Grenzgänger zwischen Tradition und Innovation

Ein Blick in die Lüpertz-Ausstellung in der Englischen Kirche. Im Vordergrund zu sehen ist die Göttin Flora. Foto: Staffel

Bad Homburg (ks). Der Bildhauer, Maler und Grafiker Markus Lüpertz erschafft und „bevölkert“ seinen eigenen „Olymp“ immer wieder neu. Neben griechischen Göttern und Helden aus den alten Sagen und Mythen gewährt er auch Geistesgrößen und Genies Einlass, die tatsächlich gelebt haben: Mozart, Schumann, Hölderlin, Schiller, Heinrich Mann. Das zeigt seine Ausstellung mit Skulpturen, Zeichnungen, Lithos und Holzschnitten in der Englischen Kirche, die von der Galerie am Dom aus Wetzlar präsentiert wird.

Von ihr wurden bereits die Ausstellungen von Janosch und von Armin Müller-Stahl ausgerichtet. Nun also Markus Lüpertz, dem Grenzgänger zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Tradition und Innovation, zwischen Figurarion und Abstraktion, dem Sicheren und dem Ungewissen. Widerstreit als Lebensgefühl, das in der Kunst seinen Niederschlag findet. Es ist eine Kunst in Bewegung, die auch die herkömmlichen Grenzen des „ätsthetisch Akzeptierten“ sprengt. Den Künstler interessiert das, was man „nicht sieht“. Das kann nicht immer „schön“ im herkömmlichen Sinn sein.

„Der Künstler geht als Rauch“ heißt eine Zeichnung. Will er sich in aller Bescheidenheit damit selbst und seine Kunst in Frage stellen? Wohl kaum. Man nimmt Lüpertz auch in dieser Ausstellung eher als einen durchaus selbstbewussten und von seiner Kunst durchdrungenen und überzeugten Künstler wahr. Wie angesehen und „berühmt“ er längst ist, zeigen die vielen roten Punkte an Kunstwerken, die ihre Liebhaber gefunden haben. Wiederkehrende Themen sind Dionysos, der Gott der Extase und der Fülle. Von Herkules zeigt der Künstler auch die Beine. Scließlich hat er ein gewaltiges Gewicht zu stemmen. Da braucht man einen starken Unterbau. Die Flora kommt himmelblau daher und hat sich mit Blumen geschmückt. Gedanklich bietet sich ein Link zur „blauen Blume der Romantik“ an. Dem Künstler gelingt es, die Fantasie in Bewegung zu bringen.

Die Galerie präsentiert zu dieser Ausstellung exklusiv die Grafik „Friedrich Schiller“ in limitierter Auflage und einem Hintergrund in verschiedenen Farben. Die blaue Version ist bereits verkauft. Lüpertz zeigt einen „vergeistigt“ wirkenden Dichter, „scharfkantig“ und entschieden. Hölderlin dagegen wirkt stämmig und jung, er ist noch nicht am Ende seiner Wanderungen angekommen. Mit Hölderlin teilt Lüpertz die Liebe zur antiken griechischen Welt. Neu ist auch die Serie „Sternzeichen“ mit kleineren Skulpturen, denen der Künstler ihre typischen Attribute beigesellt hat.

Was bedeuten sie uns heute? Bringen wir sie wirklich noch mit unserem eigenen Schicksal und bestimmten Eigenschaften in Verbindung, die ihnen zugeschrieben werden? Passen sie noch zum Streben des modernen Menschen, immer tiefer ins All vorzudringen? Für einen Grenzgänger zwischen den Zeiten, Kulturen und ihren Mythen wie Lüpertz gehören sie selbstverständlich dazu. Schließlich stehen sie seit Urzeiten am Himmel. Dass es bei allem Widerstreit in dieser chaotischen Welt auch das Beständige gibt, ist ein Trost.

!Die Ausstellung von Markus Lüpertz im Kulturzentrum Englische Kirche am Ferdinandsplatz ist noch bis zum 3. Oktober zu sehen und mittwochs bis sonntags von 15 bis 18 Uhr geöffnet. Bis dahin ist auch die Subskription für die Schiller-Ausgabe noch möglich.



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