Malerin Edel Wiedemann Gabler feiert 90. Geburtstag

Edel Wiedemann Gabler ist in ihrem 90-jährigen Leben viel gereist. Seit 20 Jahren ist Schönberg ihre Heimat. Foto: S. Puck

Schönberg (pu) – Ihre Entscheidung nur fünf Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs den Schritt als selbstständige Grafikerin und Malerin zu wagen, hat Edel Wiedemann Gabler nie bereut. Im Gegenteil: Sie machte sich zunächst in Nürnberg, später in Frankfurt, Königstein und im idyllischen Kronberg einen Namen und blickt nun, anlässlich ihres morgigen 90. Geburtstages, auf ein an Erfahrungen reiches, langes Leben zurück.

Geboren wurde die seit 1984 in der Burgstadt lebende Kreative am 29. August 1924 in Frankenstein im „Schlesischen Pisa“, einer idyllischen Stadt am Nordhang der Sudeten. Die künstlerische Begabung sowohl vom Vater als auch vom Großvater in die Wiege gelegt, reifte in der heranwachsenden Maid bereits während der Schulzeit der Entschluss, einen entsprechenden Beruf zu ergreifen. Die Eltern zunächst mehr als skeptisch, schwebten ihnen doch fürs Töchterchen solide Berufe wie Kinderärztin und Bankbeamtin vor. „Doch ich habe mich mit meinem Willen durchgesetzt und dies wurde dann auch respektiert“, blickt die Jubilarin schmunzelnd zurück. Nach Beendigung der Schulzeit begann sie mit dem Kunst-Studium, bis durch den Krieg bedingt zunächst sämtliche Pläne auf Eis gelegt wurden. Für die „Gabler Trautel“, wie sie in Frankenstein gerufen wurde, bedeutete das fluchtartige Verlassen des geliebten Schlesiens ein jähes Ende der unbeschwerten Kindheit und Jugend.

Die Familie verschlug es nach Nürnberg. Inzwischen 24-jährig setzte die junge Frau ihr Studium fort und begann ab 1950 in der mittelständischen Stadt ihr Wirken als freie Grafikerin und Malerin, wobei die Malerei mangels Zeit anfänglich in den Hintergrund gedrängt wurde, weil sie glücklicherweise viele Aufträge, unter anderem für die Modebranche erhielt, was ihr in finanzieller Hinsicht einige Sorgen nahm.

Eine erneute Ortsveränderung stand 1958 wegen der Eheschließung mit Peter Sigfried Wiedemann an. Dieses Mal ging sie leichten Herzens und kam mit ihrem Umzug nach Frankfurt dem Taunus schon ein beträchtliches Stück näher.

Mit der Zeit verstärkte sich der Wunsch, der geliebten Malerei wieder mehr Raum einzuräumen. Bevor sie in dieser Hinsicht richtig durchstartete, verlagerte das Ehepaar seinen Lebensmittelpunkt Mitte der 1960er Jahre nach Königstein im Taunus. In den nun folgenden 19 Jahren setzte Edel Wiedemann Gabler nachhaltige Akzente. So trommelte sie 1969 alle beruflich ausgebildeten Künstler an einen Restaurant-Tisch, was noch am gleichen Abend die spontane Gründung der „Künstler Gruppe Königstein“ zur Folge hatte. Durch jährliche Weihnachtsausstellungen wurden umliegende Städte aufmerksam, klopften an und boten Gelegenheiten zur Präsentation. So kam es, dass Wiedemann Gabler ihre Stillleben, Landschaften, Blumen und aus der Welt der Literatur inspirierten Motive in Aquarell- und Öltechnik 1973 erstmals in der Galerie Hellhof im benachbarten Kronberg ausstellte. „Anfangs habe ich sogar noch mit Julius Hembus zusammengearbeitet“, erinnert sich die Malerin an eine der bekanntesten Kronberger Persönlichkeiten vergangener Tage bestens zurück.

Von nun an ging es Schlag auf Schlag. Die Nachfrage nach Ausstellungen stieg, mit ihren Reisen nach Göttingen, Düsseldorf, Kampen auf Sylt, Rottach-Egern am Tegernsee und Paris stieg ihr Bekanntheitsgrad. Sogar das Fernsehen meldete sich und sendete im Juni 1977 ein Interview mit dem Titel „Portrait einer Malerin“ in „Kultur aktuell“. Darüber hinaus wurde ihr Ölbild „Traumsee“ 1977 in den UNICEF-Postkartenkatalog aufgenommen und als Grußkarte veröffentlicht.

Gerne erinnert sie sich an ihre zahlreichen Reisen. „Mein Mann und ich sind gefühlt in jede Ecke in Deutschland gefahren, nach der Wende habe ich sogar mein geliebtes Schlesien wieder besucht.“ Zu Leinwand und Pinsel griff sie jedoch stets in der Abgeschiedenheit ihres Ateliers, in Ausnahmefällen auch mal im heimischen Garten. Auf große Beachtung stießen unter anderem ihre zeitintensiven Arbeiten „Kostümgeschichte der letzten 500 Jahre – von der Gotik bis heute“ und „Trachten aus Deutschland“.

Ein bisher letztes Mal erfolgte 1984 die Verlegung des Wohnsitzes – nach Kronberg. Hier fühlt sich Edel Wiedemann Gabler im eigenen Häuschen wohl, liebevoll umsorgt und aufgefangen von Freunden nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 2009. Regelmäßig war sie mit Ausstellungen im Hellhof, in der Receptur und im Altkönig-Stift präsent, vor einigen Jahren gastierte sie in der Kronberger Bücherstube.

Mittlerweile ist es deutlich ruhiger um die Malerin geworden. Die Malerei musste sie inzwischen aufgeben, durch das fortschreitende Alter spielen die Augen nicht mehr mit. Sie ist stolz auf ihre Herkunft, bezeichnet sich selbst als „typische schlesische Preußin“ mit der ihr eigenen Selbstdiziplin. Während sie in früheren Jahren, noch zu Lebzeiten ihres Mannes, leidenschaftlich gerne Freunde und Bekannte bekochte, genießt sie es heute, ein Buch zur Hand zu nehmen. Auch ihren großen Festtag begeht sie eher ruhig: im kleinen Kreis mit einem kleinen Umtrunk.

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