Kulturhistorisches Denkmal

Bad Homburg (js). Die ersten Werbeanzeigen in der jüdischen Presse für „Dr. Goldschmidt’s Taunus-Sanatorium“ stammen aus dem Jahr 1912. „Modernster Comfort und Prächtige Lage“ werden versprochen, ein „Idealer Aufenthalt für Leidende und Erholungsbedürftige“ annonciert. Im Jahr zuvor hatte der Besitzer des Hauses und ärztliche Leiter Dr. Siegfried Goldschmidt die jüdische Heil- und Erholungsstätte mit ihrer streng rituellen Ausrichtung an der heutigen Unteren Terrassenstraße am Rande des Bad Homburger Kurparks gegründet. In der Denkmaltopographie wird von einem „kulturhistorischen Denkmal“ gesprochen. Möglicherweise das letzte Zeugnis einer rituell-jüdischen Kurstätte.

Vor allem Nervenkranke haben bei Dr. Goldschmidt Hilfe gesucht. In allen bauzeitlichen Befunden lasse sich der orthodox-jüdische Charakter ablesen, so Gregor Maier, Historiker und Fachbereichsleiter Kultur im Hochtaunuskreis. Eine Synagoge gehörte seit 1928 zu der Kureinrichtung, die Räume dafür lassen sich in einem Nebengebäude belegen. Auch ein rituelles Tauchbad, eine so genannte Mikwe, muss es gegeben haben, heißt es in einem Gutachten des Bauhistorikers Martino La Torre, das allerdings noch nicht komplett vorliegt. Es sind diese geschichtlich bedeutenden Alleinstellungsmerkmale, die das ehemalige Sanatorium zu einem besonderen „Ort der Kur“ in Bad Homburg machen. La Torres Recherchen offenbaren auch ein Stück jüdischer Geschichte, die nichts mit dem Kurbetrieb zu tun hat. So seien im Anbau junge Frauen und Männer auf eine Auswanderung nach Palästina und ein Leben im Kibbuz vorbereitet worden. In den 1920er- und 1930er-Jahren war diese „Hachschara“, eine Art Tauglichmachung, vielerorts üblich. Alte Luftbilder machen demnach auch sichtbar, dass Hühnerställe auf dem Gelände existierten und landwirtschaftlicher Anbau betrieben wurde.

Die Herrschaft der Nationalsozialisten beendete die Geschichte des Hauses als Kurklinik nach kaum mehr als einem Vierteljahrhundert. Im Jahr 1937 erfolgte die Zwangsschließung, der damals leitende Kurarzt Joshua Leibovitz wanderte nach Palästina aus. Ein Jahr später zog die Deutsche Reichsbahn ein und schulte dort ihr Personal, nach Kriegsende war die Finanzverwaltung der amerikanisch-britischen Zone ab 1947 Nutzer der Gebäude. Von 1952 an bis 1998 diente es dem Bundesausgleichsamt als Büroraum, seitdem steht es leer.



X