„Nassauer Hof“ kein Baudenkmal – Kneipe schließt vor Weihnachten

Noch bietet die Traditions-Apfelweinkneipe „Nassauer Hof“ das gewohnte Bild. Doch die Weichen für eine Veränderung sind bereits gestellt. Foto: S. Puck

Oberhöchstadt (pu) – Jetzt ist es amtlich: Der markante „Nassauer Hof“ prägt zwar seit langer Zeit den Stadtteil, die Kriterien für ein schützens- und damit erhaltenswertes Baudenkmal erfüllt das Gebäude allerdings nicht. Zu diesem Ergebnis kam Oberkonservator Dr. Dieter Griesbach-Maisant vom Landesamt für Denkmalschutz Wiesbaden, der den maroden Bau vor wenigen Wochen nach einer entsprechenden Anfrage des Magistrats Kronberg im Rahmen eines Ortstermins sorgfältig inspizierte. „Das komplette Bauwerk wurde im Laufe der Jahrzehnte durch eine Vielzahl an Maßnahmen so stark verändert, erweitert und teilweise erneuert, dass man von einer baugeschichtlichen Bedeutung nicht sprechen kann“, so Griesbach-Maisant. Dies gelte sowohl für das wahrscheinlich im 18. Jahrhundert entstandene Vorderhaus als auch für den 1905 angebauten Flügel mit Gaststätte, Saal und weiterer Anbauten. Selbst im Keller keine Spur eines alten Gewölbes. Der Denkmalschützer rief in diesem Zusammenhang in Erinnerung, das Gebäude habe bereits in der im letzten Jahr herausgegebenen Denkmaltopographie keine Aufnahme gefunden. „Als Kulturdenkmal wäre das Ganze völlig überbewertet.“ Auch für die zweite geprüfte Option, den „Nassauer Hof“ unter Umständen unter den sogenannten „Ensembleschutz“ zu stellen, gäbe es keinerlei Veranlassung. „Durch die direkt vorbeiführende Landesstraße liegt der Bau von jedweder möglicherweise erhaltenswerten Anlage weit entfernt.“ Demzufolge steht einer Abrissgenehmigung, sofern vom künftigen Eigentümer gewünscht, aus Sicht des Denkmalschutzes nichts mehr im Wege.

Mit großer Erleichterung reagierte das Betreiber-Geschwisterpaar Magdalena und Heinz-Peter Sachs auf die Nachrichten. „Wir sind natürlich froh über diese Entscheidung“, bestätigte Heinz-Peter Sachs auf entsprechende Nachfrage. Mit dieser Planungssicherheit im Rücken bereits vor dem Einstieg in das formelle Verfahren haben die Verhandlungen über den Grundstücksverkauf zunehmend an Fahrt aufgenommen. Während es sicher noch einige Wochen dauern wird, bis diesbezüglich etwas spruchreif ist, hat die Familie eine weitere wichtige Entscheidung final getroffen: „So wie es im Moment aussieht, werden wir wohl noch vor Weihnachten, wahrscheinlich am Wochenende 13. und 14. Dezember, die Pforten letztmals öffnen“, so der Kneipier.

Informationsveranstaltung geplant

Neben der Eigentümerfamilie hatte auch die mit der Grundstücksbetreuung beauftragte Blumenauer Immobilien GmbH & Co. KG den Bericht aus dem Landesamt für Denkmalschutz herbeigesehnt und in der Zwischenzeit nach Auskunft des geschäftsführenden Gesellschafters Dr. Hans Georg Deckert lediglich mit den jeweiligen Interessenten mögliche Konzepte für das 2.150 Quadratmeter große Gelände im Mischgebiet „Wohnen und Gewerbe“ soweit wie möglich abgeklopft, um sie nun wieder aus der Schublade zu holen. Laut Dr. Deckert existiert neben dem im Sommer vorgestellten provokanten Entwurf, der die Gemüter bewegt mit 12 bis 13 zwei- beziehungsweise dreigeschossigen, barrierefreien, rollstuhlgerechten Eigentumswohnungen inklusive zweier Treppenhäuser und Aufzug mit entsprechenden Außenstellplätzen sowie einer kleinen Restauration, eine zweite „etwas gemütlichere Fassung“. Auf alle Fälle werde es zum gegebenen Zeitpunkt, so Deckert, eine Informationsveranstaltung vor Ort geben, um „die Oberhöchstädter über die Planungen frühzeitig in Kenntnis zu setzen und mit ins Boot zu holen“.

Erhalt der städtebaulichen Figur des Hofes und des Kastanienbestands

Auch die zuständigen Gremien der Stadt Kronberg werden die weitere Entwicklung sorgfältig verfolgen. Wie die Leiterin des Fachbereichs Stadtentwicklung und Umwelt, Dr. Ute Knippenberger, auf Nachfrage bestätigte, würde die Stadt auch künftig eine „Restauration mit Außenbewirtschaftung an dieser Stelle begrüßen“. Darüber hinaus müsse sich die Bebauung selbstverständlich an den Bebauungsplan halten, ein besonderes Augenmerk gelte unter anderem dem Erhalt der städtebaulichen Figur des Hofes sowie der fünf auf dem Grundstück befindlichen alten Kastanienbäume. Während des Ortstermins mit dem Denkmalschutz sei deutlich geworden, dass die bisherige Planung in Bezug auf die Kastanien auf alle Fälle nochmals überarbeitet und verändert werden müsse. „Einer der Bäume steht sehr nahe am Kellergewölbe, hier muss gehandelt werden, um den Baum nicht zu gefährden“, macht Knippenberger deutlich.

Vor dem Hintergrund der im Zusammenhang mit der Schließung des Gasthauses „Nassauer Hof“ und den daraus resultierenden Veränderungen aufgekommenen Diskussion um die Erfassung und Erhaltung möglicher Kulturdenkmäler erinnert Dr. Ute Knippenberger daran, dass es gängige Praxis ist, bei jedem Bauantragsverfahren vor dem Abriss alter Gebäude diese auf mögliche Denkmalwürdigung zu überprüfen.



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