Stadt soll bis 2035 klimaneutral werden

Photovoltaikanlagen wie diese auf dem Dach des Rathauses sollen zum Standard werden. Das ist der Wunsch von Claudia Richter und Holger Fröhlich vom Fachbereich Klimaschutz, Umwelt und Mobilität sowie von Bürgermeister Dr. Oliver Jedynak (v. l.). Foto: Stadt Bad Homburg

Bad Homburg (jas). Das Ziel ist klar: Der Stadtkonzern will bis zum Jahr 2030 eine energiegebundene Klimaneutralität erreichen. Für die gesamte Stadt wird dieses Ziel für das Jahr 2035 angestrebt. Hilfe und Leitfaden auf dem Weg dorthin soll das Klimaschutzkonzept sein, das der Magistrat jetzt einstimmig verabschiedet hat.

„Unser Klimaschutzkonzept sieht sehr ambitionierte Ziele vor – wir als Stadt Bad Homburg möchten jedoch Vorreiter in diesem Bereich sein, denn die Zeit drängt. Auch wenn derzeit andere Krisenherde die Berichterstattung in den Medien beherrschen, dürfen wir den Klimawandel keineswegs vernachlässigen“, sagte Bürgermeister und Nachhaltigkeitsdezernent Dr. Oliver Jedynak bei der Vorstellung des Klimaschutzkonzepts im Rathaus. Maßgabe soll sein, den Kohlendioxid (CO2)-Ausstoß bezogen auf den Energiebedarf auf eine Tonne pro Einwohner zu senken. „Das bedeutet, die Emission muss um etwa 90 Prozent minimiert werden“, so Jedynak.

Das neue Konzept baut auf dem über 20 Jahre alten Beschluss für das Klimaschutzrahmenkonzept auf. Bereits 2001 hatte das Stadtparlament beschlossen, die Kohlendioxid-Belastung in der Stadt nachhaltig zu senken. Jedynak: „Das Thema Klimaschutz ist für die Stadt also kein neues. Wir beschäftigen uns gerade als Kurstadt schon lange damit.“ 2020 folgte dann der Beschluss, ein aktualisiertes Klimaschutzkonzept zu erstellen.

Am Anfang stand eine Bestandsaufnahme mit der Frage „Wo stehen wir?“. Unter Zuhilfenahme eines externen Büros wurden der Energieverbrauch der Wohngebäude sowie der Industrie- und Gewerbebetriebe ermittelt, dabei die Bausubstanzen berücksichtigt, die vorhandenen Solaranlagen gezählt und eine Statistik der zurückliegenden energetischen Sanierungen erstellt. Auch die Verkehrsemissionen wurden einbezogen. Federführend an der Erstellung des Klimaschutzkonzepts beteiligt waren Claudia Richter, Leiterin des Fachbereichs Klimaschutz, Umwelt und Mobilität, sowie ihr Kollege Holger Fröhlich.

Aus diesen und weiteren Kennziffern wurde anschließend ein jährlicher durchschnittlicher CO2-Equivalent-Wert für jeden Bad Homburger ermittelt, wobei im Wesentlichen sogenannte Klimagase im Mittelpunkt der Betrachtung standen. Eine für den Bürgermeister interessante Erkenntnis: Die Stadtverwaltung produziert nur 0,6 Prozent des städtischen energie- und verkehrsbedingten CO2-Ausstoßes. Rund 40 Prozent hingegen werden durch private Haushalte verursacht.

Gebäude energetisch sanieren

In einem nächsten Schritt wurden dann Maßnahmen konzipiert, die dazu führen sollen, den gesamten CO2-Ausstoß der Stadt auf nahezu Null zu reduzieren. Schnell war klar, dass der Hebel bei der Beheizung aller Gebäude anzusetzen ist. Als Verwaltung will man mit gutem Beispiel vorangehen und die Klimaneutralität bereits im Jahr 2030 erreicht haben – fünf Jahre früher als die Gesamtstadt. „Im Mittelpunkt steht die energetische Sanierung der Gebäude. Die aktuelle Sanierungsrate liegt bei gerade einmal einem Prozent“, so Jedynak.

Daher gibt es jetzt zwei Maßnahmenkataloge: einen für den Stadtkonzern und einen für die Gesamtstadt. Die Maßnahmen sind wiederum in einen Fahrplan eingebettet, der unterschiedliche Prioritäten vorsieht: Maßnahmen die schnell, mittel- oder langfristig umgesetzt werden sollen. Eine Maßnahme wurde bereits umgesetzt: Klimaschutzmanagerin Laura Düpre hat im Mai ihre Arbeit aufgenommen. Beim städtischen Gebäudebestand gilt künftig unter anderem die generelle Vorgabe „Sanierung vor Neubau“, wenn dies technisch und wirtschaftlich darstellbar ist. Zudem sollen Photovoltaikanlagen zum Standard und Dächer und Fassaden von Gebäuden nach Möglichkeit begrünt werden. Des Weiteren soll ein Konzept für eine Minderung des Stromverbrauchs in städtischen Gebäuden erstellt und eine umfassende Aufklärungskampagne gestartet werden. „Wir haben bereits das Job-Ticket im Stadtkonzern eingeführt und wollen noch die Ladeinfrastruktur ausbauen“, so Jedynak.

Und ganz ohne positiven Hebel für die Bürgerschaft ist die Stadtverwaltung auch nicht. So lässt sich der Einspar-Prozess beispielsweise durch das städtische Energiespar-Förderprogramm, das weitergeführt und perspektivisch ausgebaut werden soll, unterstützen. Mit einem Volumen von rund 6,8 Millionen Euro wurde seit 2001 so die Freisetzung von etwa 60 000 Tonnen CO2 verhindert. Zudem sei es an der Stadt, die Bürgerschaft mit Informationen zu versorgen und für das Projekt zu sensibilisieren. Der große finanzielle Anreiz, so Jedynak, müsse aber von Bund und Land kommen, alles andere sei für eine Kommune nicht machbar. Auch im Bestand der Privathäuser sollen Sanierungen und Photovoltaikanlagen der Standard sein sowie Begrünungen von Dächern und Fassaden geprüft werden. Beim Thema der Innenstadtentwicklung setzt die Verwaltung auf Nachverdichtung. Zudem soll ein Wärmeplan für das Stadtgebiet erstellt werden.

Ein wichtiges Thema stellt auch die Energieerzeugung dar. Allein mit der Umstellung des bisherigen Strom-Mixes auf „grünen Strom“ (Photovoltaik und Wind) könnten rund 35 Prozent des CO2-Ausstoßes reduziert werden. Klar ist, dass die erforderlichen Strommengen nicht innerhalb der eigenen Gemarkung hergestellt werden können, selbst wenn man jedes Haus mit einer Photovoltaik-Anlage bestücken würde. Auch großflächige Anlagen können auf der eigenen Gemarkung nur im geringen Umfang realisiert werden. „Daher sollten Energiekooperationen mit anderen Städten geschlossen werden, die über geeignete Standorte für Windkraftanlagen verfügen, zum Beispiel Karben“, so der Bürgermeister.

Das Klimaschutzkonzept wird jetzt in den Ausschüssen und noch vor der Sommerpause im Stadtparlament vorgestellt, diskutiert und zur Abstimmung gestellt.



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