immerhin sind das rund 7 Prozent der mittlerweile weit über 1 Milliarde starken Bevölkerung und damit fast mehr als in Deutschland Palmen, Bananenstauden und Mangobäume mit farbenfrohen Lichterketten. An Heiligabend wird eifrig getanzt und musiziert. Im Libanon, das auf eine sehr alte christliche Tradition zurückschauen kann, bereiten sich die Gläubigen besonders intensiv vor. An den neun Abenden vor Heiligabend hören sie besondere Predigten.

In Afrika feiern die ägyptischen Kopten, wie die Christen dort heißen, erst am 7. Januar das Weihnachtsfest entsprechend dem Julianischen Kalender. Es werden spezielle mit einem Kreuz verzierte Kekse, die Kahk heißen, gereicht. Zuvor haben die Gläubigen über 40 Tage lang gefastet. Es ist Sitte, wie in vielen anderen afrikanischen Ländern auch, das Christuskind mit nagelneuen Kleidern zu empfangen. In Kenia ist es Brauch, dass die Kinder das Haus zum Weihnachtsfest sauber machen und schmücken. An Heiligabend wird eine Ziege geschlachtet und verspeist. Außerdem darf ein flotter Tanz nicht fehlen. In Togo, einst deutsche Kolonie, werden bereits vor Weihnachten bis in den Januar hinein Böller in den Himmel geschossen. An Heiligabend gehen die Kinder von Haus zu Haus, um kleine Geschenke einzusammeln. Andere ziehen mit Trommeln durch die Straßen, um lauthals zu feiern und Weihnachtslieder zu singen. In Südafrika geht es an Weihnachten ähnlich wie in Australien zu. Es herrscht Hochsommer. Was liegt daher näher, als die fröhliche Christmasparty mit Freunden an den Strand zu verlegen.

Besonders intensiv wird im durchweg katholischen Mittel- und Südamerika der Geburt Christi gedacht. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich hier europäische mit landespezifischen, vorkolumbianischen Bräuchen vermischt. Besondere Bedeutung kommt den Weihnachtskrippen zu, die in keiner Wohnung fehlen dürfen und viele öffentliche Plätze in den südamerikanischen Dörfern und Städten schmücken. In Peru werden die Figuren beispielsweise noch vielerorts nach einem jahrhundertealten tradierten Muster in Handarbeit hergestellt.

In Mexiko dominiert zu Weihnachten der Weihnachtsstern, den es mittlerweile auch in Europa überall in den Floristikläden während der Winterzeit zu kaufen gibt. Die Mexikaner nennen die Pflanze, die in Mittelamerika zu meterhohen Büschen heranwächst, passender Weise „Flores de Noche Buena“ (zu deutsch „Blume der Heiligen Nacht“). Folgende Legende rankt sich um den Weihnachtsstern: Einst wollte ein armer Junge die Krippe in einer Kirche besuchen. Auf dem Weg dorthin bemerkte er, dass er gar kein Geschenk für das Jesuskind hatte. Da pflückte er kurzerhand ein paar grüne Zweige als Blumenersatz, wofür er von den anderen Besuchern ausgelacht wurde. Nachdem er die Äste jedoch an der Krippe niedergelegt hatte, wuchsen aus ihnen plötzlich schöne rote Blüten in Sternform. In Mexiko geht es besonders bunt und lebhaft auf den neuntägigen „Posadas“ zu, wie die speziellen Weihnachtsumzüge heißen, welche zwischen dem 16. und 24. Dezember stattfinden. Die Posada soll an die Herbergssuche von Maria und Josef erinnern. Ähnliche Umzüge kannten jedoch bereits die Azteken, welche in den vorspanischen Zeiten im Dezember die Ankunft ihres Sonnen- und Kriegsgottes feierten. Beliebt sind außerdem die „Pastorelas“. Das sind Theaterstücke mit religiösem Hintergrund, welche die Jesuiten ursprünglich bei der Christianisierung der heidnischen Bevölkerung einsetzten. Thema ist meist die Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse. Durch die sieben Todsünden (Hochmut, Neid, Zorn, Trägheit, Habgier, Völlerei und Wollust) sollen die Hirten zunächst am Gang zur Krippe gehindert werden. Doch es gibt ein Happy-End, denn die Hirten gelangen letztlich zum Jesuskind nach Bethlehem, um ihm zu huldigen. An Heiligabend versuchen die Kinder, denen die Augen zuvor zugebunden wurden, mit Bonbons gefüllte Gefäße („Pinata“), die von der Decke hängen, zu zerschlagen, um an deren süßen Inhalt zu gelangen. Ursprünglich waren die Pinatas aus Ton gefertigt und besaßen sieben Spitzen, welche die gerade aufgezählten sieben Todsünden symbolisierten. Bei den Brasilianern kommt der Nikolaus ganz zeitgemäß mit dem Hubschrauber. Seine Destination ist eine der größten Fußballarenen der Welt, das Maracana-Stadion in Rio de Janeiro. Dort wird er von rund 200.000 Kindern freudig und entsprechend stürmisch empfangen. In den letzten Jahren unterstützen viele Brasilianer auch die Aktion „Weihnachten ohne Hunger“. Hierfür spenden die Wohlhabenden Lebensmittel und Geschenke, welche den vielen Bedürftigen im Lande an Heiligabend zu gute kommen. In Venezuela ziehen die „Aguinaldo“-Sänger bereits im Advent von Haus zu Haus, um mit ihrer stimmungsvollen Musik die Anwohner zu erfreuen. An Heiligabend ist die Zubereitung einer deftigen „Hallaca“ ein Muss. Dieses Nationalgericht besteht aus einer Maismehl-Teigtasche, die mit Hühner-, Schweine- und Rindfleisch gefüllt wird. Außerdem kommen noch Kümmel, Kapern Schwarzer Pfeffer und viele andere Gewürze hinein. Das ganze wird in Bananenblättern gedämpft. Jede Familie hütet ihr eigenes Geheimrezept für die weihnachtliche Hallaca.

Die Indios in Ecuador kommen an Heiligabend zum Anwesen ihres Landbesitzers, für den sie das Jahr über die Felder bestellt haben. Dort beten sie für ihren Herrn, dieser richtet im Gegenzug ein Fest aus. Tangotanzen ist in Argentinien an Heiligabend nach dem Gottesdienst angesagt. An Mitternacht werden dann im ganzen Land große Feuerwerke abgebrannt.



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