„Totalabriss und Neubau ist für Bürger nicht zumutbar“

Bad Homburg (hw). In einem offenen Brief wenden sich der ehemalige Geschäftsführer der Kur GmbH Bad Homburg, Kurt Böck, der Bad Homburger Gastronom Peter Kofler und Professor Dr. Agilolf Lamperstorfer, ehemaliger Geschäftsführer der Kur GmbH Bad Homburg, an Kurdirektor Holger Reuter. „Sorge um die Nachrichten, die zur Zeit in Bad Homburg kursieren und sich mit dem Totalabriss des der Kur-und Kongressgesellschaft gehörenden Kurhauses beschäftigen, veranlassen uns, lhnen diesen Brief zu schreiben“, heißt es dort.

Corona habe vieles verändert, die Krise des Einzelhandels habe sich schon länger angedeutet, sei nun noch verstärkt worden. „Es wird zu einer Korrektur der Mieten und demzufolge zu einer Wertminderung der Gebäude kommen. Viele Objekte, die vor der Krise geplant waren, werden sich nicht mehr rechnen. Es wird eine Strukturveränderung geben, auf die wir uns einstellen müssen. Es werden weniger Menschen in der Stadt sein, die einkaufen, dort zu Mittag essen oder Kaffee trinken gehen. Die Nachfrage nach Kongressveranstaltungs-Räumen wird sich deutlich reduzieren. lm Rhein-Main-Gebiet wird für die zu erwartende, reduzierte Anzahl an Kongressen ein erheblicher Preiskampf entstehen. Auch Video-Konferenzen und Home-Office tragen zu der Veränderung bei. Ob überhaupt Bad Homburg als Kongressstadt noch eine Rolle spielen kann, muss stark bezweifelt werden“, betonen die drei Briefeschreiber und geben zu bedenken, ob zukünftig überhaupt noch in diese Richtung investiert werden sollte. „Wir meinen nein. Eine sorgfältige und ehrliche Kosten-/Nutzenanalyse wird dies zeigen. Die lnnenstadt muss bessere Gründe bieten als nur den Konsum. Sie muss eine Vernetzung von Einkaufen, Essen, Wohnen und Freizeit sein. Die lnnenstadt ist besser zu nutzen. Bad Homburg hat die große Chance, mit dem Kurhaus einen Anziehungspunkt und Ort der Begegnung zu schaffen“, sagen Kofler, Böck und Lamperstorfer. Nach Meinung des Trios sollte das Kurhaus saniert werden, und zwar so, dass „der Bürger sich hier zu Hause fühlt und sich auch noch nach 20 Uhr in der Innenstadt aufhält. Hierzu ist keine teure Machbarkeitsstudie erforderlich. Das Kurhaus ist technisch aufzurüsten, der Eingangsbereich neu zu gestalten und ein Durchstich vom Kurhausvorplatz zum Kurhausgarten und Kurpark zu schaffen.“ Dabei denken die Briefeschreiber auch über eine Freilichtbühne auf der Parkseite, Räume für Ausstellungen, Kunst- und Clubräume, ein kleines Kino und Museen als Publikumsmagnet nach.

„Etwa 25 Millionen Euro sollten reichen. Nach Corona wird sowieso der finanzielle Spielraum in Zukunft enger werden. Sollten Politik und Kur GmbH auf Abriss hinsteuern, ist dem Bürger rechtzeitig darzulegen, was dies für ihn bedeutet: Es ist mit mindestens fünf Jahren Bauzeit zu rechnen. Das heißt Staub, Lärm und Dreck in der lnnenstadt. Eine Baugrube von etwa 130 mal 100 Metern mit einer Bautiefe von bis zu zehn Metern und mehr! Bauschuttabtransporte von mindestens 40 000 Kubikmetern mit über 1300 Fahrzeugen. Hinzu kommt der Transport der Baustoffe und Einrichtungen für die Neubauten. Unvorstellbarer Verkehr über Thomastraße und Promenade. Zusätzlich käme die Trennung der oberen und der unteren Louisenstraße“, heißt es im offenen Brief an Holger Reuter.

Fazit von Böck, Kofler und Lamperstorfer: „Ein Totalabriss und Neubau ist für Anwohner, Bürger und Gewerbetreibende nicht zumutbar. Für Kunden und Besucher ist es einfach, sie bleiben weg! Auch die Gäste in den Reha-Kliniken beziehungsweise deren Versicherungsträger, welchen unsere ganze Aufmerksamkeit und Fürsorge gelten sollte, bleiben weg. Gegen einen sinnvollen, stil- und zeitgerechten Um- und Erweiterungsbau hat sicherlich niemand etwas einzuwenden, wenn er umweltverträglich und zielführend durchgeführt wird.“



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