Technisch virtuos und mit Elan

Pianist Leon Wenzel beeindruckt beim Kulturkreis mit seinem Beethoven gewidmeten Konzert. Foto: Staffel

Bad Homburg (ks). In der Reihe „Forum für junge Künstler“ des Kulturkreises hat Pianist Leon Wenzel die Zuhörer im Foyer des Kurhauses zum Staunen gebracht. Mehr als einmal war man versucht, auf den Programmzettel zu schauen, um sich erneut zu vergewissern, dass dieser junge Virtuose aus Kassel tatsächlich erst 23 Jahre alt ist. Er hatte sein Konzert Beethoven gewidmet, dessen 250. Geburtstag in diesen Pandemiezeiten so gut es geht gewürdigt wird; und er hatte sich als letztes Werk an die Sonate in f-Moll op. 57 gewagt, die den Beinamen „Appasionata“ (Die Leidenschaftliche) trägt. Dieser wurde ihr vom Hamburger Verleger Cranz gegeben und als so „passend“ empfunden, dass er willig übernommen wurde.

Das Werk zählt zu den Höhepunkten in Beethovens Schaffen und als „Inbegriff expressiver Virtuosität“, wobei „expressiv“ und „virtuos“ als gleichwertige Begriffe zu verstehen sind. Das hat Leon Wenzel überzeugend bestätigt, der sich bei der Intensität seines „Nachspürens“ nach dem im Sinne des Komponisten „rechten Ausdruck“ auf seine technische Virtuosität verlassen konnte. Bei den Läufen vermochten die Augen den Händen des Pianisten kaum zu folgen, der diese leidenschaftliche Auseinandersetzung mit den Elementen bis zum „Orkan“ im letzten Satz zwar mit mutigem Elan, aber bar jeder Aufdringlichkeit angegangen ist. Anders hätte er beim melodiösen Andante des zweiten Satzes nicht ebenso überzeugen können, das er selbst als „Ruhe vor dem Sturm“ bezeichnet hat. Erinnerungen an die eigene Schulzeit wurden wach. Im Musikunterricht war auf ein Lied hingewiesen worden, zu dem die Grundmelodie angeregt hatte, die „Hymne an die Nacht“. Darin wendet sich ein armer Pilger an die Nacht und bittet sie, ihm „Ruhe und Labe für seinen Schmerz“ zu schenken: „Hell schon erglüh’n die Sterne, leuchten aus weiter Ferne. Möchte zu Euch so gerne flieh’n, himmelwärts“. Sie blieb im Gedächtnis haften. Diese Hymne ist ein guter Beweis für die Bekanntheit der Sonate, der man auch nachsagt, dass sie ebenso beliebt wie gefürchtet sei.

Leon Wenzel hatte sein Konzert mit „Sechs Bagatellen“ von Beethoven eingeleitet, die viele Elemente und Feinheiten vereinen, die sich vor allem in den Tempi offenbaren. „Ich nähere mich Beethoven vom Kleinen zum Großen“, hatte der Pianist angemerkt, wobei das „Kleine“ bewies, dass es sich im Kanon mit anderen gut behaupten kann. Die Bagatellen waren ein gutes Entree, das dem Künstler die anhaltende Aufmerksamkeit der gut im Raum verteilten Zuhörer gesichert hat. Sie waren auch eine gute Überleitung zu Sergej Profkofieffs Sonate Nr. 4, einem Freund des Komponisten gewidmet, der sich das Leben genommen hatte. Trauer und Wut verwandeln sich in „Klänge“, bis sich der Schmerz allmählich in trotziger Harmonie auflöst. Ein zwiespältiges Gefühl, das auch einige Marschrhythmen anklingen lässt. Auch dieses Werk hat bestätigt, dass Leon Wenzel „ergründen“ will, was den Schöpfer der Musik bewegt hat, um ihm gerecht zu werden.

Die Zuhörer hat dieses Konzert begeistert, die für ihren Beifall mit einer Zugabe belohnt wurden. Man wünscht diesem jungen Künstler, dass er auf seinem erfolgreich begonnenen Weg durch die Welt der Musik weiterhin gut vorankommt.



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