Spatenstich für neue Mikwe an der Synagoge im Töpferweg

Nach der Zerstörung des rituellen Tauchbads und der Synagoge im Jahr 1938 nun der erste Spatenstich zum Neubau einer Mikwe neben der neuen Synagoge im Töpferweg: Mit der Jüdischen Gemeinde Bad Homburg freuen sich (v. l.) Eugen Sternberg, Rabbiner Shalom Rabinovitz, Marc Grünbaum und Oberbürgermeister Alexander Hetjes. Foto: Bergner

Bad Homburg (a.ber). „Nimm teil an unserer Zukunft!“ Diesen Wunsch hat die Jüdische Gemeinde Bad Homburg über die Verwirklichung eines Vorhabens gestellt, das für ihre rund 400 Mitglieder ein „wichtiger Grundstein für die Entwicklung eines lebendigen Gemeindelebens“ ist, wie der Bad Homburger Rabbiner Shalom Rabinovitz sagte: Gemeinsam mit Vertretern der Stadt setzte die Jüdische Gemeinde in der vergangenen Woche neben der Synagoge im Töpferweg den ersten Spatenstich für eine neue Mikwe, das rituelle jüdische Tauchbad. Oberbürgermeister Alexander Hetjes betonte bei der Zeremonie, es sei „etwas Schönes, jüdisches Leben in der Stadt erlebbar und sichtbar zu machen“. Hetjes dankte der Gemeinde, die 2018 bereits das Jüdische Zentrum Bad Homburg mit der neuen Synagoge eröffnet hatte, dass mit dem Bau der Mikwe an eine 1938 zerstörte Tradition jüdischen Lebens in der Kurstadt angeknüpft werde. Damals war neben der alten Synagoge in der Elisabethenstraße auch das im jüdischen Gemeindehaus untergebrachte rituelle Tauchbad von Nationalsozialisten in Schutt und Asche gelegt worden.

Die neue Mikwe soll in etwa einem Jahr Bauzeit auf dem Gelände des jüdischen Zentrums entstehen. „Es ist für uns ein besonderer Moment. Im Judentum gibt es viele Gebote, darunter das wichtige Grundgebot, eine Mikwe zu bauen. Es stand und steht eigentlich noch vor dem Bau einer Synagoge“, erklärte Rabbiner Rabinovitz. Marc Grünbaum vom Vorstand der Jüdischen Gemeinde Frankfurt am Main, unter deren Dach die Bad Homburger Gemeinde mit ihrem Jüdischen Zentrum beheimatet ist, wies auf die geschichtliche Bedeutung des Neubaus hin: Es sei die erste neue Mikwe im Einzugsbereich der Frankfurter jüdischen Gemeinde, die seit 1945 errichtet werde. Nach dem halachischen Regeln sei das rituelle Tauchbad, in das jüdische Frauen nach Beendigung ihrer Regel jeden Monat eintauchen, um sowohl körperliche Reinheit wie auch seelische Reinheit zu erlangen, ein wichtiger religiöser Baustein zur Entwicklung der Gemeinde, aber auch ein Bestandteil der Hygiene-Regeln, „die Juden schon seit Jahrtausenden beachten“, so Grünbaum. Aufgrund dieser Hygiene-Regeln seien viele Seuchen zum Beispiel des Mittelalters an den jüdischen Gemeinden vorbeigezogen, was wiederum damals zu Pogromen gegen die Juden in Europa geführt habe. In einem rituellen Tauchbad können auch andere jüdische Menschen durch Untertauchen die Reinheit vor Gott erlangen; auch Essgeschirr wird mitunter, um es wieder kosher, also rein, zu machen, untergetaucht. Wichtig ist, dass dies in fließendem, sauberen Grund- oder Regenwasser geschieht.

Eugen Sternberg von der Jüdischen Gemeinde Bad Homburg, der auch Vorsitzender des Vereins der Freunde und Förderer der Jüdischen Kultur und Religion Bad Homburg ist, hob hervor, dass es nun wieder ein solches Angebot in der Kurstadt gebe; bisher mussten jüdische Gemeindemitglieder aus Bad Homburg, dem Hochtaunus- und Main-Taunus-Kreis immer nach Frankfurt fahren, um die Mikwe aufzusuchen. Die neue Mikwe wird neben dem Tauchbad auch Umkleideräume, sanitäre Anlagen und ein Büro für den Bad Homburger Rabbiner umfassen. Bauherr ist der Verein Freunde und Förderer der jüdischen Kultur und Religion Bad Homburg, dem die Stadt das Gelände am Töpferweg samt des Synagogengebäudes in Erbpacht überlassen hat. Die Kosten sollen sich auf etwa 250 000 Euro belaufen, wovon der Verein bereits 100 000 Euro an Spenden sammeln konnte. „Es freut die Jüdische Gemeinde besonders, dass darunter auch zahlreiche Spenden aus der Bad Homburger Bevölkerung kommen!“, so Eugen Sternberg.

Die 2011 neugegründete Jüdische Gemeinde Bad Homburg unter dem Dach der Frankfurter Jüdischen Gemeinde, die ihrerseits etwa 6500 Mitglieder hat, hat nach Aussage von Rabbiner Shalom Rabinovitz ein stabiles Wachstum. Doch Zuzug aus den ehemaligen Ostblock-Ländern gebe es kaum noch. Jüngst konnten noch einige jüdische Familien aus der Ost-Ukraine in den Hochtaunuskreis geholt werden, die von der Gemeinde aktiv integriert werden. Außer den Gottesdiensten und Feiertagen, die in der Synagoge gefeiert werden, gibt es im Jüdischen Zentrum eine Tagesmutter-Gruppe, die zum Kindergarten ausgebaut werden soll; dreimal pro Woche versorgt die Gemeinde ihre alten Mitglieder in Corona-Zeiten mit einem Mittagessen; ein Seniorennachmittag ist geplant, sobald es wieder möglich ist. Die Gemeinde ist sozial aktiv, der Bevölkerung gegenüber offen und lässt die Bad Homburger auch an ihrer jährlichen Chanukka-Feier auf dem Marktplatz teilhaben. Der jüdische Freundesverein möchte außerdem bald einen jüdischen Sportverein „Makkabi Bad Homburg“ gründen. „Wir wollen ein lebendiges, starkes und selbstbewusstes jüdisches Leben in unserer Stadt, und wir wollen einen regen Austausch zwischen den Menschen, die hier leben“, so Oberbürgermeister Hetjes.

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