Ein Pfiff mit Folgen – Ruth und Alfred Manier feiern heute Eiserne Hochzeit

65 Jahre verheiratet und immer noch ein Herz und eine Seele: Ruth und Alfred Manier feiern heute das einzigartige Fest der Eisernen Hochzeit. Foto: Wittkopf

Kronberg (pf) – Als sie sich kennen lernten, war Ruth noch ein Backfisch, wie man damals sagte, gerade 16 Jahre alt. Alfred war schon 20. „Der ist viel zu alt für dich, hat meine Mutter damals gesagt“, erinnert sich Ruth Manier schmunzelnd. „Aber ich habe sie daran erinnert, dass sie auch 16 war, als sie meinen Vater kennen lernte. Wir sind eben früh dran“. Das war 1947, eine Zeit, in der es den Menschen schlecht ging und Lebensmittel knapp waren. Ruth machte gemeinsam mit Freundinnen ein landwirtschaftliches Jahr in Oberursel-Bommersheim. Wenn sie Feierabend hatten, gingen die Mädchen die Adenauer Allee hinauf zur Bärenkreuzung. Vor dem Kino saß dort stets eine ganze Clique von Jungen auf einem Geländer, das den Fußweg von der Straße trennte, und pfiffen den Mädchen hinterher. Die nahmen das als Kompliment lachend zur Kenntnis.

„Und dann habe ich sie mal ins Kino eingeladen“, erzählt Alfred Manier. Welchen Film sie sich damals ansahen, wissen beide nicht mehr. Aber seit dem Kinobesuch sind sie zusammen. Silvester zwei Jahre später war Verlobung, weitere zwei Jahre später, am 21. Juli 1951, Hochzeit. Heute feiern sie das seltene Fest der Eisernen Hochzeit. „Es war nicht immer heile Welt“, meinen beide rückblickend. „Man muss viel ab- und zugeben. Aber man wächst zusammen und wir hatten immer viel Vertrauen zueinander.“

Ruth Manier ist ein Frankfurter Mädchen. Am 9. Juli 1931 kam sie zur Welt und wurde mit Mainwasser getauft. Im Krieg wurde ihre Familie gleich zweimal ausgebombt und zweimal nach Oberems evakuiert. Der Vater, der in einer Schuhmaschinenfabrik in Rödelheim arbeitete, lief am Samstag nach Feierabend den ganzen Weg zu seiner Familie in den Hintertaunus und am Sonntagnachmittag wieder zurück nach Rödelheim. 1946 nach Ende des Krieges mit seinen verheerenden Bombenangriffen auf Frankfurt zog die Familie nach Oberursel.

Dort lebte auch Alfred Manier. Das Licht der Welt hatte er am 3. Dezember 1927 in Kiel erblickt, wo der Vater als Maschinist bei der Marine tätig war. Als er zwei Jahre alt war, zog die Familie nach Oberursel, wo der Vater bei Klöckner-Humboldt-Deutz nicht nur Arbeit, sondern obendrein auch noch eine Werkswohnung bekommen hatte. Nach der Schule wollte Alfred Dreher werden, musste die Lehre jedoch abbrechen, weil er 1944 mit 16 Jahren noch zum Militär eingezogen und an die Front nach Ungarn geschickt wurde.

Den Krieg überlebte er glücklicherweise unbeschadet und kehrte mit 17 Jahren nach Oberursel zurück. Die Dreherlehre wollte er nicht wieder aufnehmen. Stattdessen wurde er Schreiner. „Ich habe aber nur zwei bis drei Jahre in dem Beruf gearbeitet. Die meiste Zeit meines Berufslebens, insgesamt 27 Jahre lang, war ich Fahrer für die Societätsdruckerei, die damals noch in der Frankenallee in Frankfurt war“, erzählt er. Im Dezember 1951 war Sohn Rainer geboren worden. „Das war mein schönstes Erlebnis“, bekennt Ruth Manier auf die Frage, woran sie in ihrem langen Leben am liebsten zurück denkt. „Und später die Geburt der Enkeltochter und der Urenkelkinder“, fügt sie hinzu. Urenkelin Luina ist heute vier Jahre alt, Urenkel Leonas Noah feiert im September seinen zweiten Geburtstag.

Die ersten Jahre nach der Hochzeit lebte das junge Paar mit ihrem Sohn in Oberursel-Bommersheim. Den Wunsch nach einem eigenen Haus konnte sich die junge Familie jedoch damals in Oberursel nicht erfüllen. Doch im benachbarten Oberhöchstadt, wo die Schwester einen Freund hatte, fanden sie ein Baugrundstück und wagten sich ans Bauen. In dem Haus, das sie 1962 bezogen, steckt sehr viel eigene Arbeit. „Sonst hätten wir uns das gar nicht leisten können“, meinen sie. „Es war eine arme, aber schöne Zeit“, erinnern sie sich. In den ersten Jahren betrieben sie in ihrem Haus einen kleinen „Tante-Emma-Laden mit Lieferservice“. Nach seiner Schließung arbeitete die gelernte Schneiderin noch einige Jahre bis zur Rente im Main-Taunus-Zentrum in ihrem Traumberuf als Verkäuferin.

Mit der Harmonie klappt es bei Ruth und Alfred Manier nicht nur in der Ehe, sondern auch auf einem anderen Gebiet, der Musik. Ruth Manier ist eine begeisterte Sängerin. Seit 54 Jahren ist sie Mitglied in der Sängervereinigung 1861 Oberhöchstadt und singt Sopran im gemischten Chor. Seit 1975 singt auch ihr Mann als erster Tenor im Chor mit. Das Benefizkonzert des Lions Club Kronberg am 19. Juni in der Stadthalle, bei dem die Oberhöchstädter Sängerinnen und Sänger gemeinsam mit den Chören aus Kronberg und dem Musikverein auftraten, haben sie noch in bester Erinnerung. „Das kann der Lions Club ruhig alle drei Jahre wieder machen“, meint Ruth Manier.

Seit über 40 Jahren singt sie außerdem im Kirchenchor „Jubilate“, dem gemeinsamen Chor der evangelischen Kirchengemeinden Oberhöchstadt und Schönberg. Und montags gehen beide seit einigen Jahren gemeinsam zum Sport nach Oberursel. All diese Aktivitäten, dazu die Pflege des Hauses und des großen Gartens mit seiner Blütenpracht halten ganz offensichtlich fit und jung. Ruth und Alfred Manier jedenfalls sind ein gutes Beispiel für diese These. Und wenn man die beiden trifft und sieht, wie nett und liebevoll sie auch nach 65 Jahren Ehe noch miteinander umgehen, glaubt man Alfred Manier sofort, wenn er sagt: „Im Grunde waren wir uns immer einig.“



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