Die Seele baumeln lassen und genießen

Beliebter Logenplatz auf der Abendsonnenseite des kleinen Sees im Tannenwald: Von hier aus hat man perfekte Sicht auf den Tempel, der die vorgelagerte Insel als offene Säulenhalle schmückt. Dort entsteht die Musik, die leicht in der lauen Luft über das Wasser flirrt. Foto: js

Bad Homburg (js). Was braucht der Mensch im Sommer mehr als etwa einen schönen Abend am See? Ein bisschen was zum Picknicken, natürlich einen gut gekühlten Drink, feine Musik zum Anreichern der natürlichen Musik, die aus Bäumen, Büschen und vom Wasser dringt. Und, na klar, den richtigen Platz nah am Ufer in Sicht- und Hörweite zur Musik und den Menschen, die diese Musik dem geneigten Publikum schenken. Ist ja „Bad Homburger Sommer“, da ist der Eintritt frei und das Volk strömt in ordentlichen Mengen zur „Soiree“ in den Kleinen Tannenwald, um sich von Musik und anderen sinnlichen Genüssen beseelen zu lassen. Ein wunderbarer Platz dafür der See in der Landgräflichen Gartenlandschaft mit der perfekten Bühne, ein Juwel die im Teich liegende kleine Insel mit der „offenen Colonade“, die über eine chinesische Holzbrücke zu erreichen ist.

Am abgesackten Ufer der Insel – auch im Tannenwald fehlt viel Wasser – genießen die zugereisten Nilgänse den musikalischen Abend, am Restufer ist spürbar heitere und fröhliche Sommerstimmung angesagt. Jedenfalls bei denen, die rechtzeitig da waren und einen schönen Platz gefunden haben. Und später nicht von Nervensägen belästigt werden, die dringend in die erste Reihe wollen und dabei bei der Platzwahl keine Gnade kennen. Und dann nur schwätzen, weil keiner was fürs Picknick mitgenommen hat und die Musik nicht gefällt. Banausen im Tannenwald, die anderen goutieren auch das vielleicht Unerwartete.

Man muss sich drauf einlassen, auf die Musik von Regina Reiter, die schon mit neun Jahren zum Saxofon gegriffen hat und alle Stile gerne im Crossover mixt, Brücken von der Klassik zum Jazz baut, es liebt, groovig zu sein, immer bereit ist, Barrieren einzureißen. Vom „Tableaux de Provence“ von Paule Maurice in kurzen Sätzen über die „Hot Sonate“ von Erwin Schulhoff bis hin zum flotten Gershwin-Medley. Was will man mehr in Sommerzeiten, wenn da auch noch der Klassiker „Summertime“ eingebaut ist?

„Es war schön, von Ihnen umringt hier zu spielen“, sagt Regina Reiter nach einer knappen Stunde im letzten Sonnenlicht, das noch übers Wasser streift. Das raunende „Oohh“ im Menschenkreis ist da kaum zu überhören, gerade hatte das Konzert der Saxofonistin mit ihrem kongenialen Partner am Piano und Variationen von George Gershwins Musik so richtig Fahrt aufgenommen, da sollte es schon wieder zu Ende sein? Na gut, eine Zugabe geht noch, schließlich haben auch Regina Reiter und der Mann am Klavier, Danlin Felix Sheng, zwei Jahre auf diesen Auftritt gewartet, der eigentlich schon für das „Sommer-Programm“ 2020 geplant war. Nochmals zwei Jahre zuvor hatten sich die beiden gefunden und zum „Duo Klax“ formiert, Klavier und Saxofon, klaxig zusammengefasst.

Für den Auftritt auf der Insel hat Sheng auch die Mama mitgebracht, zum Festhalten der Notenblätter im sanften Abendwind. Viel Beifall gab’s dafür. Das Publikum ist versöhnt mit der Zugabe, mit spanischen Jazz-Sequenzen für Alt-Saxofon und Klavier des Komponisten Pedro Iturralde. Zur „Bescheinigung“, dass sie es wirklich gut fanden, hat der Förderverein Kleiner Tannenwald, der sich um die Organisation der Soiree gekümmert hat, einen offenen Geigenkasten diskret offen am Künstlerausgang von der Insel platziert. Spenden kann der rührige Verein, der sich seit vielen Jahren bei der Revitalisierung des schönen Platzes engagiert, immer gebrauchen.

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