Die Volksbühne plant für 2021

Volksbühne-Vorsitzender Rainer Maria Ehrhardt zeigt die zahlreichen Kostüme, die gewaschen und gebügelt im Fundus auf die kommende Spielzeit warten. Foto: fch

Bad Homburg (fch). „Was man besaß, weiß man, wenn man’s verlor.“ Dieses Zitat von Erich Kästner passt bestens zum aktuellen Kultur-Pausenmonat November 2020. Der Teil-Lockdown trifft die bereits seit der ersten Pandemiewelle stark gebeutelten Hotels und Gastronomiebetriebe ebenso hart wie den Kulturbereich. Die Bühnenvorhänge bleiben geschlossen, die Sitze leer und die Scheinwerfer aus. Außer professionellen Veranstaltern und Kulturschaffenden aus allen Bereichen sind von den verschärften Regelungen auch Vereine wie die Volksbühne Bad Homburg betroffen.

Das Ensemble des vor 94 Jahren gegründeten Vereins ist bekannt dafür, dass es fünf Inszenierungen im Jahr auf die Bühne bringt. Vier davon – Krimis, Komödien und Klassiker – für Erwachsene und ein Weihnachtsmärchen für Kinder und Jugendliche. Der Vorlauf für die Aufführung eines Stücks beträgt ein Jahr, die Proben beginnen vier Monate vor der Generalprobe, wie Vorsitzender Rainer Maria Ehrhardt berichtet. Geprobt wird je nach Stück zwei- bis dreimal pro Woche, gespielt wird es nur drei Mal. „Wir haben 2020 bisher noch nicht gespielt, da alle Stücke wegen Corona ausgefallen sind“, sagt Ehrhardt, der seit 2013 die Volksbühne leitet.

Bereits im März sollte die Kriminalkomödie „Valentinstag“ von Barry Creyton im Homburger Kurtheater aufgeführt werden. Die Inszenierung wurde auf den September verschoben. Da coronabedingt auch die Vereinsarbeit und damit Clubabende und vor allem Proben nicht erlaubt waren, platzte allerdings auch der zweite Termin. Die Probenräume und die Werkstatt des Ensembles sind und bleiben vorerst verwaist. Auch die geplante Welturaufführung des Weihnachtsmärchens „Vom Mädchen, das auszog, die Märchen zu retten“ von Louise Oppenländer wurde von diesem auf das nächste Jahr verschoben. Wegen der Corona-Pandemie unterliegen die meisten Kindergärten und Schulen einem Ausflugsverbot. „Sie dürfen daher unsere Vorstellungen nicht besuchen“, bedauert Rainer Maria Ehrhardt.

Hörspiel aufnehmen

Die Volksbühne will die Weihnachtszeit jetzt nutzen, um vom Stück der professionellen Schauspielerin und Regisseurin Louise Oppenländer eine Hörbuchfassung aufzunehmen. Gemeinsam mit Anja Vollrath-Kühne leitet Louise Oppenländer die Kinder- und Jugendgruppe des Vereins. „Während der Lockdown-Phase werden unsere beiden Kinder- und Jugendgruppen über Zoom weiter unterrichtet und trainieren für die Hörspiel-Aufnahme.“

Für das kommende Jahr plant der Verein außer der Premiere des abgesagten Weihnachtsmärchens bisher die Aufführung von „Wahrheiten und andere Lügen“ von Sam Bobrick und zwei weiteren Stücken. „Ein Theaterstück verursacht Gesamtkosten in Höhe von 10 000 Euro“, skizziert der Vorsitzende die wirtschaftlichen Kosten, die der Verein pro Stück stemmen muss. „Unser Verein hat gut gewirtschaftet, und wir bekommen Unterstützung von der Stadt sowie von der Katharina-Hardt-Stiftung. Die Fördersummen reichen für die Deckung unserer laufenden Kosten aus. Doch unser Verein ist da, um zu spielen, und nicht, um zu existieren. Deshalb werden wir jetzt Stücke mit weniger Rollen und jüngeren Darstellern einstudieren.“

Die Stücke der Volksbühne Bad Homburg werden im Kurtheater gezeigt, wo es nach Corona statt 180 wieder 750 Plätze für Besucher geben wird. Wichtige Einnahmen, die fehlen. Von den 150 Mitgliedern sind 50 auf und hinter der Bühne aktiv. Die Regisseure können ihr Ensemble aus einem Pool von bis zu 70 Darstellern wählen. Oft stehen auch professionelle Schauspieler auf der Homburger „Volksbühne“, zu denen einige „Eigengewächse“ gehören, die ihre Lust am Beruf beim Verein entdeckten.

Großen Wert legen die Vereinsmitglieder auf professionelle Bühnenbilder und auf einen großen Fundus an teils selbstgenähten Kostümen. Rainer Maria Ehrhardt achtet besonders auf Aussprache, Körperhaltung und Textverständnis der Darsteller. „Man muss in der Rolle drin sein und die Inhalte verstehen, um korrekt zu sprechen“, betont der Regisseur.

Die historischen Kostüme aus dem Fundus der „Volksbühne“ kommen zum Beispiel bei der Saisoneröffnung im Kurpark, zu der Stadt und Kur einladen, zur Geltung. Die zehn Mitglieder der Abteilung „Kurglanz“ schlüpfen dann nicht nur in die aufwendigen Kostüme, sondern auch in die Rollen historischer Persönlichkeiten.

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