Sehenswerte Schau zeigt das Frühwerk von Carl Stolz

Museumsleiterin Dr. Ursula Grzechca-Mohr und Dr. Peter Lingens zeigen die Ansicht des Weimarer Ateliers von Carl Stolz. Foto: Bergner

Bad Homburg (a.ber). Mit Ansichten der Stadt Bad Homburg, Taunuslandschaften und Porträts machte er sich einen Namen: der Maler Carl Stolz, der lange in Bad Homburg lebte und wirkte. 1894 geboren und seit seinem zehnten Lebensjahr mit der Familie in der Unteren Brendelstraße ansässig, sog Carl Stolz die Eindrücke in der Kurstadt auf – viele seiner Landschaftsbilder hängen heute noch in privaten Haushalten, ebenso wie Porträts, die seine künstlerische Handschrift tragen. Als jüngst die beiden Töchter des Homburger Malers ihr Haus in der Brendelstraße aus Altersgründen aufgaben, erhielt das Städtische Museum im Gotischen Haus die Möglichkeit, zwei bedeutende Werke aus der Frühzeit seines Schaffens zu erwerben. Mit einem Aufruf an die Bevölkerung, noch vorhandene Bilder Stolzes aus der Schaffensphase 1920 bis 1935 für eine Ausstellung zur Verfügung zu stellen, hatte das Museum Glück. Sowohl aus privaten Haushalten wie auch von der Familie Stolz wurden Bilder eingeliefert, die nun zu einer sehenswerten Schau im Gotischen Haus arrangiert wurden: „In neuem Licht. Das Frühwerk von Carl Stolz“.

Studium abrupt beendet

Stolz, der aus einem wohlhabenden Elternhaus stammte und das Kaiserin-Friedrich-Gymnasium besuchte, studierte 1913 bis 1920 an der Großherzoglich Sächsischen Hochschule für Bildende Kunst in Weimar. Als die Hochschule unter der Federführung von Walter Gropius in das sogenannte „Bauhaus“ überführt wurde, beendete Carl Stolz sein Studium abrupt. Dem jungen Maler, der noch in der Tradition der Weimarer Schule seine Malerei erlernt hatte, gefielen die Neuerungen wenig. Er kehrte in seine Heimatstadt Homburg zurück. Beeindruckend zeugt von seinem Können schon als Student das Bild „Im Atelier in Weimar“ aus dem Jahr 1917: Angelehnt an den Spätimpressionismus, sieht der Betrachter hier in einen kargen Raum hinein, vor dessen großem Fenster ein Baum zu sehen ist. „Dort lebte der Maler damals auch“, erläuterte Museumsleiterin Dr. Ursula Grzechca-Mohr bei einem Rundgang durch die Ausstellung. 1920 eröffnete Carl Stolz ein Atelier in der Dorotheenstraße 4 in Bad Homburg. Später bezog er Räume im Obergeschoss seines Elternhauses. In dieser Zeit malte er viele Bilder, nahm an Ausstellungen in und um Bad Homburg teil, verkaufte viele Gemälde. „Die Zeitungsartikel über ihn waren euphorisch“, sagte Dr. Peter Lingens, Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Museums im Gotischen Haus, der viel über die Frühzeit Carl Stolzes recherchiert hat.

Mit den beiden Gemälden „Die vier Lebensalter“ von 1923 und dem Selbstporträt von 1924 hat das Städtische Museum zwei bedeutende Werke erworben. „Das Gemälde ‚Die vier Lebensalter‘ hing im Treppenhaus der Familie Stolz“, erzählte Ursula Grzechca-Mohr. Es zeuge von einer „gebrochenen Künstlerbiografie“. Die Klassische Akademie-Malerei sei in der Weimarer Zeit nicht mehr so gefragt gewesen, so Grzechca-Mohr. Stolz, der noch von Max Liebermann beeinflusst gewesen sei, habe die neue Avantgardekunst nicht nachvollziehen können.

Auf dem großformatigen Gemälde sitzt eine alte Frau zusammengesunken da, neben ihr eine junge nackte Frau und ein Jüngling auf einem Pferd, im Vordergrund rechts drei kleine Kinder ins Gespräch versunken; dunkle Wolken ziehen auf. „Das allegorische Motiv und der Malstil lassen vermuten, dass der Maler das Bild früher begonnen, vielleicht als Abschlussarbeit der Akademiezeit gemalt hat“, sagte Grzechca-Mohr. Das Motiv dieses Bildes findet sich auch als Hintergrund auf dem „Selbstportrait“ wieder. Beide Bilder wurden nun hervorragend von der Restauratorin Susanne Silbernagel restauriert.

Die 35 Bilder der Ausstellung, von denen ein Drittel dem Städtischen Museum gehören, zeugen vom impressionistischen Einfluss auf Stolzes Malerei, so die Bilder der Themse bei London, die Stolz bei einem Aufenthalt in England malte. Nach seiner Heirat mit Louise Mais im Jahr 1930 und später als vierfacher Familienvater „wurde sein Pinselstrich heller“, wie Peter Lingens erklärte. Er porträtierte nicht nur seine Kinder, sondern auch seine Frau als junges Mädchen und viele weitere Menschen. Einen künstlerischen Einbruch erlebte Carl Stolz ein zweites Mal mit Beginn des Zweiten Weltkrieges: Den empfindlichen Künstler zerriss es förmlich, und davon zeugen auch einige tätlich zerrissene Studienblätter und Skizzen, von denen eine Ansicht von Bad Homburg eigens für die Ausstellung wieder zusammengefügt wurde. 1948 versuchte Carl Stolz durch die Gründung des Künstlerbundes Taunus noch einmal, seinem Schaffen einen Sinn zu geben: Er unterstützte bis zu seinem Tod im Jahr 1978 viele junge Künstler auf ihrem Weg.

Im Jahr des Bauhaus-Jubiläums möchte die Ausstellung im Gotischen Haus mit den frühen Arbeiten von Carl Stolz einen Aspekt hinzufügen: Die Betrachtung einer Künstlerbiografie, die an der renommierten Kunsthochschule Weimar begann, anschließend um ihre künstlerische Berechtigung rang und schließlich in der NS-Zeit ihre künstlerisch-gestaltenden Ziele verlor. Das Frühwerk von Carl Stolz steht dabei stellvertretend für das der „verlorenen Künstlergeneration“.

!Die Ausstellung „In neuem Licht“ ist dienstags bis samstags von 14 bis 17 Uhr, sonntags und feiertags von 12 bis 18 Uhr im Gotischen Haus, Tannenwaldweg 102, in Bad Homburg zu besichtigen (Karfreitag geschlossen). Am 16. April, 21. Mai und 18. Juni gibt es Sonderführungen, Anmeldung unter Telefon 06172-37618, E-Mail: museum[at]bad-homburg[dot]de. Ein Katalog kann erworben werden.

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