Studenten diskutieren über Gentechnik in der Landwirtschaft

Studierende aus Afrika, Asien und Lateinamerika diskutieren in Bad Homburg die Risiken und Chancen von Gentechnik. Eine Exkursion führt sie zum nahegelegenen Dottenfelderhof nach Bad Vilbel. Dort lernen sie den ökologischen Landbau kennen. Foto: STUBE Hessen

Bad Homburg (hw). Ist Gentechnik nützlich? Gefährlich? Oder beides? Antworten darauf fanden 25 hessische Studierende aus 17 Ländern Ende Oktober in der Jugendherberge Bad Homburg. In verschiedenen Workshops diskutierten sie das Thema „Gentechnik und nachhaltige Landwirtschaft: Ein Widerspruch?“ im Rahmen eines Wochenendseminars des Studienbegleitprogramms „STUBE Hessen“, ein vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst gefördertes Projekt des World University Service.

Landwirtschaft werde seit etwa 10 000 Jahren mit Zuchtwahl betrieben, berichtete Professor Dr. Wolfgang Nellen, der den Verein „Science Bridge“ gegründet hat. Dabei wurden immer Pflanzen nach dem Interesse des Menschen, nicht dem der Pflanze ausgewählt. Denn eine Pflanze „will“ möglichst viele Samen (Kerne) und möglichst wenig Fruchtfleisch produzieren. Die Teilnehmer erfuhren, dass die Gentechnik in den 1990er-Jahren auf dem Spielfeld erschienen ist. Weltweit wurde die Genehmigung von gentechnisch verändertem Saatgut so teuer und langwierig, dass nur noch große, multinationale Konzerne sich das leisten konnten.

Die Folge: Es wurden nur Eigenschaften in Pflanzen eingebracht, die ausreichenden Profit versprachen. Das waren Resistenzen gegen Unkrautvernichtungsmittel und gegen Schadinsekten. „Dabei sei unter anderem ein Fehler gemacht worden: Herbizide sind nötig, denn auf einem Rapsfeld will man Raps und keine Disteln, Quecke oder andere ‚Beikräuter‘ ernten“, so Dr. Nellen. Allerdings wisse man auch, dass sich die Natur anpasst: Es entstanden resistente Unkräuter. Die neue Gentechnik mit CRISPR-Cas ist noch präziser geworden. In manchen Fällen werden nur einer oder ein paar Buchstaben im genetischen Code ausgetauscht, und es könne ein sehr großer Effekt erzielt werden. Letztlich müsse eine kluge Kombination von nachhaltiger, ressourcenschonender Landwirtschaft gefunden werden, die die Möglichkeiten der Gentechnik einschließe, um globalen Herausforderungen zu begegnen, resümierte Nellen.

Eine Exkursion führte die Studenten zum Dottenfelderhof, einem biologisch geführten Bauernhof in Bad Vilbel. Dr. Carl Vollenweider, Mitarbeiter der Forschung und Züchtung in der Landbauschule, erwartete die jungen Leute mit den Worten: „Bei uns wird keine Gentechnik verwendet!“ Einzig unter ökologischen Bedingungen gezüchtetes Saatgut garantiere dem Verbraucher und der Verbraucherin, dass sie ein gentechnikfreies Produkt erhalten. Diese Garantie könne bei der Verwendung von konventionellem Saatgut durch die derzeitige Entwicklung in der Saatgutzüchtung nicht mehr vollends gegeben werden. Während Vollenweider die Teilnehmenden durch den landwirtschaftlichen Betrieb entlang der Ackerflächen führte, erläuterte er, dass die Verwendung von Bio-Saatgut eine bedeutende Rolle im ökologischen Landbau spielt, denn langfristig gesehen dürfe konsequente Bio-Landwirtschaft nur auf ein möglichst vollständiges Zurückgreifen auf Bio-Saatgut und biodynamisch/biologisch gezüchteten Sorten basieren. Vollenweider sagte, es müsse sich erst noch erweisen, ob die Saatgut-Industrie neue gentechnisch veränderte „Super-Sorten“ aus dem Labor liefern kann, die höhere Erträge haben oder tolerant gegen widrige Umwelteinflüsse sind. Denn in den meisten Fällen beruhen diese begehrten Eigenschaften auf einem komplexen Zusammenspiel vieler Gene, der Umwelt der Pflanzen und unterschiedlicher Steuerungsmechanismen, das die Wissenschaft bisher nur unzureichend versteht.

Am Sonntag leitete Emmanuel Kipruto Ngetich, Masterstudent aus Kenia an der Goethe-Universität Frankfurt, ein Rollenspiel an, und die Studierenden schlüpften in die Rollen von Experten und Bürgern, um auf einer fiktiven Konferenz die Frage zu diskutieren, ob gentechnisch veränderter Mais auf den Feldern Hessens angebaut werden darf. Die Studierenden repräsentierten Akteure aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und dem zivilgesellschaftlichen Bereich. Nach einer hitzigen Debatte, zeigte sich das Landwirtschaftsministerium am Ende bereit, sich einer allgemein-europäischen Haltung, die der Gentechnik kritisch gegenübersteht, unterzuordnen. Das Projekt „STUBE Hessen“ ist ein studienbegleitendes Programm für Studierende aus Afrika, Asien und Lateinamerika, die an hessischen Hochschulen studieren.



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