Bad Homburg (jbr). „Hessen weiter führen – wohin es mit unserem Land gehen soll“ stand auf der Einladung zum Jahresempfang der Bad Homburger CDU. Die Landtagswahl steht für die Hessen bevor, und somit schien es nun den Christdemokraten an der Zeit, auch in den eigenen Reihen für die das Land regierenden Politiker zu werben.
Der CDU-Vorsitzende Thorsten Bartsch begrüßte die zahlreich erschienenen Mitglieder im Güterbahnhof am bisher heißesten Tag des Jahres und richtete den Blick vor allem auf die unsichere Lage, die derzeit vorherrsche. „Unsere Umfragewerte geraten unter Druck“, stellte Bartsch mit Blick auf den steigen Zuspruch für die AfD fest, auch wenn Bad Homburg als eine der letzten christdemokratischen Hochburgen mit über 30 000 Einwohnern in Hessen bisher gehalten werden konnte.
Signifikant beteiligt daran sei ohne Zweifel Oberbürgermeister Alexander Hetjes, der bereits in der zweiten Amtsperiode mit einer starken Mehrheit in Bad Homburg regiere und trotz der schwierigen Zeiten zwischen Pandemie und dem Angriffskrieg Russlands in der Ukraine die Stadt hinter sich habe.
„Liebe Freunde des guten Geschmacks“, begrüßte Hetjes die kurstädtischen Christdemokraten und berichtete als Überbrückung, bis Ministerpräsident Boris Rhein eintraf, wie er scherzend sagte aus dem „kommunalpolitischen Moloch“. Durch die beiden ineinander verzahnten Krisen sei der Haushalt stark getroffen worden, sodass ein Defizit von je 35 Millionen Euro pro Jahr – der nun verabschiedete Haushalt läuft als „Doppelhaushalt“ über zwei Jahre – entstanden sei. Auch in Bezug auf die ansässigen Firmen sei „die Situation nicht so, wie man sich das wünscht“ – auch hier haben Krieg und Pandemie ihre Spuren hinterlassen. Jedoch blickte Alexander Hetjes auch nach vorne: „Wir müssen durch zwei schwere Jahre, aber es wird auch wieder besser.“ Erfreulich sei beispielsweise der geschätzte Marketing-Wert der „Bad Homburg Open“ mit 16 Millionen Euro. Nun sei auch die Aufwertung des Tennisturniers zu einem „WTA 500“ geplant, allerdings ziehe sich dies wegen zu zahlender Lizenzgebühren durch den Turniereigentümer noch etwas.
Abschließend informierte Hetjes über die neue, moderne Kläranlage, die anstelle des derzeitigen, maroden Aufbereitungsbetriebs künftig in der Kurstadt für die Reinigung des Abwassers mit höchster Effektivität sorgen soll. Ein Thema, über das viel zu selten gesprochen werde, bemängelte der Chef des Magistrats, bevor er das Rednerpult für Boris Rhein freigab, der inzwischen eingetroffen war und bereits beim Reinkommen links und rechts einzelne Parteimitglieder begrüßte, während seine Sicherheitskräfte den Weg nach vorne im Blick behielten. Am Beginn des Vortrags stand ein Lob für den Parteikollegen Hetjes, der mit den Sozialdemokraten als „Juniorpartner“ vormache, wie die Geschicke einer Stadt zu lenken seien, so Rhein. „Die SPD darf aber nicht im Fahrerhaus sitzen“, fiel Rhein sogleich mit der Tür ins Haus und eröffnete nach kurzer Vorrede zu seinen Wurzeln in Nieder-Eschbach – also in „Riechweite“ der Homburger Kläranlage, wie er süffisant lächelnd anmerkte – eine breite Ausführung über die derzeitigen Regierungsverhältnisse auf Bundesebene, zu denen der hessische Regierungschef kaum lobende Worte fand.
Zwar könne man, wie es in Hessen gezeigt werde, auch mit den Grünen regieren, jedoch seien sie nach Möglichkeit kleinzuhalten. „Wir stehen besser da als je zuvor“, stellte Rhein ein Zeugnis für die Arbeit der hessischen Landesregierung aus. Unterdessen habe die Bundesregierung 500 Milliarden Euro neue Schulden angehäuft, kritisierte Rhein, ohne über mögliche Gründe für die angefallene Neuverschuldung spekulieren zu wollen. In Hessen gelte selbstverständlich weiterhin die Schuldenbremse.
Auch zum Länderfinanzausgleich verlor Rhein keine warmen Worte: „Hessen bekam noch nie einen Euro.“ Stattdessen zahle jeder Hesse jährlich 550 Euro für Fortschritte in anderen Ländern, wo beispielsweise die Lohnangleichung für Grundschullehrer an die Gehälter der Lehrer an weiterführenden Schulen schon stattgefunden habe und das „auf Kosten der Hessen“. Trotz der hohen finanziellen Belastung des Landes habe die CDU mit Kultusminister Alexander Lorz am hessischen Schulsystem mit Erfolg gewirkt. „Wir haben so viele Lehrer wie noch nie“, stellte Rhein fest und bestätigte die Aussage des zuständigen Ministers, in Hessen fehle es somit nicht an Lehrern.
Auch beim Thema „Energie“ kündigte Boris Rhein einen Gegenkurs zur Ampel-Regierung an: „Die Zukunft liegt nicht im Lastenrad“, kritisierte er und forderte die Erhaltung Deutschlands als „Autonation“. Gegen Ende des Vortrags hagelte es Kritik am Ausstieg aus der Kernkraft und der Öffnung der Bundesrepublik für Einwanderer. „Zuwanderung stellt ein enormes Problem dar“, ermahnte der CDU-Landeschef.
Abschließend richtete er sich mit einem Appell an sein Auditorium: „Am 8. Oktober müssen wir ein klares Urteil sprechen!“ Mit der Wahl der CDU auf Landesebene setze die Wählerschaft ein Zeichen gegen die Bundesregierung, wer jedoch die AfD wähle, „stabilisiert die Ampel“. „Wir haben die Themen aufgestellt“, schloss Rhein, verzichtete auf jegliche detaillierte Ausführung zum Programm der CDU und nahm nahtlos den aufbrandenden Applaus entgegen. Im Anschluss standen die Spitzenpolitiker aus Stadt und Land noch für Fragen zur Verfügung.