Tennis-Traum um ein Jahr vertagt

Feinschliff vor der Einsaat: Der Centre Court vor dem Clubhaus des TC Bad Homburg im Kurpark ist vorbereitet, der Platz gewalzt und abgezogen. Bei der Chef-Visite mit Kurdirektor Holger Reuter und OB Alexander Hetjes (v. r.) gibt es viel Lob für die Rasenmacher. Foto: js

Von Jürgen Streicher

Bad Homburg. Der Traum von Klein-Wimbledon muss noch ein Jahr weitergeträumt werden. Nach der Absage der 134. Auflage des großen traditionsreichen Tennisturniers auf dem „Heiligen Rasen“ von Wimbledon im Londoner Südwesten muss auch die kleine jüngere Schwester in der Kurstadt passen. Die für Ende Juni geplante Premiere der „Bad Homburg Open“ im Kurpark unter dem Dach des „All England Lawn Tennis and Croquet Club“ wird um ein Jahr in den Juni 2021 verschoben.

„Tennis is coming home“, das Motto wird bleiben, schließlich ergötzte man sich im Kurpark schon am gepflegten Rückschlagspiel, als Wimbledon noch im Tennisschlaf lag.

„Gewürzmischung“ nennt Kurdirektor Holger Reuter die spezielle Wimbledon-Saat, die für die weltberühmten Rasenflächen an der Londoner Church Road genutzt wird. Vertikal und horizontal wachsende Halme sprießen aus der Mischung, weiß der Kurdirektor, damit der Rasen stabil und der Ball-Absprungwinkel höher wird. In den nächsten Tagen soll eingesät werden auf dem Gelände des Homburger Tennisclubs im Kurpark mit Blick auf den „Siamesischen Tempel“ und nebenan am Kaiser-Wilhelms-Bad. Frostfrei soll der Boden sein, damit die Saat gut aufgeht, das Sandbett mit einem Unterbau aus Ton, Lehm, Quarzsand und Mischerde ist in den vergangenen Wochen akribisch nach den Vorgaben der Meister von Wimbledon aufgebaut worden. Exakte acht Millimeter hoch dürfen auf dem Untergrund die Halme des Rasens dann wachsen, ehe der Mäher wiederkommt.

Eingesät wird trotz Absage pünktlich, nichts soll die exakte Vorbereitung stören und die Vorfreude auf das „Leuchtturm-Event für Hessen“ trüben, wie es Hessens Sportminister Peter Beuth bewirbt. Und natürlich die Stadt Bad Homburg. Die Absage von Wimbledon war erwartbar, es war nur eine Frage der Zeit, wann sie kommen würde, auch wenn der „ewige Boris“ noch so sehr knoddert, dass sie zu früh kam. „Die Entscheidung ist nachvollziehbar in der aktuellen Situation“, sagt Oberbürgermeister Alexander Hetjes, alles andere wäre „ein falsches Signal“. Bis zu 4000 Menschen sollen auf den Zuschauerrängen am Centre Court Platz finden, wegen der großen Nachfrage nach Tickets wurde schon über eine Erweiterung diskutiert. Weitere 1000 Zuschauer auf den beiden anderen Match-Courts bei freiem Eintritt, dazu ein offenes „Fan Village“ für alle, in Corona-Zeiten nicht darstellbar. Überrascht war daher niemand über die Absage. Allenfalls ein „bisschen Enttäuschung, weil so viel Herzblut auch von Seiten der Stadt drinsteckt“, sagt Hetjes, aber auch weiter „Freude, weil es ja weiter geht“.

„Wir säen bald ein“

Auf den Plätzen im Kurbezirk und gleichermaßen bei der Homburger Turngemeinde (HTG) am Niederstedter Weg, wo ebenfalls drei Rasen-Trainingsplätze für die Stars der Tennisszene und später für den Club mit seiner großen Tennis-Abteilung angelegt werden, ging die Arbeit unbeirrt schon am Tag nach der Absage weiter. „Wir säen bald ein“, sagt der Rasenmeister, „die nun längere Vorbereitung wird gut für die Qualität des Rasens sein.“ Enttäuscht zeigt sich HTG-Chef Ralph Gotta: „Ich hatte mir diese Veranstaltung sehr gewünscht, aber es war eine absehrbare und leider nicht zu ändernde Entscheidung. Wenn die Ausgangsbeschränkungen gelockert werden, darf hoffentlich auch wieder Sport getrieben werden. Dann sollen auch die Rasenplätze den Mitgliedern zur Verfügung stehen. Und auf die ‚HTG Green Open‘ im August hoffen wir natürlich weiterhin.“

Die Mission der örtlichen Veranstalter der „Bad Homburg Open“ indes lebt. „Wir werden die Herausforderung mit viel Elan und ganzer Kraft angehen“, verspricht Turnierdirektor Aljoscha Thron, „es wird noch besser und perfekter“, sagt die Pressesprecherin des Turniers, Ulrike Weinrich. Der Termin steht schon fest, die Wimbledon-Premiere im Kurpark soll fast exakt auf den Tag ein Jahr später vom 20. bis 26. Juni 2021 stattfinden.

Der Mythos Wimbledon, erfolgreiche Tennisspieler und solche, die es werden wollen, können viel davon erzählen. Auch Dirk Hordorff, Vizepräsident im Deutschen Tennisbund (HTG), Bad Homburger und Mitglied im örtlichen TC mit viel Bindung in die Kurstadt. Hordorff kommentiert die traurige Nachricht nüchtern. Die Entscheidung der Londoner Organisatoren sei „verantwortungsbewusst an den Fakten und der heutigen Situation orientiert“. Zu einem Zeitpunkt, da Olympia erstmals außerhalb von Weltkriegszeiten abgesagt wurde, sei es „undenkbar“, ein Turnier wie Wimbledon stattfinden zu lassen. „Natürlich hatten wir uns alle auf die Premiere im historischen Kurpark gefreut, aber sportliche Belange rücken erst einmal komplett in den Hintergrund“, sagte die 32-jährige Wimbledonsiegerin von 2018, Angelique Kerber, die in Bad Homburg als Turnierbotschafterin fungiert und natürlich auch spielen wollte. Das hat sie auch für 2021 versprochen, das Turnier werde im kommenden Jahr für sie „eine sehr große Rolle spielen“.

Tickets bleiben gültig

Dass Bad Homburg und die bundesweite Tenniswelt sich auf flottes Damentennis im Kurpark freuen, beweist die immense Nachfrage nach Eintrittskarten für das neue Event. Für das Finale gab es schon eine Woche nach Beginn des Ticket-Vorverkaufs keine Karten mehr, für das Halbfinale und Viertelfinale wenig später. Anfang März waren vier von sieben Turniertagen ausverkauft. Bereits erworbene Tickets behalten ihre Gültigkeit für die „Bad Homburg Open 2021“. Wer seine Karten zurückgeben will, hat die Möglichkeit zur Rückerstattung des Kaufpreises. Detaillierte Informationen wird es auf der Homepage unter www.badhomburg-open.de geben.



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