Kurhaus: Mit Vollgas in die Zukunft

Hier schlägt das Herz der Stadt: Das Kurhaus wird nicht nur innen multifunktional genutzt, auch auf dem Vorplatz werden viele Feste gefeiert, die Tradition in der Stadt haben, hier findet der Markt statt, hier treffen sich die Menschen in Caféhäusern oder am Brunnen. Fotos: js

 

Von Jürgen Streicher

Bad Homburg. Nun soll nach langem Vorgeplänkel endlich Bewegung in das wichtigste Bauprojekt für die nächsten 50 Jahre in der Kurstadt kommen. „Zukunft Kurhaus startet jetzt“ haben Kur- und Kongress-GmbH und die Stadt als Leitmotiv über das nun beginnende ernste Vorspiel gesetzt, im Sommer 2021 soll die Schicksalsfrage beantwortet werden. Sanierung oder Neubau, zwischen diesen Polen ist der Rahmen weit gesteckt, so oder so wird es eine Grundsatzentscheidung, die das Leben in der Mitte der Kurstadt auf Jahre in Zwangsjacken stecken wird.

Der Worte sind noch lange nicht genug gewechselt, aber dennoch sollen jetzt Taten folgen. Nach 36 Jahren kann das technische Funktionieren des Kurhauses nur noch mit hohem finanziellen Aufwand sichergestellt werden. Allein dafür musste die Kur im vergangenen Jahr 200 000 Euro ausgeben. Vor allem das meist frequentierte Parkhaus der Stadt mit 90 Prozent Auslastung weise „große bauliche Mängel“ auf.

Im Grundsatz besteht Einigkeit im Ensemble derer, die das Haus besitzen, leiten, lenken, Vermieter oder Mieter, Nutzer oder Besucher sind. Die Tage des alten Kurhauses sind gezählt, es wird höchste Zeit, vom Nachdenken zum Handeln überzugehen. „Das Schönste an dem Gebäude ist der Blick nach draußen Richtung Kurpark“, bringt Oberbürgermeister Alexander Hetjes auf den Punkt, was viele denken. Das „Herz der Stadt“, so Kurdirektor Holger Reuter, braucht wie viele der Kurgäste dringend eine Frischzellenkur. Der Weg zum Weg ist jetzt bereitet, in diesen Tagen beauftragen Kur und Stadt einen „Realisierungswettbewerb“ zum Neubau und ein Gutachten für die Sanierung des Kurhauses. Die Ergebnisse beider Verfahren sollen die „zentrale Informationsgrundlage“ bilden, auf deren Basis die Öffentlichkeit stets auf der Höhe des Verfahrens mitreden kann und die Stadtverordnetenversammlung am Ende über möglichen Neubau oder Sanierung entscheiden kann.

Ab heute können Interessierte mehr zu den Hintergründen der Kurhaus-Planung auf der Internetseite www.kurhaus-bad-homburg.de erfahren, für Dienstag, 15. September, ist eine Bürgerinformation im Kurhaus geplant. Da die Platzzahl coronabedingt eingeschränkt ist, kann die Veranstaltung auch in einem Livestream im Internet verfolgt werden.

Bürger unterstützen beratend

Wenige Tage später, am 18. September, startet der Realisierungswettbewerb. Das Ergebnis des Sanierungsgutachtens soll im Frühjahr/Sommer 2021 vorliegen, dann werden auch die Ergebnisse des Wettbewerbs öffentlich ausgestellt und von einem Preisgericht nach festgelegten Kriterien bewertet. Fünf per Zufallsverfahren ausgewählte Bürger dürfen an den Sitzungen der Jury teilnehmen und sie „beratend unterstützen“. Alle Modelle sollen ausgestellt werden. Weil das Thema „elementar wichtig“ für die Stadt sei, „wollen wir größtmögliche Transparenz schaffen“, so OB Hetjes. Die Stunde der Wahrheit wird im Sommer 2021 schlagen, dann müsse nach Untersuchungen in alle Richtungen eine Entscheidung gefällt werden.

Bis dahin dürfte das jetzt schon heftig diskutierte Projekt auf allen Social-Media-Kanälen von Facebook über Instagram bis Twitter heißlaufen. Weil das Kurhaus eine derart herausgehobene Rolle im Stadtleben spiele, habe man gemeinsam für den „längeren Weg gestimmt“, betonen Hetjes als Vorsitzender des Verwaltungsrats und Reuter als Geschäftsführer der Kur- und Kongress-GmbH. Mit eingehender Untersuchung beider Möglichkeiten erhalte man eine „solide Grundlage“ für die so wichtige Entscheidung. Zahlen aus verschiedenen Studien und Statistiken sollen das belegen. So generiere der Tourismus in Bad Homburg etwa 176 Millionen Euro pro Jahr, sagt eine Studie aus dem Jahr 2018. Ein Tagesgast gebe rund 30 Euro aus, ein Übernachtungsgast zwischen 78 und 139 Euro.

Im vergangenen Jahr wurden erstmals über 600 000 Übernachtungen registriert, dazu kamen 3,1 Millionen Tagesgäste und 45 000 Kongressgäste. Die Veranstaltungen im Kongress-Center sorgten für eine so genannte „Umwegrentabilität“ von 3,5 bis 4,5 Millionen Euro. Ob Gastgewerbe, Einzelhandel oder Dienstleister, regionale und Handwerksbetriebe, alle Wirtschaftsbereiche würden vom Tourismus profitieren, das Kurhaus solle daher auch in der Zukunft unter veränderten Prämissen moderne und zeitgemäße Standards setzen.

Das lässt Raum für Interpretationen unterschiedlichster Art, Hauptaufgabe wird es sein, eine gemeinsame Lösung zu finden, mit der alle Miteigentümer von Grundstück und Gebäude, der Einzelhandel im Umfeld und die Anwohner leben können. Stärkung der Innenstadt, bedarfsgerechte Mobilitätslösungen, touristische Wertschöpfung, wirtschaftlicher und ressourcenschonender Betrieb bei vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten, Erhalt eines gesellschaftlichen Mittelpunkts und Outdoor-Treffpunkt aller Bürger, es gibt viele Themen, die Anforderungen sind immens. Und bezahlen muss das Ganze am Ende auch noch jemand. Klare Devise: Die „Zukunft Kurhaus startet jetzt“.



X