Das Fahrrad ist Nina Lassnigs Leidenschaft

Etwa 150 Radler machen sich als „Critical Mass“ vom Bahnhofsvorplatz aus auf ihren Weg durch Bad Homburg. Die „Critical Mass“ ist eine kreative Form des Straßenprotests. Aufmerksam gemacht werden soll auf die Gleichberechtigung der Radfahrer gegenüber dem motorisierten Straßenverkehr.

Von Jürgen Streicher

Bad Homburg. Die Signale für eine Stärkung des Radverkehrs in der Kurstadt stehen auf Grün. Der Magistrat hat am Montag auf Grundlage des Radverkehrskonzepts ein umfangreiches Maßnahmenpaket verabschiedet, das mehr Homburger als bisher zum Umsteigen aufs Rad animieren soll. „Signalwirkung“ verspricht sich Oberbürgermeister Alexander Hetjes auch von der Verpflichtung von Nina Lassnig, seit Frühlingsbeginn offizielle Radverkehrsbeauftragte in Diensten der Stadt.

Die leidenschaftliche Radfahrerin ist für die Umsetzung aller bereits beschlossenen Maßnahmen zuständig, soll das Radverkehrskonzept fortschreiben und kräftig die Werbetrommel für die moderne Form der Alltagsmobilität rühren.

Viel Erfahrung mit dem Rad im Bad Homburger Straßendschungel hat die aus Graz stammende studierte Umweltsystemwissenschaftlerin Nina Lassnig noch nicht gemacht. Wohl aber schnell registriert, dass „Bedarf besteht, den Ausbau der Radinfrastruktur zu fördern“. Über mangelnde Arbeit kann sie nicht klagen und wird das auch in Zukunft nicht tun angesichts der Aufgaben, die nach dem Magistratsbeschluss auf sie zukommen, wenn am 6. Juni auch das Stadtparlament sein Jawort zu den Plänen beisteuert. Das Konzept beruht auf 87 Einzelmaßnahmen, der Radverkehr und seine bisherigen Schwächen waren sozusagen das beherrschende Thema bei der Entwicklung des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts (ISEK) 2030 im vergangenen Jahr. „Wir wollen ein durchgängig befahrbares Radwegenetz schaffen“, sagt Hetjes bei der Vorstellung der ersten konkreten Projekte.

Kinder haben Vorrang

Diese fokussieren auf meist kleinen, aber wirksame Maßnahmen, die Nina Lassnig besonders „am Herzen liegen“. Von Kindheit an hat sie die österreichische Welt vom Fahrrad aus erfahren, weiß um die Gefahren für Kinder, die mit dem Rad unterwegs sind und will Wert legen auf deren Sicherheit im Straßenverkehr auf attraktiven Wegeverbindungen. Etliche Punkte sollen daher bereits im laufenden Jahr umgesetzt werden, etwa die Umwidmung von Weinbergsweg und Paul-Ehrlich-Weg in Fahrradstraßen. Radfahrer genießen dort Vorrang, dürfen unter anderem auch nebeneinander fahren, während Autofahrer Rücksicht nehmen müssen. Die Umwidmung der beiden Straßen am Jubiläumspark und hinter dem Kurpark fußt auf dem Umstand, dass dort besonders viele Schulkinder unterwegs sind. Die Straßen dürfen durch Zusatzzeichen auch weiterhin von Autos genutzt werden. Aber: „Die Kinder haben Vorrang, können entspannter und mit mehr Sicherheit fahren“, so Lassnig.

Auch am Schulberg in der Innenstadt soll der Schulweg gesichert werden. Dort sind allerdings bauliche Veränderungen nötig, Parkplätze müssen verlegt werden, das „Nadelöhr“ (Hetjes) soll dereinst für Radler in beide Richtungen befahrbar sein. Das braucht Planungszeit, die Umsetzung werde im Jahr 2020 erfolgen, kündigten Hetjes und Stadträtin Lucia Lewalter-Schoor an. Ebenfalls zeitnah wollen die Radroutenplaner in der Kaiser-Friedrich-Promenade ans Werk gehen. Radfahrer sollen dort nicht mehr den bisher gemeinsamen Geh- und Radweg nutzen müssen, sondern auf der Fahrbahn unterwegs sein. Die Mittellinien auf der Straße werden entfernt, die Einbahnstraßen-Abschnitte auf der unteren Promenade werden zu Tempo-30-Zonen und für den Radverkehr in beide Richtungen freigegeben. Was Radler auch freuen dürfte: Der gesamte Jubiläumspark soll für den Radverkehr geöffnet werden. Das vom Magistrat beschlossene Maßnahmenpaket mit Ausbesserungen, Entfernung von Umlaufsperren, neuer Beschilderung, Ausbau von Radwegen und Erweiterung des Angebots an Fahrradabstellplätzen im gesamten Stadtgebiet wird im ersten Schritt auf rund 525 000 Euro Gesamtkosten taxiert.

Nina Lassnig wird unterdessen auch als Promoterin in Sachen Radverkehr unterwegs sein. Ihr obliegt die Öffentlichkeitsarbeit in Form wirksamer Aktionen zur Radverkehrsförderung und die Planung und Durchführung von Veranstaltungen zum Thema Radverkehr, um die Bürger für die umweltfreundliche Fortbewegungsform zu begeistern. Geplant sind „Neubürger-Radtouren“, die erste am 17. August. Beim Regionalpark-Rundroutenfest am 1. September ist Nina Lassnig mit einem Infostand werbend am Ort, ebenso beim Bad Homburger „Apfeltag“ am 22. September. Bei beiden Veranstaltungen wird sie zu E-Bike-Probiertouren einladen.

Mit der Planung von Fahrradveranstaltungen hat sich die 31-jährige Österreicherin bereits bei ihrem Studium mit den Schwerpunkten Geografie und nachhaltige Stadt- und Regionalentwicklung an der Universität Graz beschäftigt.

Weitere Artikelbilder



X