Das Beste aus zwei Lernwelten miteinander verbinden

Bad Homburg (fch). Massive Auswirkungen auf den Unterricht an der Volkshochschule (VHS) und Musikschule hatte der erste coronabedingte Lockdown in diesem Frühjahr. Der bewährte Präsenzunterricht musste vom 17. März bis zum 18. Mai komplett eingestellt werden. Um das Kursangebot aufrechterhalten zu können, wurden Online-Kurse eingeführt. Die Musikschule konnte ihre Kurse fast zu 100 Prozent online fortführen, berichtete Stadträtin Mechtild Weiß-Hennerici. Sie vertritt seit eineinhalb Jahren im Trägerverein der VHS, dem Volksbildungskreis Bad Homburg, Oberbürgermeister Alexander Hetjes.

„Auch Fremdsprachen- und Deutsch-Kurse liefen zu 95 Prozent weiter. Allein 50 Deutschkurse gehören pro Semester zum VHS-Angebot. Ebenfalls digital anbieten konnten wir Gesundheitskurse wie Body Fit“, informiert Dr. Jochen Stolla. Der Leiter des VHS-Fachbereichs Beruf und Digitalisierung unterstützte die 600 Dozenten bei der methodisch-didaktischen Herangehensweise und Umsetzung.

Bei Online-Kursen benötigen die Teilnehmer eine hohe Konzentration, wodurch drei Stunden Zeitunterricht digital nicht funktioniere. Dr. Stolla informierte die VHS-Dozenten über die Lernplattformen auf der Cloud der deutschen Volkshochulen und bot Fortbildungen und Workshops im Bereich Digitalisierung an. „Die VHS-Cloud wurde von der VHS Bad Homburg vor dem Lockdown kaum genutzt.“ Dabei lassen sich mit entsprechenden Links beispielsweise Videokonferenzen schnell realisieren und durchführen. Viele Kursteilnehmer gründeten zudem WhatsApp-Gruppen, um miteinander in Verbindung zu bleiben. Mit Hilfe der Lernplattformen lassen sich die fehlende sozialen Komponenten wie der Austausch der Schüler untereinander und mit dem Dozenten aus dem Präsenzunterricht ersetzen. Wie kann ich 45 Minuten Präsenzunterricht auf eine digitale Ebene bringen und wie auf die unterschiedlichen Lerntypen eingehen, gehörte zu den meist gestellten Fragen der Kursleiter. Das Zauberwort heißt „Blended Learning“. Dabei handelt es sich um einen Mix aus verschiedenen Lernmethoden mit Tools und Bausteinen und -formaten. Face-to-Face-Veranstaltungen wechseln sich mit Selbstlernphasen und dem Austausch mit anderen Kursteilnehmern oder dem Kursleiter ab. Verschiedene Lernbausteine können miteinander kombiniert werden und lassen sich auf optimal auf das Thema oder die Lerninhalte sowie den Wissensstand der Zielgruppe ausrichten. „Der Großteil unserer Dozenten wurden beim Online-Unterricht ins kalte Wasser geworfen. Vor dem Lockdown gab es zwar digitale Unterrichtsanteile etwa bei Bewerbungstrainingskursen, aber der digitale Unterricht war aufgrund der bisherigen VHS-Lernkultur wenig verbreitet“, sagt Daniela Lucha. Die Leiterin des Fachbereichs Deutsch als Fremdsprache berichtet, dass vor allem Kursteilnehmer, die sich auf den Einbürgerungstest vorbereiteten oder ein VHS-Sprachzertifikat erwerben wollten, froh über das Online-Kursangebot waren. „Auch viele Dozenten und Schüler haben durch die Online-Kurse ihre Scheu oder Vorurteile vor digitalen Unterrichtsformen verloren, sind flexibler geworden beim Wechsel zwischen Präsenz- und Online-Unterricht. Sie könne inzwischen das Beste aus zwei Lernwelten zu ihrem Vorteil miteinander verbinden“, sagt Daniela Lucha. Sie ist stolz, dass alle Kurse von einem Sprachniveau ins nächst höhere gebracht werden konnten.

Vor allem für die Teilnehmer der Deutsch-als-Fremdsprache-Kurse seien der direkten Austausch und die sozialen Kontakte sowie die Hilfe der Gruppe beispielsweise beim Abbau der Sprachhemmungen wichtig. „Die Digitalisierung an der VHS Bad Homburg wurde durch den ersten Lockdown massiv vorangetrieben“, betont Dr. Stolla. Gerade wird das Programmheft für das kommende vom 9. Februar bis zum 8. Juni 2021 gehende Semester gedruckt. Es liegt ab Dezember aus. Die VHS rechnet damit, dass die Einrichtung unter Einhaltung der geltenden Hygieneregeln offen bleibt.

Wie groß die finanziellen Auswirkungen durch die Pandemie auf die VHS Bad Homburg in diesem Jahr sein werden, kann Leiter Rainer Schmitz noch nicht sagen, wie Mechtild Weiß-Hennerici mitteilt. Die Antworten könnten erst rückblickend erfolgen. Allerdings ist die Teilnehmerzahl im Herbstsemester um 40 Prozent zurückgegangen. Zahlen aus dem Geschäftsbericht 2019 zeigen, dass im vergangenen Jahr 11 000 Teilnehmer an 1391 Veranstaltungen mit 29 086 Unterrichtseinheiten je 45 Minuten teilnahmen. In der Musikschule belegten 500 Schüler Instrumental- und Vokalkurse sowie 200 Teilnehmer Workshops.

Die Kurstadt unterstützt die VHS mit 279 000 Euro pro Jahr. 76 000 Euro bekommt die Einrichtung vom Kreis, 120 000 vom Land Hessen sowie von den übrigen Kommunen insgesamt 548 281 Euro. Für den aktuellen Doppelhaushalt 20/21 haben die Stadtverordneten 21 000 Euro mehr beschlossen. Ob diese Summe ausreicht oder mehr Geld benötigt werde, könne noch nicht gesagt werden.



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