Wo Obstblüten mit Entenfedern bestäubt werden

Maximilian Prüfer im Gesprächt mit HR2-Moderatorin Bianca Schwarz im Museum Sinclair-Haus. Foto: Staffel

Bad Homburg (ks). Maximilian Prüfer ist ein Künstler, der sich seit Jahren mit Insekten befasst und sogar deren „Spuren“ mit einer von ihm entwickelten speziellen Drucktechnik festgehalten hat. In seinem jüngsten Projekt „A Gift from Him“ steht die Bestäubung der Blüten im Mittelpunkt, die durch den Einsatz von Pestiziden und dem damit verbundenen Insektensterben zum Problem geworden ist. Weil es keine Wildbienen mehr gibt, haben seit etlichen Jahrzehnten in China Bauern und Wanderarbeiten diesen Job übernommen. Innerhalb der 14 entscheidenden Tage kraxeln sie in die Bäume auf den riesigen Obstplantagen und bestäuben die einzelnen Blüten mithilfe von Entenfedern an langen Stöcken, damit sie die wertvollen Früchte später ernten können.

2018 reiste Maximilian Prüfer zweimal in die chinesische Provinz Sichuan, um dort die Bestäubungsaktion der Bauern und ihrer Helfer zu beobachten und selbst zu lernen, wie das vor sich geht. Fotografien seiner künstlerischen Arbeiten, Bilder, die ihn in einem blühenden Obstbaum bei der Arbeit zeigen, und eine Auswahl der handgefertigten Werkzeuge, die dabei zum Einsatz kommen, sind in der Ausstellung „Flügelschlag – Insekten in der zeitgenössischen Kunst“ im Museum Sinclair-Haus zu sehen. Er hatte vom Einsatz in China auch eine von ihm selbst bestäubte Birne mitgebracht, die er als Abguss verewigte.

In einem anregenden Gespräch mit HR2-Moderatorin Bianca Schwarz hat Maximilian Prüfer über diesen Einsatz berichtet, der ihn sehr beeindruckt habe. Auch, was die aufgeschlossenen modernen Bauern angehe, die selbstverständlich mit Handy und Computer umgehen könnten. „Wir haben ein völlig falsches Bild von China“, stellte er fest. Anfangs sei man ihm zwar mit Skepsis begegnet, nicht zuletzt wegen der sprachlichen Hürden, aber allmählich sei er in guten Kontakt zu einigen Menschen gekommen und habe viel Gastfreundschaft erfahren.

Statt über das Fehlen der Wildbienen zu jammern, sähen die Bauern die Situation als Herausforderung, sachgemäß und effektiv zu reagieren. Nach dem Zusammenschluss der arbeitenden Bevölkerung in Kommunen und der damit verbundenen politischen Gängelei unter Mao hat sich in China eine Wandlung vollzogen, die eine vorsichtige Rückkehr zu privaten Initiativen wieder möglich mache. Auch die Bauern in diesem riesigen Obstanbaugebiet organisierten die Bestäubungsaktionen in Eigenregie. Bianca Schwarz hatte sich gut auf das Gespräch vorbereitet und hielt es unaufdringlich in Fluss. Sie zitierte dabei auch einen deutschen Wissenschaftler, der prophezeite, dass spätestens in drei Jahrzehnten auch in Deutschland Menschen die Arbeit der Insekten übernehmen müssten.

Die Zuhörer hörten aufmerksam zu und hatten auch noch Fragen an den Autor, der diese gern beantwortete. Was könnten wir von den chinesischen Bauern lernen? Die Antwort könnte lauten: Nicht jammern, sondern aktiv werden.



X