Gerhard-Beier-Preis für Gedichtband des Lyrikers Horst Samson

Horst Samson (mit Urkunde) inmitten der Jurymitglieder und der Vorsitzenden der Literaturgesellschaft Hessen, Gerda Jäger (rechts) Foto: S. Puck

Schönberg (pu) – In Erinnerung an den vor knapp 14 Jahren verstorbenen Historiker, Publizisten, SPD-Politiker, Stadtältesten, Vorsitzenden des Verbandes Deutscher Schriftsteller Landesbezirk Hessen und Mitbegründers des Hessischen Literaturbüros und der Literaturgesellschaft Hessen (LIT), Dr. Dr. Gerhard Beier, der sich weit über die Grenzen Kronbergs hinaus einen Namen gemacht und unter anderem öffentlich für die Förderung der Literatur eingesetzt hat, verleiht die LIT in unregelmäßigen Abständen den Gerhard-Beier-Preis.

Die Idee zur Preisverleihung geht auf eine Initiative der Witwe zurück. Ursula Beier hatte anlässlich der Beerdigung ihres verstorbenen Mannes um Geldspenden statt Blumen gebeten, um einen Jugendbuch-Preis ins Leben zu rufen. Inzwischen sind die damaligen finanziellen Mittel verbraucht und der Preis wird längst nicht nur an Jugendliche, sondern generell für literarische Werke verliehen, die auf sozial-und gesellschaftspolitische Hintergründe in besonderer Weise eingehen. Begünstigt durch eine Geldspende konnte der mit 1.500 Euro dotierte Gerhard-Beier-Preis in diesem Jahr erstmals nach vierjähriger Pause wieder vergeben werden und zwar an den rumänien-deutschen Lyriker Horst Samson für seinen Band „Kein Schweigen bleibt ungehört“.

Samsons Werk hatte die drei Jurymitglieder Sela König, Paul Pfeffer und Ursula Teicher-Maier „durchweg überzeugt“, wie letztere in ihrer Laudatio in der Kronberger Bücherstube verriet. 132 lyrische Texte befassen sich mit den Erfahrungen von Gefahr und Heimatlosigkeit vor, während und nach der im März 1987 erfolgten Emigration des Autors und seiner Familie von Rumänien nach Deutschland.

Der Lehrer und Diplom-Journalist zählt zu den bedeutenden Repräsentanten der rumäniendeutschen Literatur. Seine Texte benennen Ungeheuerliches in der alten Heimat wie in „Kaum glüht der Himmel“, „Das Schieben und Rücken“ oder „Hört man jetzt im KZ“, andere beschreiben die Ausgrenzung der Menschen in einem Übergangslager und den schwierigen Anfang in der neuen Heimat Neuburg.

„Die Gedichte behauchen ein zugefrorenes Fensterchen, schaffen kleine Durchblicke auf scheinbar Privates und doch so Allgemeines – gerade heute, in einer Zeit, in der sich Tausende auf jener unfreiwilligen Wanderschaft befinden, die wir Flucht oder Emigration nennen, oft von Kontinent zu Kontinent – und dies ist erst der Anfang“, so Teicher-Maier. Sie verglich Samsons Vorgehensweise mit der von Sarah Kirsch und Christa Wolf, die ebenfalls in ihren Texten Zeitzeugnis ablegten und bezeichnete es als Glücksfall, wenn solche Dichter „in gesellschaftlichen Umbrüchen zu Hause sind“, da Lyriker wie Samson spüren würden, wenn es sich lohnt, mit einem Gedicht den Finger an den Puls der Zeit zu legen in der Hoffnung, dass dadurch etwas bewirkt wird.

„Ich bin nicht happy, aber glücklich“, machte der Preisträger aus seiner Freude keinen Hehl. „Wir alle träumen vom Glück, sind für Freiheit, für das Recht auf Leben und für eine bessere Welt. Manche glauben, dies mit Repressionen, Sanktionen oder Waffen zu erreichen, andere mit Gesetzen, Religionen oder Kapital“, machte er deutlich. Dies seien gewiss mächtige, zur Veränderung der Welt befähigte, Waffen. „Nichts aber ist größer und stärker, sinnvoller und vernünftiger im Engagement für bessere Zeiten als die Sprache, das Wort, das Gespräch, Meinungsabgleich und Verständnis für die Buntheit des Lebens, der Menschen und ihrer Hoffnungen auf allen geografischen Koordinaten dieses Planeten.“

Wer sich in ein Gedicht flüchte, werde weder nach Herkunft oder Hautfarbe, noch nach Geschlecht, Vermögen oder Reisepass gefragt, sondern er dürfe als Dazugehörender mitreisen, kreuz und quer durch die Sprachen, Behauptungen, Epochen, durch Vaterländer, Muttersprachen und Kontinente, und sei es bis ans Ende der Welt.

„Nach meinem Verständnis ist ein gutes Gedicht eben nicht nur formal brillant gearbeitet, sondern es ist auch geerdet. Dann erst wird es, wie das Blut in Goethes Faust, zu einer besonderen Substanz von singulärer Qualität: Wer sich diesem Gedicht zuneigt, mit ihm spricht, dem öffnet es sich und es wird ihm zu eigen, denn er kann hören, wie es atmet, begreifen, wie es lebt und denkt, und er versteht … seine Existenz!“

Wie Jurymitglied Paul Pfeffer im anschließenden Gespräch verriet, habe man sich mit der Wahl des diesjährigen Preisträgers und der eher seltenen Auszeichnung eines Gedichtbandes „weit aus dem Fenster gelehnt“. Insgesamt waren zehn Werke eingereicht und bewertet worden.

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