Tosender Beifall für das „Gesicht der Stadt“

Das Ehrenbürgerrecht wird mit einer großen Urkunde besiegelt: Gerta Walsh, ehrenamtliche Stadthistorikerin seit vielen Jahrzehnten, erhielt die Würdigung aus den Händen von Oberbürgermeister Alexander Hetjes (l.) und Stadtverordnetenvorsteher Dr. Alfred Etzrodt in einer Feierstunde im Kurhaus. Foto: Bergner

Von Astrid Bergner

Bad Homburg. „Sie ist ein leuchtendes Vorbild für Tatkraft, lebenslanges Lernen, für Regsamkeit und Neugier auch im Alter“: Mit diesen Worten beschrieb eine Kollegin die ehrenamtliche Stadthistorikerin Gerta Walsh kurz vor der Verleihung der Ehrenbürgerwürde der Stadt Bad Homburg an die 95-Jährige. Wer der Feierstunde im Landgraf-Friedrich-Saal des Kurhauses folgte, konnte sich davon überzeugen.

Nach der Würdigung ihrer langjährigen Verdienste um die Geschichte und Gegenwart der Kurstadt durch Stadtverordnetenvorsteher Dr. Alfred Etzrodt und Oberbürgermeister Alexander Hetjes hielt die „kleine feine Dame“, wie Etzrodt sie nannte, eine lebendige Dankesrede.

Ihre insgesamt acht Bücher zur Stadtgeschichte Bad Homburgs stehen in vielen Haushalten, ihre Zeitungsartikel zu geschichtlichen Themen wie auch ihre amüsanten Führungen, die sie bis ins Alter von 92 Jahren für Kinder und Erwachsene anbot, sind Legion. Oft sah man Gerta Walsh im Fernsehen referieren, schätzte ihren Rat im Denkmalbeirat der Stadt, begegnete ihr in Ausstellungen und Veranstaltungen – „kurz: Gerta Walsh ist das Gesicht unserer Stadt“, lobte Oberbürgermeister Hetjes die Bad Homburgerin. Die mit ihrem amerikanischen Ehemann aus den Vereinigten Staaten Zugezogene begann sich schon 1980 mit der Bad Homburger Geschichte zu befassen. 1982 hielt Gerta Walsh, die zwei Söhne hat und lange Jahre als Sekretärin der Landgraf-Ludwig-Schule tätig war, ihren ersten öffentlichen Vortrag über „Frauen in der Homburger Geschichte“.

OB Hetjes sprach in der Laudatio von ihrem „stark ausgeprägten Spürsinn“, der sie zur Aufarbeitung vieler geschichtlicher Fakten führte, die sie wiederum in der Vermittlung von Historie und Geschichten an andere Bürger weitergab. „Wenn sie aus dem Nähkästchen plaudert, werden Personen lebendig, dann sehen wir Dostojewski durch die Kurstadt wandeln und Landgräfin Eliza durch den Park“, schilderte Hetjes das phänomenale Vermögen Gerta Walshs, Stadthistorie lebendig werden zu lassen.

Dass es Gerta Walsh dabei vor allem um die aktuelle Begegnung mit Menschen heute geht und ging, betonte Stadtverordnetenvorsteher Etzrodt. So waren der Einladung ins Kurhaus zur Feierstunde der Ehrenbürgerwürde viele Freunde und Bekannten der 95-Jährigen gefolgt, und es war wohl keiner und keine dabei, die nicht schon in einen intensiven Austausch mit Gerta Walsh getreten ist. „Man brachte mir viel Vertrauen entgegen, ich habe viel zurückbekommen“ – so drückte die Geehrte das in ihrer Dankesrede aus. Humorvoll schilderte die engagierte Dame ihre Begegnungen mit dem ehemaligen Oberbürgermeister Assmann, der ihrem hellwachen historischen Spürsinn immer wieder Anregungen gab. Gerta Walsh führte lange Jahre auch die Zeitschrift der Geschichtsvereinigung „Alt Homburg“, wurde immer wieder in die Entwicklungen der Stadt einbezogen und trieb durch ihre eigenen Impulse die Erforschung der Stadtgeschichte voran.

Dass die mit einem phänomenalen Zahlengedächtnis ausgestattete Stadtführerin „am liebsten Führungen für Kinder und Jugendliche machte, weil da weniger Zahlen eine Rolle spielten, sondern die Lebendigkeit der Geschichte“, gestand Gerta Walsh mit einem Schmunzeln. Sie mahnte an, dass sich die Bad Homburger Schüler auch in der Schule wieder intensiver mit der Geschichte ihrer Heimat beschäftigen sollten.

Wer der kleinen Dame mit dem großen Herzen für geschichtliche Ereignisse und Menschen begegnen will, hat dazu jeden Freitagvormittag Gelegenheit: „Dann gehe ich immer durch die Louisenstraße und spreche mit Menschen“, berichtete Gerta Walsh in der Feierstunde. Nicht zuletzt für diese Offenheit erhielt sie nun aus den Händen von OB Hetjes und Stadtverordnetenvorsteher Etzrodt die Urkunde zur Ehrenbürgerwürde, und die anwesenden Gäste erhoben sich von ihren Plätzen und spendeten Gerta Walsh für ihr Lebenswerk einen tosenden Applaus.



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