Neues Leben auf dem Goldschmidt-Areal

Das Haupthaus des Sanatoriums Goldschmidt mit einigen Anbauten. Foto: js

Bad Homburg (js). Es passte in die Zeit, dass die Stadt und der Hochtaunuskreis ausgerechnet an diesem nasskalten verregneten Dienstag in das alte „Taunus-Sanatorium“ eingeladen hatten. Es galt, neue Ideen und erste Planskizzen in einem maroden Gebäude vorzustellen, wie das seit mehr als zwei Jahrzehnten verfallende Goldschmidt-Anwesen in Kurparknähe revitalisiert werden könnte. Als ein bedeutsamer „Ort der Kur“, als Büroraum oder sogar als Klinik wie einst, als Dr. Siegfried Goldschmidt 1911 die streng rituell-jüdische Kurstätte gründete. Es passte, weil am Tag zuvor bundesweit und weltweit der 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz begangen wurde. Vor knapp zwei Jahren, in den Tagen, da des 80. Jahrestags der Novemberpogrome gedacht und eine neue Synagoge in Bad Homburg geweiht wurde, hatte der Kreis eine Machbarkeitsstudie auf den Weg gebracht, die Zukunftsmodelle für das Areal ausloten sollte.

Überraschend am vorläufigen Ergebnis und den Schlussfolgerungen daraus sind einzig die Erkenntnisse des Bauhistorikers Martino La Torre aus Wiesbaden, der die Geschichte des Hauses akribisch recherchierte und einige geschichtlich bedeutende Alleinstellungsmerkmale nachweisen konnte, die das ehemalige Sanatorium in der Geschichte Bad Homburgs besonders machen. Etwa die Existenz eines rituellen Tauchbads und einer Synagoge in einem Nebengebäude. Und Stadt und Kreis damit eine „besondere Verantwortung“ für den Umgang damit verordnen, wie Landrat Ulrich Krebs formulierte. Die besonderen Räume könnten später einmal als „eine Art Zeitkapseln“ eine Dokumentation zur Geschichte des Hauses beherbergen, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Krebs und Homburgs Oberbürgermeister Alexander Hetjes.

Konzepte im Zeitgeist

Beim Thema Revitalisierung des Goldschmidt-Anwesens geht es aber weniger um museale Rekonstruktionen als um Nutzungskonzepte im Zeitgeist. Keine Überraschung deshalb, dass die Machbarkeitsstudie, die im Auftrag des Hochtaunuskreises von einem Architekturbüro erarbeitet wurde, bei der zukünftigen Nutzung des 2016 unter Denkmalschutz gestellten Gebäudes sowohl Büroraum als auch Wohnraum oder eine Klinik für möglich erklärt. Der Kreis hatte das 19 000 Quadratmeter große Grundstück 2008 für 5,5 Millionen Euro übernommen, die Stadt erließ später eine Erhaltungssatzung.

Dreigeteilte Nutzung

Nun soll das Gelände mit 8000 Quadratmetern Denkmalfläche dreigeteilt genutzt werden. Der Grundstücksteil mit den alten Gebäuden und ein weiterer Teil, auf dem laut Planerin Anja Schäfer vom Büro Kreateam etwa 40 hochwertige Wohnungen entstehen könnten, soll an einen Investor verkauft werden, ein dritter von der Größe her nicht definierter Teil soll für eine mögliche Erweiterung des Kaiserin-Friedrich-Gymnasiums im Eigentum des Kreises bleiben. Die Stadt wird für das gesamte Gelände einen Bebauungsplan erstellen, Kreis, Stadt und Landesdenkmalamt wollen in „vertiefenden gemeinsamen Gesprächen“ die Rahmenbedingungen für die Nutzung und Ausgestaltung der zwei Grundstücksteile durch einen Investor festlegen. „Kreis, Stadt und Denkmalfachbehörde ziehen hier an einem Strang“, verspricht der Oberbürgermeister. Alle drei Seiten sprechen von einer „vertrauensvollen Zusammenarbeit“, die über viele Jahre nicht möglich schien.

„Wir wollen das historische Erbe dieses Hauses sorgfältig bewahren“, sagt der Landrat. Dafür steht auch Jutta Brod vom Landesamt für Denkmalpflege, in deren Zuständigkeitsbereich das ehemalige Goldschmidt-Sanatorium liegt. Für den Erhalt des Hauptgebäudes sieht sie trotz jahrelanger Verwahrlosung gute Chancen. Die von außen augenscheinlich stabile Verfassung setze sich auch im inneren Gebäude fort, vieles sei rekonstruierbar. Der Denkmalschutz werde bei der anstehenden Kernsanierung bei jeder Frage mitreden, ein Disneyland wie etwa bei der Sanierung der historischen Villa Gans in Oberursel soll nicht zugelassen werden.

Einen weiteren Zeitplan nannten Krebs und Hetjes bei der Vorstellung der Planskizzen im am feuchten Dienstagvormittag dunkel und geisterhaft daherkommenden Gemäuer mit den zahlreichen Schäden durch Vandalismus ungebetener Besucher nicht. Beim Rundgang durch einen Teil des einstigen Hauptgebäudes lassen aufgehängte Kopien von Fotografien aus der Blütezeit des Sanatoriums ahnen, wie es dort damals in den weitläufigen großzügigen Räumen aussah.

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