Dr. Jürgen Klostermann: Kronberger Arzt und Maler aus Leidenschaft

Der Arzt Dr. Jürgen Klostermann hat sich in diesem Gemälde – im wahrsten Sinne des Wortes – ein Bild von zwei Patientinnen gemacht. Fotos: Wittkopf

Oberhöchstadt (pf) – Seine Bilder berühren, ziehen in ihren Bann, wecken Emotionen. Sie lassen den Betrachter nicht kalt, wirken durch die Deutlichkeit ihrer Aussage. Dr. Jürgen Klostermann, dessen großformatige Gemälde in zumeist kräftig leuchtenden Farben derzeit im Ausstellungsgang des Altkönig-Stifts zu sehen sind, ist im Hauptberuf Arzt für Allgemein- und Sportmedizin, seit 35 Jahren in eigener Praxis, früher in Schwalbach, jetzt in Kronberg. Aber Malerei ist schon seit Schulzeiten seine große Leidenschaft.

Kunst oder Medizin - nach dem Abitur fiel ihm die Wahl des Studiums, wie er bekennt, schwer. Er entschied sich für den Arztberuf, aus der Überlegung heraus, damit mehr bewirken zu können. Aber Medizin und Malerei blieben für ihn enge Weggefährten. Sein Atelier befindet sich unmittelbar neben seiner Praxis und nicht selten regen ihn Begegnungen mit Patienten zum Malen an.

„Bildhafte Vorstellungskraft gehört zwingend zur ärztlichen Tätigkeit“, sagt er. „Medizinische physikalische Verfahren wie Röntgen, Sonographie, Kernspintomographie, Endoskopie ermöglichen reale Abbildungen vom physischen Inneren des Körpers und können körperliche Ursachen für Störungen der Gesundheit erschließen. Ich bemühe mich aber, bei Patienten auch über den körperlich-seelischen Zusammenhang Krankheitsursachen aufzudecken. Malen“, meint er, „kann einen weiterführenden diagnostischen Prozess einleiten, indem es neben dem physisch Offensichtlichen das unter der Oberfläche verborgene Seelische des Menschen herauszufinden versucht.“

Das wird beispielsweise in den Porträts zweier Patientinnen deutlich, die nach einer Chemotherapie ihre Haare verloren. Sie hatten sich in seinem Wartezimmer kennen gelernt und angefreundet. Was sie im ärztlichen Gespräch nicht sagten, offenbarte sich ihm beim Malen. Er machte sich – im wahrsten Sinne des Wortes – ein Bild von seinen Patientinnen, mit viel Respekt und Sympathie. Zum nächsten Termin kamen beide Frauen gemeinsam. Und als er ihnen später die Bilder zeigte, berichtet er, hätten sie sich nach einiger Zeit des Betrachtens mit Tränen in den Augen umarmt. „Und eine von ihnen sagte, die Bilder hätten etwas Heilendes – was mich beglückte.“

Malen bereitet ihm aber auch, wie er erzählt, eine fast kindlich spielerische Lust. Aus Formen und Farben erwachen Bilder zum Leben. Das wird beispielsweise in einem Gemälde deutlich, in dem er wie in einem Vexierbild ein Porträt seiner Mutter und ein Selbstbildnis „versteckt“ hat. Erst bei genauem Hinsehen erschließen sich die beiden Gesichter dem Betrachter, blicken ihn plötzlich zwei Augenpaare an. In einem anderen Bild hat er einen Menschen- und einen Hundekopf miteinander in Beziehung gesetzt. Es gibt aber auch Bilder von Straßenszenen, Gebäuden und Landschaften.

„Konzentriertes Malen hat etwas tief Entspannendes, Befreiendes und ist Ausflug in unbeschwerte frühere Zeiten“, sagt Dr. Klostermann. „Der Prozess des Entstehens, verbunden mit Neugier auf seinen spannenden Ausgang, ist Herausforderung und tief befriedigend. Es ist immer wieder eine kleine Schöpfungsgeschichte. Ausgestattet mit Farbe, Pinsel und Leinwand greife ich quasi mit einem kleinen Kunstgriff in die Natur ein und füge ihr kraft meiner Vorstellung Bilder als Kunstprodukte hinzu.“

„Malen“, sagt er, „schult mich in der Fähigkeit des intensiven Hinsehens und fördert meine Sensibilität und Achtsamkeit für meine Umgebung. Das kommt mir bei meinem Beruf als praktizierender Arzt zugute.“

Die Zahl seiner Gemälde geht mittlerweile in die Hunderte, aber öffentlich hat er sie bisher kaum gezeigt. Nur in seiner Praxis sind sie zu sehen. Insofern ist die Ausstellung im Altkönig-Stift auch für ihn eine neue Erfahrung. Noch bis Anfang November sind seine Gemälde, die in der Zeit zwischen 1959 und 2012 entstanden, dort täglich zu sehen.

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