Dumpfe Spannung, filigranes Solo

Bad Homburg (ks). Das erste Kammerkonzert in der Schlosskirche war dem Zweiten Weltkrieg gewidmet, der vor 75 Jahren zu Ende gegangen ist. Der Georgier Georgy Kovalev (Viola) und die Russin Nadezda Pisareva am Klavier hatten entsprechend Werke von Komponisten ausgewählt, die selbst unmittelbar von Kriegen betroffen waren. Hans Gál (1890-1987), mit dessen Sonate in A-Dur opus 101 das Konzert eröffnet wurde, war ein Jude aus Ungarn, der nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten von Österreich nach England emigrieren musste. Dort ist auch dieses Werk entstanden.

Es verbindet lyrisch-elegische Passagen im Adagio und im Menuett („quasi tranquillo“) mit zielstrebig-rhythmischen Akzenten im Allegro, wobei Hinweise auf Schubert und Brahms nicht verborgen bleiben. Die „romantische Intensität“ nimmt Paul Hindemith (1895-1963) nicht auf, der sich in seiner Sonate für Viola und Klavier mit Debussy auseinandersetzt. Hindemith war einer der führenden Bratscher seiner Zeit, der mit dieser Sonate ein bedeutendes Werk für dieses Instrument geschaffen hat. Sie ist ungewöhnlich aufgebaut, variiert nach kurzer Einleitung ein Thema, bis das Finale diese Variationsreihe unterbricht, um sie später wieder aufzunehmen. Aufregend düstere Klänge mischen sich mit vorwärtsstrebenden, bei denen die Viola zu „kreischen“ schien. In den Händen des Virtuosen konnte sie eindringlich beweisen, was sie alles vermag. Paul Hindemith hatte als Stabsoffizier den Ersten Weltkieg und seine Schrecken überlebt.

Nach kurzer Pause verlangte Dimitri Schostakowitschs (1906-1975) Sonate opus 147 die Aufmerksamkeit der Zuhörer. Auch das ein großartiges Werk, das den beiden Instrumenten filigrane Solomomente gönnt und eine dumpfe Spannung erzeugt, die nach „Aufhellung“ verlangt. Es war eines der letzten Werke, die Schostakowitsch komponierte. Nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht im Sommer 1941 hielt er es für seine patriotische Pflicht, sich an der Verteidigung seiner Geburtsstadt Leningrad zu beteiligen. Einem Wunsch Stalins folgend, lieferte er den kämpfenden Soldaten auch die aufmunternden „patriotischen Lieder“.

Im herben Grundton der Sonate spiegelt sich die Schwere der Zeit, findet aber auch Trost in Klängen, die an die zeitlosen Werke großer Vorgänger erinnern.

Es war ein besonderes Konzert, das unter „normalen“ Bedingungen wohl auch entsprechend gewürdigt worden wäre.

Diesmal mussten sich die beiden hochkarätigen, engagierten und einfühlsamen Virtuosen mit dem zwar dünnen aber herzlichen Beifall der Zuhörer zufrieden geben.



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