Stunde der Opposition: FDP und BLB kritisieren Haushalt

Auch auf dem alten Klinik-Areal an der Urseler Straße soll es, glaubt man Oberbürgermeister Alexander Hetjes, bald vorangehen. Foto: js

Bad Homburg (js). „Der Haushalt ist technisch gut aufgestellt, aber die Richtung stimmt nicht mehr.“ Ein Satz von Philipp Herbold (FDP), der in der ersten Generaldebatte zum Haushalt 2022 die Denkrichtung seiner Fraktion vorgab und die anderen Fraktionen zum Denken anregen sollte. „Zu selten geht es um wichtige Dinge“, kritisierte der Fraktionsvorsitzende der Liberalen den Etat-Entwurf aus den Büros von Oberbürgermeister und Finanzdezernent Alexander Hetjes (CDU) und des aktuellen „Kämmereibeauftragten“ Meinhard Matern (CDU). Wenn das Zahlenwerk so verabschiedet würde, wie die bisherige Finanzplanung es vorsieht, würde „künftigen Generationen die Luft zum Atmen genommen“, so Herbold. Die FDP kündigte als einzige Fraktion in der „Stunde der Opposition“, wie die Generaldebatte zum Haushalt gerne genannt wird, eine strikte Ablehnung des Entwurfs an. Moderate Töne schlug Alexander Unrath (Die Grünen) an, ohne sich auf ein Votum festzulegen, für die Bürgerliste Bad Homburg (BLB) formulierte Armin Johnert in einigen Punkten Fundamentalkritik. In der finalen Debatte am 16. Dezember müssen beide Farbe bekennen.

Der Haushalt soll auf jeden Fall noch in diesem Jahr beschlossen werden. Nicht zu leugnen ist dann das mit Blick auf die Folgen der Pandemie erwartete historische Defizit von 22 Millionen Euro im ersten Corona-Haushalt, obwohl der Entwurf haushaltsrechtlich als ausgeglichen gilt, weil die in besseren Zeiten angehäufte Rücklage das Defizit deckt. FDP-Mann Herbold: „Wir gehen massiv an die Rücklage ran, das ist eine Trendwende. Da kann man doch nicht zuschauen.“ Alle Ausgaben gehörten auf den Prüfstand, die Krise sollte Anlass geben, noch vorsichtiger zu sein, Herbold nannte um elf Millionen Euro gestiegene Personalausgaben und Kosten für externe Ausgaben durch „unnütze Prüfaufträge“, nur um den Frieden zu wahren. Sonderwünsche seitens der FDP werde es nicht geben.

Lob für den Mut

„Die Rücklagen sind endlich, die Zeiten des Schenkens sind vorbei“, hatte auch OB Hetjes bei der Vorlage des Haushaltsentwurfs gesagt.

Die neue alte CDU-SPD-Koalition weiß die Verwaltungsspitze hinter sich, von ihr gab es vor allem lobende Worte. SPD-Sprecher Tobias Ottaviani etwa lobte den Mut zum Investieren, in der Krise müsse die Stadt „antizyklisch agieren“. Dies sei die Richtung, „die wir mittragen“. Etwa die Investition in bezahlbaren Wohnraum, ein neuer Mittelpunkt in der Finanzplanung. Zum Beispiel durch Erwerb von Wohnungen zur Weitervermietung am alten Klinik-Standort in der Urseler Straße, wenn dort die gewünschten Wohnbaupläne realisiert werden. Auch im rasant wachsenden Gebiet Vickers-Areal will die Stadt einsteigen, insgesamt 14,5 Millionen Euro sind dafür vorgesehen. „Wir investieren in die Zukunft“, so Ottaviani, er nannte unter anderem den „Ausbau der Infrastruktur als Fundament der Kommune“, die Pläne für ein neues Kurhaus, das städtische Radverkehrskonzept und den Ausbau der „Smart City“ Bad Homburg. „Das ist keine Science-Fiction mehr, das ist Realität.“ Uneingeschränktes Lob auch für die Stärkung der Stadtpolizei durch zwei neue Stellen. „Die gehen dahin, wo es eklig ist.“

„Signal in der Krise“

Der neue CDU-Fraktionsvorsitzende Clemens Wolf erwähnte zwar, dass ein Defizit von 22 Millionen Euro „nicht unser Anspruch ist“, verteidigte das Zahlenwerk angesichts der veränderten Rahmenbedingungen durch Corona aber als „erstaunlich“ durch die „klare Priorisierung“ der wichtigen Themen Klimaschutz, Innenstadt-Förderung, Digitalisierung, Sicherheit und Investitionen in neue Kindertagesstätten. „Dieser Haushalt ist Signal in der Krise“, so Wolf. Die Koalition will den Topf für Förderprogramme zur Erreichung der Klimaneutralität noch um 200 000 Euro auf 1,1 Millionen Euro anreichern, die Grünen wollen ihn sogar um 600 000 Euro aufstocken und beim Insektenschutz zur Erhaltung der Biodiversität 100 000 Euro drauflegen. Im Haushaltsentwurf und in den Positionen der Koalition sah Alexander Unrath viele Ansätze, für die seine Grünen seit Jahren gekämpft hätten. Unraths Fazit: „Grün wirkt, man kommt an unseren Positionen nicht mehr vorbei.“ Ob sie mit der Forderung nach einer halbe Million Euro mehr beim Posten Radverkehrskonzept bis zur Koalition durchdringen, wird sich zeigen.

Die BLB indes vermisst „Einsparwillen“, etwa bei Dienst- und Sachleistungen und kritisiert die Mehrausgaben für die Stabsstelle des ehemaligen Bürgermeisters und einen neuen stellvertretenden Stadtwerke-Direktor bei gleichzeitiger Einsparung in der Schuldenberatung. Für die BLB forderte Johnert den Verkauf des alten Lilly-Geländes für den Bau von preisgünstigen Wohnungen, ein Teil des Gewinns solle in die Sanierung des kürzlich gekauften Wasserturms und in das Projekt Radwege fließen. „Damit wir da endlich mal weiterkommen.“



X