Zehn Jahre im Dienste der Kultur für alle

Kultur jeglicher Art hebt uns aus dem Alltag heraus: Der junge Zauberkünstler Tatto Ota verzaubert die Gäste der Jubiläumsfeier des Vereins „KulturLeben Hochtaunus“ in der Villa Wertheimber in Bad Homburg. Foto: a.ber

Von Astrid Bergner

Bad Homburg. Mit Eifer feilen Mädchen und Jungen einer Jugendhilfeeinrichtung an ihren Kunstwerken aus Speckstein; Bildhauer Stefan Müller von der Galerie Fleck erklärt Kniffe und spricht mit den Kindern über den künstlerischen Ausdruck ihrer individuellen Stücke. Vor dem Eingang zum Theater unterhält sich eine Familie aufgeregt über das bevorstehende Musical, was da wohl passiert auf der Bühne. Zwei Szenen aus dem Alltag des Vereins „KulturLeben Hochtaunus“, der jetzt sein zehnjähriges Bestehen gefeiert hat.

Menschen mit geringem Einkommen, bildungsferne Familien, Kinder und Jugendliche, die vom Leben nicht verwöhnt werden, können teilhaben an kulturellen Veranstaltungen und Workshops: Der Verein, der in der Villa Wertheimber sein Jubiläum feierte, macht dies möglich. Jutta Kaiser, Vorsitzende von „KulturLeben“, ihre ehrenamtlichen Mitstreiter und Gründungsmitglieder sprachen den zahlreich anwesenden Kultur-Partnern und Unterstützern Dank aus. Den Dank, den eine Familie auf den aufgestellten Plakatwänden zur Entwicklung des Vereins so formulierte: „Vielen Dank, dass Sie dazu beitragen, dass wir nicht immer Nein sagen müssen zu unseren Kinder – Dankeschön, dass ich so etwas erleben darf. Es bereichert mein Leben.“

Die Vielzahl der anwesenden Gäste bei der Jubiläumsfeier – von Vertretern kultureller Institutionen und Kulturschaffenden über Repräsentanten aus Kommune, Hochtaunuskreis und Kirche bis hin zu Verantwortlichen von Jugendhilfe-Einrichtungen und weiteren Sozialpartnern – machte sinnfällig deutlich, welch großes Netzwerk der Verein „KulturLeben Hochtaunus“ in den vergangenen Jahren geknüpft hat, um Kinder, Jugendliche, Erwachsene und ganze Familien am kulturellen Leben teilhaben zu lassen.

„Wir konnten in zehn Jahren 20 000 Gästen Freude mit vermittelten Tickets und Workshops machen – davon 14 000 Mal Kindern und Jugendlichen“, sagte die Vereinsvorsitzende Jutta Kaiser. Das heißt: Teilnahme an Theateraufführungen, Kino, Zirkus, Konzerten, Vorträgen und anderen kulturellen Ereignissen mithilfe von mehr als 90 Veranstaltern, die als Partner des Vereins kostenlose Tickets zur Verfügung stellen, und großzügigen Sponsoren.

Für Gründungsmitglied Dr. Felix Blaser, der sieben Jahre lang den Verein „KulturLeben“ leitete, eine große Freude, die Idee kultureller Teilhabe für alle Früchte treiben zu sehen und die Wertschätzung zu erleben, die der Arbeit entgegengebracht wird. Schon 2014 hatte Jutta Kaiser den Vereins-Zweig „KulturKinder“ gegründet: Mitarbeiter organisieren die Teilnahme von Einzelnen und ganzen Gruppen von Kindern und Jugendlichen an Workshops im Hochtaunuskreis, in denen, meist in den Schul- und Kitaferien, gemalt, gewerkelt und musiziert wird. Oberbürgermeister Alexander Hetjes sagte: „Der Verein ‚KulturLeben‘ gibt der Stadt- und Kreisgesellschaft unglaublich viel. Dass Menschen, die im Leben nicht so gesegnet sind, an Kultur teilhaben können, ist nicht selbstverständlich. Aber es ist wichtig, denn Kultur ist immer auch Bildung.“ Dass der Verein auch aus Sicht sozialer Fürsorge viel leiste, um Menschen am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen, „und dazu gehört besonders auch unser überdurchschnittlich reiches Kulturangebot im Hochtaunuskreis“, betonte Kreisbeigeordneter Dr. Frank Ausbüttel in Vertretung des Schirmherrn Landrat Ulrich Krebs. „Es geht hier nicht um Almosen einsammeln und weitergeben, sondern um Verlebendigung von Kultur für alle – besonders für Kinder und Jugendliche.“

Auch das derzeitige Engagement von „KulturLeben“ für ukrainische und andere Geflüchtete kam zur Sprache. Der 2. Vorsitzende, Dr. Joachim-Dietrich Reinking, führte am Jubiläumsfest durch ein buntes Programm. Gregor Maier, Kulturamtsleiter des Hochtaunuskreises, beschrieb in einem unterhaltsamen Vortrag die Eigenarten des Kulturlebens im Hochtaunuskreis: die Kleinräumigkeit der Landschaft sei ein Garant für kulturelle Vielfalt, ebenso die durch den Tourismus, das Kur-Leben und die Nähe zur Großstadt Frankfurt über Jahrhunderte gewachsene Internationalität der Region wie auch die Taunus-Landschaft selbst „als Zeuge von Geschichte und Identität in Architektur, Landschaftsmalerei und Literatur“. Kultur sei eben Ausdruck von Individualität und Freiheit, so Maier. Der „KulturLeben“-Verein sorge dafür, „dass Kultur und Menschsein zusammengehören“.

Dagmar Heidel, Leiterin der Bad Homburger Jugendhilfeeinrichtung „Landgräfliche Stiftung“, war mit Esheto Masresha, einem ehemaligen Schützling des Kinder- und Jugendheims, gekommen. Dem 2015 als Kind in die Kurstadt gelangten jungen Äthiopier war vom Verein über einige Jahre hin die Teilnahme an der Kinderkunstschule ermöglicht worden. „Eigentlich wollte Esheto damals Fußball-Profi werden, doch in der Kunstschule entdeckte er seine Liebe zum künstlerischen Audruck durch Malerei. In dieser Kunst braucht es nicht vieler Worte, sie schafft Gemeinsames im Tun“, so Dagmar Heidel.

Die ehrenamtlichen Mitarbeiter von „KulturLeben“ hatten Kunstwerke von Esheto Masresha auf Staffeleien in die Villa Wertheimber gestellt. Nicht nur diese und die Klaviermusik von Pianist Rolf Kohlrausch, sondern auch der charmante Überraschungsauftritt des jungen Zauberkünstlers Tatto Ota zeugten von der Kreativität der ehrenamtlich Tätigen des Vereins, die beim fröhlichen Stehempfang natürlich wieder eines taten: aktiv am Netzwerk des Kulturlebens im Hochtaunus knüpfen – zur Teilhabe aller.

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