„Ein stimmungsvoller Kulturbetrieb ist nicht möglich“

Für den Herbst plant Michael von Loefen (Mitte) die Wiederaufnahme der Revue „Die Schlager-Pralinen“ mit Katrin Dezius (l.) und Susanne Fey (r.). Foto: Äppelwoi-Theater

Bad Homburg (ba). Das kulturelle Leben in Bad Homburg, Oberursel und Friedrichsdorf mit seinem bisher sehr reichhaltigen Angebot an Konzerten, Theater, Kabarett, Lesungen, Vorträgen und Shows ist nahezu zum Erliegen gekommen. Viele Künstler, Kreative, Veranstalter, Autoren und andere Kulturschaffende können nicht mehr wie gewohnt arbeiten und stehen vor großen Herausforderungen. In dieser Reihe stellen wir einige von ihnen vor.

Michael von Loefen ist Intendant und Leiter des Deutschen Äppelwoi-Theaters im Schwedenpfad. Das kleine Theater im Kurhaus in den Räumen des ehemaligen Kinos ist mittlerweile eine Institution. Auf der Bühne werden schräge und schrille Shows, oft in Verbindung mit Schlagermusik, geboten. Michael von Loefen ist ausgebildeter Schauspieler und schreibt zusammen mit einem Co-Autor alle Äppelwoi-Shows selbst.

Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation im Hinblick auf den Kulturbereich?

Michael von Loefen: So lange an der Fünf-Quadratmeter-Regelung pro Person in Hessen festgehalten wird, ist ein stimmungsvoller Kulturbetrieb nicht möglich. Man stelle sich bitte ein Volksmusik- oder Schlager-Konzert vor, bei dem die Leute solche Abstände einhalten müssten. Das wäre das Ende jeglicher Musik-Emotionen; das Gleiche gilt so auch für das Äppelwoi-Theater. Wir sollten diese Eventualität allerdings nicht ausschließen.

Wie könnten sich Kreative, Künstler und Veranstalter im Taunus gegenseitig unterstützen?

von Loefen: Wir können gegenseitig auf alle Veranstaltungen hinweisen. Ob sich dann aber tatsächlich Publikum dafür findet, hängt von der allgemeinen Pandemie-Angst ab, und die ist immer noch groß. Man sieht das momentan auch in schon geöffneten Restaurants, in denen die Abstandsregeln eingehalten werden. Ich habe mit einigen Besitzern gesprochen; sie sagen übereinstimmend, dass sie bestenfalls ein Viertel des normalen Umsatzes haben. Das reicht nicht für ein wirtschaftliches Geschäftsmodell.

Bekommen Sie Unterstützung von der Stadt für das Äppelwoi-Theater?

von Loefen: Derzeit nicht. Wir haben aber in Kürze ein Gespräch mit der Kurdirektion, in dem wir alle Möglichkeiten durchsprechen wollen. Eine endgültige Lösung ist allerdings nur nach weiteren Lockerungen des Landes in Sicht. Jetzt ist alles nur Diskussions-Basis für eine mögliche Zeit danach. Ohne Hilfen wird es allerdings nicht gehen.

Wann rechnen Sie mit der Wiedereröffnung des Theaters?

von Loefen: Wir planen derzeit ins Ungewisse und hoffen auf einen möglichen Eröffnungstermin im September.

Welche besonderen Herausforderungen haben Sie jetzt zu bestehen und welche Lösungswege haben Sie für sich gefunden?

von Loefen: Seit Mitte März heißt es: Ruhe bewahren! Und das auch im wörtlichen Sinne. Man darf nicht aufhören, zu arbeiten, sonst wird man blöd im Kopf. Das bedeutet, für das Theater neue Programme zu entwickeln und zu schreiben. Das verkürzt die sinnlose Zeit erheblich.

Wie nutzen Sie die zusätzliche freie Zeit privat?

von Loefen: Wir haben einen kleinen Sohn und machen mit ihm viele Ausflüge und neuerdings auch Spielplatz-Besuche. Der kleine Mann ist dabei glücklich, er profitiert also eigentlich von der Situation. Im Übrigen machen wir das, was die meisten Menschen wohl auch machen: Wir kochen jeden Tag!

Welche Anregungen haben Sie, um in dieser herausfordernden Zeit gesund, fit und glücklich zu bleiben?

von Loefen: Tanzen! Wir treffen uns zwei- bis dreimal pro Woche im Theater und tanzen. Das hält fit und glücklich.

Welche Projekte im Kulturbereich könnten Sie online durchführen? Und welche sind für später – hoffentlich wieder live – in Bad Homburg geplant?

von Loefen: Online leider gar nichts. Theater lebt vom persönlichen Kontakt zum Publikum. Für den Herbst planen wir zunächst drei Shows. Als Wiederaufnahme unsere Erkältungs-Show „Männerschnupfen“ und die Revue der drei „Schlager-Pralinen“. Außerdem gibt es eine neue 70er-Jahre-Show unter dem Titel „Jukebox-Spaß und Asbach-Cola“. Vielleicht verdrängt ja die Erinnerung an diese wundervolle Zeit ein wenig die unglückliche Gegenwart.

Welche Chancen sehen Sie in der aktuellen Krise?

von Loefen: Man kann ja mal darüber nachdenken, einiges neu und besser zu machen. Ein „Weiter so“ im Hinblick auf die Ökologie darf es nicht mehr geben. Das Motto sollte sein: „Komm’, wir halten die Welt an!“



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