Archivierung im digitalen Zeitalter ist ein Mammutprojekt

Bad Homburg (hw). In den Medien werden Stadtarchive immer wieder als die „Gedächtnisse“ der jeweiligen Kommune bezeichnet. Das ist einerseits richtig, denn im Stadtarchiv werden Dokumente aufbewahrt, die für eine Erforschung der Vergangenheit unerlässlich sind. Doch verstellt diese Bezeichnung nicht selten die Sicht auf einen zentralen Schwerpunkt von Archivarbeit: die Verknüpfung der Vergangenheit sowohl mit der Gegenwart als auch mit der Zukunft. Archivare richten ihre Augen nicht allein auf die Bewahrung, Nutzbarmachung und Vermittlung des dokumentarischen Erbes einer Stadt; sie haben zudem die Aufgabe, die Gegenwart in ihrer bunten Vielfalt zu erfassen und die gesammelten Daten zu strukturieren und für die Zukunft aufzubereiten; und nicht zuletzt entwickeln sie Strategien für zukünftige Archivierungen.

Welche Aufgaben das siebenköpfige Team des Bad Homburger Stadtarchivs um Leiterin Dr. Astrid Krüger konkret zu stemmen hat, zeigt der nun vorliegende Tätigkeitsbericht für die Jahre 2017 und 2018. Grundsätzlich gehört der Unterhalt eines Stadtarchivs zu den Pflichtaufgaben einer Kommune. Der Aufgabenkatalog ist im Hessischen Archivgesetz geregelt, das für die Archivsatzung der Stadt Bad Homburg „Pate gestanden“ hat.

Große Herausforderung

Im Wesentlichen gibt es vier Aufgabenbereiche: die Überlieferungsbildung durch Bewertung und Übernahme von Unterlagen aus der Stadtverwaltung sowie die ergänzende Sammlung von Unterlagen aus dritter Hand, der Erhalt und die Sicherung von Originalen durch fachgerechte Aufbewahrung und gegebenenfalls Instandsetzung durch Restaurierungsmaßnahmen, die Nutzbarmachung des Archivs durch die Erschließung (Katalogisierung) der Bestände, durch Beratung und Fachauskünfte sowie über die Bereitstellung von Materialien im Lesesaal sowie die Vermittlung des Archivguts und der darin enthaltenen Informationen.

Schwerpunkte in den beiden vergangenen Jahren waren der Umzug aus dem Gotischen Haus in die Villa Wertheimber (2017) und das Thema Archivierung im digitalen Zeitalter (2018). „Letzteres Projekt hat gleich mehrere interessante Facetten“, erklärt Dr. Krüger. Da wäre zum einen die Überlieferungsbildung im digitalen Zeitalter – sprich die Sicherung und Archivierung digital entstandener Unterlagen (sogenannte „born digitals“). Dabei handelt es sich um ein Mammutprojekt, das das Stadtarchiv auch in den nächsten Jahren beschäftigen wird. Die ältesten digitalen Unterlagen werden schon in nächster Zeit „aussonderungsreif“. Das geschieht in der Regel spätestens 30 Jahre nach Entstehung der Unterlagen. Daraus resultiert für das Stadtarchiv eine besondere Herausforderung, denn die digitalen Unterlagen von heute unterscheiden sich deutlich von denen, die vor 30 Jahren angelegt wurden. Daher muss das Archiv ein Konzept erarbeiten, das die Archivierung trotz dieser Vielfalt ermöglicht. Eine weitere Herausforderung ist die Nutzbarmachung von Unterlagen im digitalen Zeitalter. Dabei spielt das Online-Findbuch (www.stadtarchiv-bad-homburg.findbuch.net) eine zentrale Rolle. Mitarbeiter des Archivs katalogisieren aktuell sämtliche Unterlagen in einer Datenbank, die dann online gestellt wird. Dabei gilt es, nicht nur die neu hinzu kommenden Unterlagen digital abzulegen, sondern auch den vorhandenen Bestand zu katalogisieren.

Bislang wurden sämtliche Materialien in maschinenschriftlichen Katalogen (analoge Findbücher) verzeichnet. Diese müssen nun „retrokonvertiert“ werden („Neuverzeichnung“). Mit dieser Aufgabe eng verbunden ist die Arbeit am digitalen Reproarchiv. Auch die Sammlungen an Fotos, Postkarten, Graphiken, Karten und Pläne werden digitalisiert. Der Scan wird dann mit dem Online-Findbuch verknüpft.

Aktuell finden sich 42 016 Datensätze in der Datenbank, davon 34 304 im Online-Findbuch, in dem bereits 5452 Scans einsehbar sind. Zudem liefert das Stadtarchiv Daten an das „Archivportal D“, die im Internet unter www.archivportal-d.de zur Verfügung stehen. Das Archivportal D gehört zur Deutschen Digitalen Bibliothek, wo aktuell 24,5 Millionen Dokumente aus deutschen Bibliotheken, Museen und Archiven deutschlandweit recherchiert werden können. Ein vergleichbares Angebot ist das Hessische Bibliotheks-Informationssystem (www.hebis.de), an dessen Befüllung das Stadtarchiv ebenfalls beteiligt ist. Zwei weitere wissenschaftliche Angebote, die online zu finden sind, sind die digitale interaktive Karte „Orte der Kur“ (www.lagis-hessen.de/de/odk) sowie das „Digitales Gebäudebuch“ (www.lagis-hessen.de/de/dgb).

Neben dem digitalen Angebot hält das Stadtarchiv nach wie vor vielfältige Angebote analoger Nutzung vor wie zum Beispiel mit dem Lesesaal mit seinen festen Öffnungszeiten, durch die Beantwortung von schriftlichen Anfragen sowie mittels diverser Veranstaltungen Neu im Angebot sind Veranstaltungen für Kinder („Lena und Max besuchen das Stadtarchiv“) sowie die Sommerfeste in der Villa Wertheimber und im Gustavsgarten. Das nächste Sommerfest findet am Samstag, 18. Mai, von 14 bis 19 Uhr in enger Zusammenarbeit mit der Bad Homburger Feuerwehr statt. Das Thema lautet an diesem Tag: Geschichte der Feuerwehr.

Bücher, Nachschlagewerke, aber auch zahlreiche digitale Datensätze finden sich im Stadtarchiv in der Villa Wertheimber. Foto: Stadt Bad Homburg



X