Mit Kraft, Balance und Charme

Reifenakrobat Anton Monastyrsky, der „Herr der Ringe“, lässt in atemberaubenden Tempo Reifen um Hals, Arm, Bein oder Fuß kreisen.

Von Janine Stavenow

Bad Homburg. Sie lassen Reifen durch die Luft wirbeln, Tücher kreisen und Bälle springen, verbiegen scheinbar spielerisch leicht ihren Körper und zeigen waghalsige Akrobatik mehrere Meter über dem Boden. Das Bad Homburger Kurtheater hatte sich am Wochenende in einen Varietépalast mit Künstlern aus aller Herren Länder verwandelt. Bereits zum vierten Mal waren Johnny Klinke und Margareta Dillinger zu Gast, die Macher und „Erfinder“ des Frankfurter „Tigerpalasts“.

Was ganz ursprünglich als einmaliges Ereignis zum 175. Geburtstag der François-Blanc-Spielbank gedacht gewesen war, hat sich mittlerweile etabliert. In der Kurstadt präsentiert das Frankfurter Varieté-Theater seit 2016 die Premiere seines neuen Jahresprogramms. Ungewöhnlich, denn eigentlich bleiben die „Tiger“ am liebsten in ihrem Domizil in der Heiligkreuzgasse, Gastspiele sind die ganz große Ausnahme.

Nach Bad Homburg aber kommen Theaterchef Klinke und seine exklusive Künstlerschar immer wieder gerne. Zum einen sicher, weil das Kurtheater, wenn sich die weltweit besten Varieté-Künstler ansagen, durchgehend ausverkauft ist. Zum anderem, weil „wir längst Freunde geworden sind“, sagt Klinke und schaut zu Kurdirektor Holger Reuter, der im Publikum Platz genommen hat. „Bad Homburg ist auf der Landkarte der internationalen Artistik angekommen“, so der Theaterchef, der verspricht: „Und wir werden wiederkommen.“ Das hören die Zuschauer im Kurtheater gerne, die gespannt sind, welche Künstler diesmal mit ihrem Können verblüffen. Die Erste, die das Publikum fasziniert, ist die Spanierin Vanessa Alvarez. Zu Flamenco-Klängen und eingetaucht in rotes Licht jongliert die zierliche Frau vier Tücher aus schwerem Stoff und lässt eine Gitarre auf ihren Füßen tanzen. Noch mehr Tempo hat Soslan Suanov zu bieten, der kleine, weiße Bälle so schnell im Kreis tanzen lässt, dass die Zuschauer nicht mehr zählen können, wie viele es eigentlich sind. Bereits im Alter von 16 Jahren war er einst im „Tigerpalast“ zu sehen, nun gehört er erneut zum Ensemble.

Unvorstellbare Positionen

Den Atem stocken lässt der erst 17-jährige Kontorsionskünstler Alexander Mitin aus Russland, der scheinbar mühelos seinen Körper in unvorstellbare Positionen bringt. Kraft, Balance und Beweglichkeit bilden hier eine Einheit. Mitin stammt aus einer Zirkusfamilie. Johnny Klinke hat den jungen Russen beim European Youth Circus in Wiesbaden entdeckt und für seine Show engagiert. Fast genauso alt wie der „Tigerpalast“, der im September 1988 eröffnet wurde, ist Strapatenkünstler Sergey Akimov, der – inspiriert vom klassischen russischen Ballett – einen Tanz in den Lüfte zeigt. Kraftvoll und elegant sind seine Drehungen und Schwünge am Seil, die mit viel Applaus bedacht werden.

Einen ungewöhnlichen und gleichermaßen faszinierenden Showakt haben Elena und Victor Minasov mitgebracht. In Sekundenschnelle wechseln die Meister des „Quick Change“ Kleid und Anzug. Ein Schwung mit dem Tuch, ein Wedeln des großen Fächers und schon wechselt Neon-Dress mit Blümchenmuster, kurzes Schwarzes mit langem Glitzeroutfit. Eine freche, fröhliche Nummer, die begeistert.

Ungewöhnliches hat auch ein anderes Duo zu bieten: Alex und Barti. Barti ist rothaarig, eigenwillig, selbstbewusst und eine Marionette mit tausend Fäden auf dem Kopf. Der Däne Alex Jorgensen ist der Strippenzieher, der Barti Leben einhaucht. Und zwar so perfekt, dass man für manchen Augenblick fast vergisst, dass Barti nur eine Puppe ist. Mit Hingabe spielt er nicht nur Klavier, sondern auch spanische Gitarre. Er lässt Knie und Hüfte schwingen, Augen rollen, Ohren wackeln und winkt charmant ins Publikum. Die Herzen seiner Homburger Zuschauer erobert Barti im Sturm.

Schön zum Ansehen ist die Nummer von Trapezkünstlerin Kristina Bautina, die Eleganz, Leidenschaft und akrobatisches Können vereint. Erstaunlich ist das, was die vier Pellegrini Brothers aus Italien im Kurtheater zeigen. Mit Kraft, Balance und außergewöhnlicher Körperbeherrschung bauen sie menschliche Pyramiden, die die Zuschauer im Theater staunen lassen. Letzter im Bunde der Varieté-Künstler ist Reifenakrobat Anton Monastyrsky, der „Herr der Ringe“, der blitzschnell Reifen um Hals, Arm, Bein oder Fuß kreisen lässt. Trotz hohem Tempo scheinen seine Bewegungen mühelos. Das Publikum ist begeistert.

Muskalisch begleitet die Bad Homburger an diesem Sonntagabend die in New York ausgebildete Sängerin Anna Krämer, die mit Hits wie „Mackie Messer“ oder „Imagine“ zu einer rundum gelungenen Premiere beiträgt.

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